www.Crossover-agm.de HIGHLORD: When The Aurora Falls ...
von rls

HIGHLORD: When The Aurora Falls ...   (Northwind Records)

Anhand des Covers ist eigentlich klar, daß Highlord im Prinzip nur traditionellen Metal spielen können (Luis Royo fabrizierte eine endzeitliche Landschaft mit einem schwerttragenden Krieger im wehenden roten Umhang, der zu einer Rundhüttenansammlung hinabsteigt - böse Zungen monieren an dieser Stelle einen kulturhistorischen Mischmasch allererster Kajüte, der nicht mal ins nächtliche Nordostbrasilien passen würde, wo man den Baustil der Hütten und die von den Bäumen herabhängenden Pflanzen am ehesten einzusortieren hat). Weiß man dann noch, daß Highlord aus Italien kommen, kann man im Endeffekt mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit voraussagen, daß die Band orchestral-bombastischen Melodic Speed von sich geben wird - und siehe da, man liegt goldrichtig. Die Turiner unterscheiden sich allerdings schon etwas von den größeren Protagonisten des gleichen, gerne als Italometal bezeichneten Stils im eigenen Lande: Die dominante klassische Komponente Rhapsodys geht ihnen ebenso ab wie die neuerdings erreichte Sperrigkeit im Schaffen von Labyrinth. Statt dessen treten Highlord über weite Strecken das Gaspedal etwas stärker durch als ihre Stilkollegen, behalten die Attribute "eingängig", "melodisch", "filigran" und "songdienlich" aber dennoch bei und verfallen nicht permanent in Raserei. Apropos songdienlich: Man hört schon durch, daß Keyboarder/Hauptsongwriter Alessandro Muscio starke Einflüsse aus dem Schaffen von good old Bach bezieht (die nicht nur in seinem eigenen Spiel, sondern auch in den Parts seiner Kollegen zutage treten - erstklassiger Anschauungsunterricht für diese These wird im ellenlangen Solo von "All I Want" geboten, obwohl hier auch Händel zitatenhaft auftaucht, wenn Gitarre und Keys synchron Sololäufe absondern), aber die Klassik wird hier nicht zum Selbstzweck eingesetzt, sondern so schlüssig wie möglich in die Songs implantiert. Als weiterer kleiner Originalitätsfaktor geht Sänger Lorenzo "Vascé" Millano durch, der sich nicht wie viele Kollegen in hohen bis höchsten Lagen aufhält, sondern sein Lager eine Etage tiefer aufschlägt und gelegentliche Ausflüge in höhere Gefilde mit einer tieferliegenden zweiten Stimme abfedert. Kleine Effekte wie nach dem Solo von "Le Rouge Et Le Noir" loten das Feld gar noch etwas tiefgründiger aus - man findet sie erst beim x-ten Hördurchlauf und freut sich über das entdeckte Element, ohne es bei den vorherigen Durchläufen entscheidend vermißt zu haben. Eine Halbballade darf im Repertoire natürlich nicht fehlen, also gibt's mit "Again" eine gänzlich unoriginelle, aber wenigstens eine schöne. Der Abschlußkuschler "You'll Never Be Lonely" kommt gar gänzlich unverstromt daher. Ansonsten regieren eher Fingerfertigkeit, Geschwindigkeit und positive Power, wobei letztgenannte kathartisch die streckenweise (passend zum Cover) angedüsterten Lyrics in ungewohnter, vielleicht auch ungeplanter Weise negiert. Allerdings sollte sich das Label wirklich mal jemanden leisten, der die Texte und die Booklets Korrektur liest (und die eigenen Infoblätter gleich mit); da liegt nämlich noch einiges im Argen. Das wäre dann aber auch schon fast der einzige echte Schwachpunkt, den ich zu bemäkeln habe. Vielleicht könnte in Zukunft auch noch der eine oder andere Übergang innerhalb der Songs (bei Tempo- und/oder Rhythmuswechseln) etwas flüssiger gestaltet werden (das hat beispielsweise Bach großartig hinbekommen, wohingegen Händel im Menuett der 2. Wassermusik-Suite beim Übergang in die Wiederholung des zweiten Teils einfach zwei Noten vergessen hat, die dort eigentlich hingehören - aber nur großen Menschen steht es zu, große Fehler zu begehen). Also, um's auf den Punkt zu bringen: "When The Aurora Falls ..." gefällt mir bis auf die angesprochenen kleinen Pünktchen ausgesprochen gut, gehört in jede gutsortierte Italometalsammlung und ist ein prächtiges Beispiel für die hochklassige Kombination aus Melodie, Energie und Technik. Das neunminütige "Tears Of Darkness" mit seinem großartigen Spannungsbogen in der instrumentalen Einleitung sei als Anspieltip genannt. Wenn man Highlord noch ein, zwei Alben Entwicklungszeit gibt, könnten sie ein perfektes Meisterwerk schreiben ("When The Aurora Falls ..." ist ihre zweite Scheibe, der Erstling "Heir Of Power" blieb mir bisher verborgen). Einen großen Schritt auf dem Weg dorthin haben sie mit dieser CD getan. Wenn die Erhältlichkeit im deutschen Fachhandel nicht gewährleistet ist, fragt mal beim Label nach: Northwind Records, PO Box 157, I-15057 Tortona (AL), Italy, www.northwindrecords.com




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