www.Crossover-agm.de KING OF AGOGIK: Aleatorik System
von ta

KING OF AGOGIK: Aleatorik System   (sAUsTARK Records/Supersunk Music)

"Aleatorik System" ist ja schon mal ein guter Titel für eine CD. Umso besser noch für eine CD, die mit 75 Minuten Prog Rock bis an den Rand bespielt ist, rein instrumentalem dazu. Hans Jörg Schmitz tarnt sich zwar durch seinen harmlos erscheinenden Namen, hat aber mit der zweiten King Of Agogik-Scheibe eine echte Prog-Abfahrt eingetütet. Schmitz selbst spielt Schlagzeug und Keyboard und wenig überraschend sind es eben diese beiden Instrumente, die den Sound von King Of Agogik nachhaltig ihren Stempel aufdrücken. Ein Track wie "'Call In S'" besteht im Prinzip nur aus Drum- und Keyboard-Ergüssen, in "Termites Trip" gesellt sich immerhin noch ein groovender Bass dazu und ganz wild wird es im exakt einminütigen "One Minute Psycho Waltz", bei dem Schmitz auf der Snare und den Toms dauerwirbelt und die Keyboards auf alle geraden Schläge einen Streicherakkord und weihnachtliche Glockenklänge beisteuern. Dieses zweisame Beieinander ist schon sehr ausgefallen, macht aber einen wesentlichen Grundpfeiler der hier vorgetragenen Art des Prog Rock aus und prägt die Stimmung nachhaltig. Schätzungsweise 90% der Melodien dieses Albums stammen vom Keyboard, und natürlich sämtliche flächigen Sounds. Hinzu kommen Minimoog, Mellotron, spacige Säuselsynthies etc. - das ganze proggige Register sozusagen. King Of Agogik klingen aber mitnichten wie eine reine Retro-Kapelle. Zwar finden sich viele Elemente, die einen auch auf alten Genesis-Platten oder bei Yes in ihren exzessiveren Momenten nicht überrascht hätten, aber wenn ich hier tatsächlich eine Referenzgruppe erwähnen müsste, würde ich die Flower Kings mit ihrem melodiösen 90er-Prog erwähnen - wenngleich deren geniale Eingängigkeit von King Of Agogik nicht erreicht und wohl auch nicht erstrebt wird. Eine Ausnahme bildet der spacige Vierminüter "Slow Sinking Sand", der abgesehen von der Eingangs- und Ausgangspassage mit Harfe auch auf einem Album der Schweden zu finden sein könnte.
Ein zweites stilprägendes Element von King Of Agogik ist der höhenlastige Sound. Obwohl Schmitz selbst Profidrummer zu sein scheint, bollert sein Set nicht alles fett produziert zu, sondern klackert ziemlich hochfrequentiert, ohne dabei allerdings nervig oder übersteuert zu tönen. Ob gewollt oder nicht, gekoppelt an die Dominanz kühler Sounds durch das omnipräsente Keyboard ergibt sich eine Atmosphäre, die der eigentlich ziemlich durchgeknallten und wildgewordenen Musik einen tendenziell sterilen Überbau verleiht. Etwas Kälte rausgenommen wird mindestens dann, wenn die Gitarre mal die Leithand übernimmt, was wie gesagt eher selten geschieht. Die "Aleatorik Suite" überrascht mit fetten Riffs, einem Death Metal-kompatiblen Schrei in der Mitte und Doublebassdrums am Ende und erinnert etwas an die Instrumental-Abfahrten bei Dream Theater. Wenn sich dagegen, wie in "Quiet Slumber ... Until ... Mytime.com" eine blusig-verträumte Gitarre über einige wenige stimmungsvolle Keyboardakkorde solierend ausbreitet, muss man zwangsläufig an Pink Floyd denken. Doch auch hier tippt das Prog-Teufelchen dem Komponisten nach anderthalb Minuten auf die Schulter und die ersten schrägen Themen werden eingeworfen. Ein wenig Sperrigkeit muss schon stets sein! Die findet man denn auch in nahezu jedem Track mittels irgendeines schrägen Einfalls wieder, sei es in dem Opener "The Long March Of The Royal Fifth", in dem die beteiligten Musiker es schaffen, 22 Minuten nahezu strukturlos eine Prog/Fusion-Achterbahnfahrt an die andere zu hängen, oder in "Rody", das mit einer Tuba anfängt und mit einem wilden Drumbreak endet, welches abrupt das Schlussthema um seinen letzten Akkord kappt. "Monster In My Head" gleicht einem einzigen musikalischen Exzess - mit kurzer Pinkelpause in der vierten Minute. Nein, so ganz diesseits sind King Of Agogik schon nicht mehr.
Relativierend hinzugefügt werden sollte aber, dass das Schmitz-Projekt im Gegensatz zu einigen völlig der klassischen Harmonik entfleuchten Kollegen harmonisch und melodisch meist nachvollziehbar und stimmig bleibt. Es gibt ebenso wenige Dissonanzen wie abgedrehte Tonleitern auf dem Album zu hören und auch chromatische Abfahrten sind eine Ausnahme, wie überhaupt zwar viel und gerne gefrickelt wird, aber die richtigen Highspeed-Orgien ausbleiben. Damit fehlt King Of Agogik auch der dominante (Free) Jazz-Touch, den viele andere instrumentale Prog Rock-Bands mitbringen.
In der Summe seiner beschriebenen Einzelkomponenten ein manchmal etwas zielloses, aber auch interessantes Album.
Kontakt: www.king-of-agogik.com

Tracklist:
1. The Inner Clock
2. The Long March Of The Royal Fifth
3. "Call In S"
4. Aleatorik Suite
5. Quiet Slumber ... Until ... Mytime.com
6. 138
7. Slow Sinking Sand
8. Return Of The Shuffle King
9. Termites Trip
10. Overwind
11. Rody
12. One Minute Psycho Waltz
13. Amongst The Trees On A Hill
14. Monster In My Head
15. Emoclew



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