www.Crossover-agm.de HIGH ON FIRE: Snakes For The Divine
von rls

HIGH ON FIRE: Snakes For The Divine   (E1 Music/Century Media)

Ein klassisches Metalintro mit Gitarrenheld leitet die CD ein - nanu, das falsche Exemplar erwischt? Für solcherart Klänge standen High On Fire bisher ja eher nicht. Aber der einsetzende Baß läßt mit seiner Tiefenlage schon vermuten, daß man doch die richtige CD erwischt haben dürfte, und dem ist dann auch so, wenngleich man gleich im eröffnenden Titeltrack noch einige andere Überraschungen erlebt. Zum einen bauen High On Fire den Doomanteil weiter deutlich ab und setzen häufig auf recht flotte Tempi, zum zweiten kommt der Gitarrenheld im Hauptsolo nochmal zurück, und zum dritten schließlich entdeckt man beim genauen Zuhören unter dem flotten Refrain, daß dort die Gitarre Riffs spielt, der Baß aber das Gitarrenheldenthema aus dem Intro wieder aufgreift. Daß in Triobesetzungen der Baß eine deutlich wichtigere Rolle zu spielen pflegt als in größeren Kontexten, ist ja bekannt, aber hier zeigen sich dann doch noch neue Dimensionen. Etliche der Solopassagen nehmen auch Rücksicht auf die Livesituation, kommen also von vornherein ohne darunterliegende Rhythmusgitarre aus. In der Gesamtheit ergeben diese knapp achteinhalb Minuten eine hervorragende Legierung aus alten, bewährten Stilelementen High On Fires und neuen, geschickt eingeschmolzenen Zutaten, der Band damit die Erschließung neuer Hörerschichten ermöglichend, ohne die alten zu verprellen, vielleicht mit Ausnahme der beinharten Doom-Fraktion, die etwa in den A-Teilen des nach A-B-A-Schema aufgebauten "Frosthammer" Herzrhythmusstörungen ob des angeschlagenen flotten Tempos bekommen und den alten Tagen hinterhertrauern dürfte, als Sänger/Gitarrist Matt Pike mit Sleep noch extremen Doom fabrizierte. Natürlich ist der Doom auch auf "Snakes For The Divine" nicht komplett verschwunden, wie gleich der Titeltrack beweist, der längere Passagen enthält, die an eine entspanntere Version von Crowbar erinnern, während der B-Teil von "Frosthammer" eher sphärischen Doom mit entrückten Vocals von Bassist Jeff Matz bietet und dann - die Altfraktion wird "Endlich!" schreien - an dritter Position "Bastard Samurai" steht, das nach dem Intro mit einem Riff aus der besten Cathedral-Schule punktet, allerdings in seiner Gesamtbetrachtung und keineswegs ausschließlich wegen des flackernden Strophenparts fast noch näher am klassischen Grunge liegt. Und mit einem Tempoausbruch von Drummer Des Kensel muß man auch hier rechnen, bevor auch dieser Song wieder in A-B-A-Form auf den an finsterste Soundgarden- oder Alice-In-Chains-Zeiten erinnernden Anfangsteil zurückfällt. Gesanglich allerdings hat Matt Pike rein gar nichts mit den gängigen Grungestimmen zu tun, sondern pflegt einen rauhen Gesangsstil, nicht so gequält wie Crowbars Kirk Windstein, auch nicht so lässig wie Lemmy, sondern irgendwo zwischen diesen beiden Polen anzusiedeln. Das häufige Ufta-Ufta-Tempo erlaubt ebenfalls den einen oder anderen Querverweis zu Motörhead, die etwa "Ghost Neck" durchaus in ihr Repertoire aufnehmen könnten, ohne daß es groß auffallen würde, wenn man vom grundsätzlich unterschiedlichen Stil des Baßspiels und den mit einer geringfügig höheren Black-Sabbath-Dosis ausgestatteten Gitarren High On Fires absieht. Auch der Celtic-Frost-Vergleich, den Kollege Dirk in seiner Rezension zum Vorgängeralbum "Death Is This Communion" ins Feld geführt hatte, ist keineswegs von der Hand zu weisen, wenngleich im Gesamtsound High On Fires viel mehr Rock'n'Roll steckt, als Tom Warrior je zugelassen hätte. Die neun Songs auf "Snakes For The Divine" pendeln dabei zwischen recht geradlinigen Passagen und einigen verschlungenen Pfaden, von denen man lange Zeit noch nicht erfährt, wohin sie führen. Kurioserweise trifft genau letzteres Argument auf "The Path" zu, ein Instrumentalstück, das als Intro für "Fire, Blood & Plague" fungiert, aber für dessen Ausrichtung noch sämtliche denkbaren Varianten zuläßt - es ergibt sich dann letztlich eine ähnlich umfassende Kombination wie im Titeltrack, allerdings mit nicht ganz so markantem Hauptthema. In letztgenannter Hinsicht bleibt der Titeltrack unerreicht, ermöglicht aber durch seine herausgehobene Stellung eine deutlich leichtere Hineinarbeitung ins knapp 50minütige Material dieses Albums. Eines der wenigen Beispiele, das vom Spannungsaufbau her nicht so richtig funktionieren will, ist "How Dark We Pray", bei dem man nach dem langen Intro samt entsprechender Steigerung irgendwann erwartet, daß sich die aufgestaute Energie entlädt - aber genau das passiert nicht, der Song mäandert im verschleppten Tempo weiter, kann die Spannung aber nicht halten und überzeugt erst im entspannten Solo wieder. Der letzte Song "Mystery Of Helm" ist auf der Century-Media-Pressung übrigens als Bonustrack gekennzeichnet, die originale E1-Pressung enthielt ihn nur auf der "Best Buy"-Einkaufsketten-Spezialversion neben noch zwei Livetracks als weitere Boni, während er auch als Bonustrack der LP-Version fungiert, allerdings wiederum auf der iTunes-Version fehlt. Was waren das doch noch für Zeiten, als es eine identische Fassung eines Tonträgers auf jedem Speichermedium gab ... Zurück zu High On Fire: "Snakes For The Divine" zeigt nach Track 6 einen erstaunlichen Qualitätsabfall, denn neben "How Dark We Pray" entpuppen sich auch "Holy Flames Of The Fire Spitter" und "Mystery Of Helm" als eher ideenarm (das schöne Solo über galoppierenden Drums im letztgenannten beweist allerdings nochmal, wozu High On Fire eigentlich fähig sind) und können mit den veritablen Großtaten weiter vorn nicht mithalten. Diese lohnen den Erwerb des Albums allerdings auch schon.
Kontakt: www.highonfire.net, www.centurymedia.com

Tracklist:
Snakes For The Divine
Frosthammer
Bastard Samurai
Ghost Neck
The Path
Fire, Blood & Plague
How Dark We Pray
Holy Flames Of The Fire Spitter
Mystery Of Helm
 




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