www.Crossover-agm.de HUNTERS: Night Shadows
von rls

HUNTERS: Night Shadows   (Metalism Records)

Ein Weißkopfseeadler prangt auf dem Cover- und auch die Schriftart, die für den Bandnamen und den Albumtitel gewählt wurde, verbreitet ein wenig Wild-West-Stimmung - aber Hunters kommen nicht aus den USA und spielen auch keine typischerweise mit den USA zu verknüpfende Musik. Vielmehr ist hier der ehemalige Gegner des Kalten Krieges am Werk: Freunde des russischen Metals kennen eine Band namens Archontes, und zwar lieben sie sie speziell für ihr zweites Album "The World Where Shadows Come To Life", ein Meisterwerk des Italometals, also der orchestral angehauchten Melodic-Speed-Variante. Selbiges Werk stellte zugleich das Abschiedswerk des Zweitgitarristen Jewgeni Sawostjanow aka Gene Hans dar, der nach seinem Ausstieg mit Archunters seine eigene Band gründete, aus denen dann über die Zwischenstation The Hunters die heutzutage aktiven Hunters wurden. Nach dem 2005er "Break The Rules"-Debüt, das sich bisher nicht im Besitz des Rezensenten befindet, ist "Night Shadows" das zweite Album der Jäger. Nun hegen Archontes-Anhänger an eine Archontes-Absplitterung (neben Sawostjanow spielten zeitweise auch noch andere Ex-Archontes-Mitglieder bei Hunters) natürlich ganz besondere Erwartungen, nämlich in Gestalt der Hoffnung, man bekäme einen weiteren Geniestreich der "The World ..."-Kategorie vorgesetzt, der Archontes selbst mit ihrem 2004 erschienenen und bis heute immer noch aktuellsten Werk "Book One: The Child Of Two Worlds" nicht gelungen ist. Um das Fazit vorwegzunehmen: Die Hoffnung erfüllt sich nicht. Das liegt nicht zuletzt an stilistischen Erwägungen. Archontes waren immer dann besonders gut, wenn sie hochgradig mitreißenden Speed spielten und den Hörer mit ihren Einfällen förmlich überschwemmten. Das taten sie auf ihrem guten, aber nicht weltbewegenden Debüt "Saga Of Eternity" nicht und auf "Book One" ebenfalls nicht; besonders auf letztgenanntem Album versuchten sie sich an einer ausziselierten progressiven Power-Metal-Variante, die für sich betrachtet zwar keineswegs schlecht war, aber eben keineswegs den gleichen Begeisterungsfaktor entfachen konnte wie weiland "The World ...". Nun kommt bei der Betrachtung von "Night Shadows" ein Kuriosum zum Vorschein: Der Rezensent kennt wie beschrieben "Break The Rules" nicht, kann also nicht sagen, ob Hunters schon damals so klangen wie sechs Jahre später auf "Night Shadows", aber auf diesem neuen Album fahren sie genau die gleiche Schiene wie Archontes auf "Book One". Entscheidender Unterschied: Sie inszenieren die Songs etwas griffiger und zugänglicher, so daß "Night Shadows" unterm Strich doch ein wenig vor "Book One" ins Ziel kommt, und das bezieht sich nicht etwa auf die kürzere Gesamtspielzeit des Albums von 41 Minuten. Zwar läßt das Intro vielleicht doch noch eine Großtat erhoffen, und beim ersten, vielleicht auch zweiten Hören könnte der Hörer ein wenig enttäuscht sein, daß eben kein Geniestreich folgt, aber wenn man die Erwartungshaltung mal ausblendet, kann man mit "Revelation" oder dem Titeltrack durchaus auch Freundschaft schließen, wenn man eben nicht auf durchgehende Power steht. Mit "Mama" enthält das Album zudem eine klassische Halbballade, wie sie nur Metalbands mit Sinn für Melodie und Gefühl schreiben können, und die macht das davor plazierte "R'n'R Faith", das mit seinem schon anhand des Titels zu erahnenden Rock'n'Roll-Touch wie ein Fremdkörper wirkt und auch durch das traditionell melodicmetallische Solo nicht mehr homogenisiert werden kann, locker vergessen. Dabei ist der knapp dreiminütige Rock'n'Roll-Song für sich betrachtet durchaus nicht schlecht - er paßt nur nicht zum Rest der Scheibe und klingt irgendwie, als wollten Aerosmith jetzt Melodic Metal spielen. Wer in Analogiebildung vom "Coward's Song" jetzt aber Country-Metal erwartet, liegt falsch - statt dessen haben wir einen Höhepunkt der Scheibe vor uns, ein locker-flottes Hauptthema und einen ebensolchen Refrain geschickt mit den verschleppten Strophen und einigen Breaks paarend. Von solchen Aha-Erlebnissen hätte man der Scheibe durchaus noch den einen oder anderen weiteren gewünscht. Immerhin überzeugen die Beteiligten spieltechnisch, auch an den etwas merkwürdigen Drumsound kann man sich durchaus gewöhnen, und die Stimme von Iwan Guskow werden manche Hörer sogar mehr schätzen als die von Archontes-Fronter Andrei, da er sich etwas tiefer artikuliert, aber in dieser Lage auch problemlos zu überzeugen weiß. Der epische Titeltrack, mit reichlich sechs Minuten der längste Song der Scheibe, neben flirrenden Gitarren und einem starken Refrain auch ein paar Hintergrundgrowls einbauend und zum zweiten Höhepunkt des Albums avancierend, und das melodische Instrumental "July Cat", das wegen des komischen Drumsounds allerdings doch ein wenig seines Feelings einbüßt, runden ein auch optisch ansprechendes gutes Metalalbum ab, das aber für zu erhoffende Folgewerke noch deutlich Luft nach oben läßt.
Kontakt: www.myspace.com/metalismrecords, www.huntersband.ru

Tracklist:
Intro
Revelation
Silence
Broken Heart
R'n'R Faith
Mama
Coward's Song
The Pill
Night Shadows
July Cat



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