www.Crossover-agm.de KAOS MOON: The Circle Of Madness
von ta

KAOS MOON: The Circle Of Madness   (Unicorn Records)

Musik vom Mond. Kaos Moon geben zwar vor, aus Kanada zu stammen, müssen aber hinter dem Mond leben, sie haben es nämlich geschafft, auf "The Circle Of Madness" nichts zu konservieren, was so klingen könnte, als hätte man es nach 1980 geschrieben. Kurz: Kaos Moon spielen Progressive Rock der Anfänge bis mittleren Phase desselben. Mellotron- und Orgelsounds bestimmen das Bild, Gitarren spielen eine dezente- bis Nebenrolle (harte erst recht), allerlei mehr oder weniger exotische Instrumente sind dafür huckepack dabei, grooven und smoothen ist erlaubt, fetzen und klotzen nicht. Wird also nix mit Zeitgeist und Charts. Egal, denn was Kaos Moon machen, machen sie, respektive Songwriter/Produzent/Sänger/Multiinstrumentalist Bernard Ouellette, sehr fein. "The Circle Of Madness" ist entgegen seines bösartigen Titels nicht finster noch chaotisch, sondern ruhig, groovy und positiv.
"Eternal Light Avenue" klingt wie sphärische Yes, die sich von asiatischen Traditional-Elementen (inkl. Sitar) untermalen lassen. Die Nähe zu Yes besorgt nicht zuletzt Ouellette selbst mit seiner hohen, weichen Stimme. Exzellent auch der Basssound von Norman Lachapelle, der wuchtig-mittig ganz in Pastorius-Tradition daherkommt. Würde mich nicht wundern, wenn Antoine Fafard, Monsterbassist von den verrückten Spaced Out, quasi Nachbar von Kaos Moon bei Unicorn Records, hier seine Finger mit im Spiel gehabt hätte.
"Say To Me" bleibt ebenso gesetzt. Bläser und eine (echte) Orgel sorgen für Ahas, ein etwas unorthodox zurechtgeschneidertes Gesangsarrangement gegen Ende sogar für kleine Späßchen. Klar, Kaos Moon stehen in einer nicht auf fette Hooks bedachten Tradition, die Melodien von Ouellette fallen dementsprechend - auch wenn sie dadurch jedes Klischee auslassen und niemals nerven - merkwürdig bis unmerkbar aus. Den berüchtigten Ausnahmefall markiert das jazzige, beinahe funkige "Crawl" mit einem Refrain, wie er auch von Heaven's Cry stammen könnte. Gleich hintenan folgt mit "The Waves" das Highlight des Albums. Balladesk, toll arrangiert, mit schöner Geigenbegleitung, wehem Gesang ... und was ab 2:50 min passiert, ist ohnehin nicht mehr von dieser Welt.
Weder "The Wall Of Silence" noch "SOAB" können dieses Niveau halten, obwohl ironischerweise beide Songs vergleichsweise aufwändig inszeniert sind, was Instrumentierung und Arrangements betrifft (sogar gewiefte Genesis-Reminiszenzen tauchen auf). Mit "Presidency" und dem titelgebenden "Circle Of Madness" stehen aber noch zwei Dauerbrenner am Ende - düster und endlich auch mal ein wenig verfrickelter der erste, zum entspannten Mitnicken und mit einer Eingängigkeit ala Kansas gesegnet der zweite Song. Groovt, macht Laune. Musikalisch ist also nichts im Argen. Ein etwas weniger langer Bart, d.h. die eine oder andere songwriterische Innovation kann aber auf Dauer sicher nicht schaden.
Textlich geht alles drunter und drüber. Ouellette bearbeitet Trennungsgeschichten, schreibt aber ebenso flockig einen Text, der sich liest wie der Bericht von einer Kündigung beim ortsansässigen Betrieb ("SOAB"), bricht einen Stab für vernachlässigte junge Mädchen reicher Familien ("The Waves") oder schießt gegen einen Buschkrieger im Weißen Haus ("Presidency"), dessen angeblich religiöser Mission seine überhebliche Siegermentalität als neuzeitlicher Turmbau zu Babel gegenübergestellt wird. Mit "Eternal Light Avenue" und "Circle Of Madness" sind sogar zwei Texte vertreten, deren Sinn mir irgendwie gar nicht aufgehen will. Die Mischung macht's eben.
Dass man auch produktionstechnisch nichts anbrennen lässt, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Wie man es dreht und wendet, "The Circle Of Madness" ist eine gefällige Scheibe. Muss man nicht haben, lohnt sich aber.
Kontakt: Unicorn Records, P.O.Box 95016, Lorraine, Québec, Canada, J6Z 4P1; www.unicornrecords.com.

Tracklist:
1. Eternal Light Avenue
2. Say To Me
3. Crawl
4. The Waves
5. The Wall Of Silence
6. SOAB
7. Presidency
8. The Circle Of Madness



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