www.Crossover-agm.de MASTER: Klassika 1987-2002
von rls

MASTER: Klassika 1987-2002   (Moroz Records)

Der Titel deutet es dem Kundigen schon an, daß es sich hier einerseits zwar um eine Best Of handelt, andererseits aber um keine von den amerikanischen Master um Paul Speckmann, denn die hatten einen völlig anderen Aktivitätsrhythmus. Klarer Fall: Hier sind die russischen Master am Werk, ein Ableger der wohl bekanntesten russischen Metalband Arija, die sich nach ihrem 86er Album "S Kjem Ty?" spaltete. Von den vier damaligen Musikern, die mit zwei neuen Mitstreitern Master gründeten, war 15 Jahre und sechs Studioalben später nur noch Bassist Alik Granowski übriggeblieben, und beim Durchblättern des Booklets macht man die erstaunliche Entdeckung, daß fast alle vertretenen Songs von ebenjenem Bassisten geschrieben worden sind, obwohl Master durchaus noch ein paar andere Songwriter an Bord hatten. Mache sich da jeder seine eigenen Gedanken drüber - fest steht, daß "Klassika" (was selbstredend Russisch ist, also nicht etwa Pseudo-Ghettodeutsch) zwar 14 Songs auf dem Backcover aufführt, diese aber summiert gerade mal 46 Minuten Spielzeit ergeben und ein genaues Durchhören noch erstaunlichere Ergebnisse zutagefördert. Intro und Outro können wir schon mal getrost abziehen, dann finden sich aber auch gleich vier alte Arija-Tracks wieder, und wenn man dann noch drei Balladen und ein Baßsolo subtrahiert, verbleiben gerade mal noch vier "richtige" Master-Klopfer, so daß der Einsteiger mit diesem Album durchaus ein recht verkehrtes Bild von der Formation bekommen könnte, zumal auch die beiden englischsprachigen Album aus den Frühneunzigern ausgespart wurden. Repräsentativ ist die Auswahl also sicher nur bedingt, aber wenigstens hat man sich durchgehend auf hochklassiges Material beschränkt, mal abgesehen von Intro und Outro, die man getrost hätte streichen können. Die Jahreszahlen hinter der Tracklist offenbaren, daß etliche der Songs neu eingespielt oder zumindest neu abgemischt wurden, und "Tatu" (neeeiiiin, hier bitte keine Assoziationen zu diesem gewissen russischen Duo) ist zudem in einer Liveversion vertreten. Master siedelten im Gegensatz zu Arija eher in der Thrashrichtung, verblieben aber stets in deren zugänglicherer Sparte, selbst wenn sie vertrackt Tempo machen wie in "Labyrint" oder einen ganz fiesen Midtempostampfer wie "Tolko Ty Sam" ausbuddeln. Im völligen Kontrast hierzu stehen die drei Balladen, die man von einer Thrashband nun am allerwenigsten erwarten würde, Metallica hin oder her - wobei Master den Vorteil hatten, daß ihre Sänger ausnahmslos auch im cleanen und sanften Bereich eine starke Figur machten bzw. machen, was etwa ein James Hetfield erst schrittweise lernen mußte (und die fast mandolinenartigen Akustikpassagen in "Njebo W Glasach" suchen sowieso ihresgleichen!). Die kompositorische Substanz der vier Arija-Tracks (logischerweise ausschließlich solche von den ersten beiden Alben, obwohl es witzigerweise zwischenzeitlich auch einen Personalwechsel in umgekehrter Richtung gegeben hat - Gitarrist Sergej Popow, der seit Gründung bis zum 1996er Album "Pesni Mjortwych" bei Master spielte, ersetzte 2002 Sergej Terentjew bei Arija, allerdings verrät diese Jahreszahl auch schon, warum nicht etwa neuere Popow-Kompositionen für Arija auch nochmal bei Master auftauchen, denn "Klassika" kam in der Tat bereits 2002 auf den Markt, hat sich aber erst jetzt in meiner Sammlung eingefunden) blieb im Grundsatz unangetastet, lediglich "Torero" hat ein etwas verändertes Intro verpaßt bekommen, und im Direktvergleich machen die Master-Versionen ein gutes Stück mehr Druck, was sich vor allem im aggressiveren Charakter des Riffsounds äußert. Diese These ist in bezug auf die auf früheren Master-Alben vertretenen Einspielungen allerdings vorerst nicht nachprüfbar, denn alle vier gehören zu dem 2001 entweder neu eingespielten oder neu abgemischten Songs; nur vier der gesamten Songs tragen ältere Jahreszahlen, was beim 1996er "Tolko Ty Sam" soundlich allerdings überhaupt nicht auffällt. "Tatu" hat sowieso ein anderes Soundgewand (da live mitgeschnitten), und so treten größere Soundunterschiede nur bei den beiden 1989er Songs auf - oder sagen wir, bei einem der beiden, denn das Baßsolo "Amsterdam" fällt ja praktisch auch noch aus dem Rahmen. Der andere ist "2000 Ljet (Iuda)", ein teilweise sehr schneller und richtig begeisternder Thrasher, in dessen Riffing gegen Ende hin auch noch eine gewisse Verwandtschaft zu den alten Helloween (man höre "Ride The Sky"!) ins Ohr springt und dem eine Neueinspielung ebenfalls zu wünschen gewesen wäre, denn die Drums haben doch einen arg blechernen Charakter - zwar zeittypisch, aber eben gerade deswegen aus dem anderen Material besonders (und nicht zwingend positiv) hervorstechend. Aber das ist (neben Intro und Outro) der einzige kleine musikalische Mangel einer ansonsten ausnahmslos hochklassigen CD, die wie erwähnt bezüglich des Master-Schaffens nur bedingt repräsentativ sein dürfte, aber trotzdem jede Menge Spaß und zugleich Appetit auf weitere Taten der Truppe macht. Und siehe da, fünf Jahre nach "Labyrint" steht doch tatsächlich ein neues Album in den Startlöchern, das man ebenso wie "Klassika 1987-2002" auf www.metalglory.de bekommen können dürfte, wenn man nicht gerade selbst mal in Rußland auf CD-Einkaufstour ist.
Kontakt: www.master-rockgroup.com, www.morozrec.com

Tracklist:
Introdukzija
Labyrint
S Kjem Ty?
Jescho Ras Notsch
Tolko Ty Sam
Kresty
2000 Ljet (Iuda)
Amsterdam
Torero
Njebo W Glasach
Wstan, Strach Preodoljei
Tatu
Wolja I Rasum
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