www.Crossover-agm.de MAGNI ANIMI VIRI: Heroes Temporis
von ta

MAGNI ANIMI VIRI: Heroes Temporis   (MAV)

Herr im Himmel, die nächste "Rock Oper"?
Nun, so halb. Magni Animi Viri kommen aus Italien und wollen tatsächlich eine "exiting rock opera" zurechtgeschmiedet haben, spielen aber dennoch nicht einfach knödeligen Power Metal mit Erzählpassagen, sondern eine Art ausufernden, orchestralen Bombast Gothic Prog, der streckenweise an Therion, streckenweise an Saviour Machine (deren Kongenialität allerdings nie erreicht wird!) und streckenweise auch an - wie sag' ich es nett? - nun ja, knödeligen Power Metal mit Erzähler erinnert.
Was ist der Opernteil? (i) Der Erzähler und die Story. (ii) Das Orchester. (iii) Die Sänger. Der Reihe nach:
(i) Was macht der Erzähler? Er erzählt. Matteo Salsano erzählt zusammen mit den Sängern die Geschichte von einem Protagonisten, der in einer Art Mittelerde für Arme angesichts von Begegnungen mit Erinnerungen und allerlei Fabelwesen eine Katharsis durchmacht, die ihn sein Leben verändern lassen zu machen droht, ehe er feststellen muss, das ganze schicksalhafte Spektakulum nur geträumt zu haben; eine Geschichte, die so originell und inhaltsreich ist, dass wir sie am besten gleich wieder vergessen.
(ii) Das Orchester spielt. Es handelt sich um das Bulgarian Symphony Orchestra, Menschen aus Fleisch und Blut mit Instrumenten aus Holz und Blech - ein Bienchen schon mal. Stilistisch ist das ganze schwer einzuordnen, die Themen sind, das ist dem Rockigen geschuldet, relativ eingängig und einfach gehalten, Soloauftritte sind selten und sehr streicherlastig ist das ganze am Ende auch ausgefallen, aber man muss schon sagen, dass das Endergebnis hörbar klingt. Beispiel: Die Ballade "Immenso" - natürlich die Ballade! Auch Metal-lastige Tracks wie "Pensieri" (mit 007-Gedenkthema) oder "Fortis", die das Endergebnis dominieren, funktionieren gut, gerade des Orchesters wegen. Wenn man sich bspw. nur einmal die Bridge in min 1:25 bis min 1:35 des letztgenannten Tracks anhört, sticht das ausgefeilte Miteinander gleich ins Auge, gerade weil beide Seiten - Rock/Metal und Klassik - wissen, wann sie sich zugunsten des stilistischen Gegenübers zurückhalten sollten. Die bulgarischen Streicher liefern über weite Strecken teppichartige Untermalung und mehr muss hier gar nicht sein.
Gut, richtige Songs kommen am Ende nicht unbedingt raus. Soll heißen: Die Struktur ist eher am Klassischen orientiert. Dieser Grundausrichtung ziehen das geradlinige, tighte Schlagzeug und das relativ undynamische Gitarrenspiel (laut - leise) aber einen Strich durch die Rechnung, so dass das Ergebnis ein Hybrid bleibt: Man erwartet immer etwas mehr Struktur im Ablauf, als am Ende bei rumkommt und etwas weniger Geradlinigkeit im Groove, als man schließlich geboten kriegt. Gerade die perkussiven Elemente sind bei einer Band wie Saviour Machine besser eingeflochten.
(iii) Saviour Machine - wer fand dieses passende Stichwort? Wie auch bei den kalifornischen Apokalyptikern - oder waren es apokalyptische Kalifornier? - ist der Gesang auf "Magna Animi Viri" der Oper entliehen, zumindest häufig. Francesco Napoletano ist ausgebildeter Tenor und hat genug heroisches Pathos für ein solches Projekt in petto. Höre: "Desertanima". Käsig? Ja, klar, das muss wohl sein. Unterstützt wird Napoletano von Ivana Giugliano, deren am Rockgesang orientiertes Timbre bissiger klingt als das ihres maskulinen Gegenübers. Mitreißende Hooklines hat sie auch ein paar im Gepäck. Beweis: Das bereits in anderem Zusammenhang angeführte "Pensieri". Obendrauf gibt es hier und da einen Chor und als ob das alles nicht reichen würde, werden sämtliche Texte auf Italienisch skandiert. Maximum Opera sozusagen.
Was ist der Rock/Metal-Anteil?
Alles, was übrig bleibt, oder? Zu den bereits gemachten Anmerkungen sei ferner anzumerken, dass ausschließlich Könner aus dem Stall von LaBrie, Malmsteen und Vai am Werk sind, die sich aber ausgenommen von Gitarrist Marco Sfogli, der das eine oder andere Solo zockt, einigermaßen im Hintergrund halten. Ausnahmen bestätigen die Regel, zu Beginn von "Vorrei" bspw. gibt es ein paar nette, an Mike Portnoy erinnernde Spielereien hinter dem Drumkit und in "Fortis" vernimmt der aufmerksame Hörer mehrere Keyboardsoli. Die Opulenz ist insgesamt weitaus dominanter als das Gefrickel und sämtliche Songs sind im Midtempo angesiedelt. Viel mehr gibt es nicht zu sagen, außer dass etwas mehr Experimentierwillen in der Harmonik die Halbwertszeit des Ergebnisses erheblich hätte verlängern können. Der Rezensent ist inzwischen dezent gelangweilt, weil nach einer Handvoll Hördurchläufen alles Interessante eingeordnet ist und nur noch das Pathos übrig bleibt. Böse Zungen nennen das "Kitsch".
Da der Rezensent am Ende seiner Beschäftigung mit "Heroes Temporis" nicht so recht weiß, ob er das alles jetzt gut oder nicht gut finden soll, lässt er außermusikalische Faktoren entscheiden: Das Digipack ist schön, das Booklet hat 32 Seiten und ein Libretto mit englischen Übersetzungen der Texte gab es obendrauf. Das heißt wohl: Gut.
Kontakt: www.magnianimiviri.com

Tracklist:
1. Colonna sonora
2. Heroes ...
3. temporis
4. Intus
5. Finche
6. Pensieri
7. Tertia viquila
8. Mai piu
9. Desertanima
10. Vorrei
11. Come un falco
12. Uritur
13. Sai cos'e
14. Immenso
15. Fortis
16. Senza respiro
17. Outro
18. CS instrumental
 




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