www.Crossover-agm.de GODKRAD: Welcome To Reality
von rls

GODKRAD: Welcome To Reality   (STF Records)

Ist Gott ein Biker? Wenn ja, bevorzugt er Yamaha, Harley oder doch eher MZ? Hält er sich immer an die Geschwindigkeitsbegrenzungen? Fragen über Fragen, doch den Österreichern Godkrad dürfte nichts ferner liegen als eine ausgiebige Erörterung der Beziehungen zwischen Gott und seinem Krad, Moped, Motorrad oder sonstigem motorisiertem zweirädrigem Fortbewegungsmittel. Wer verwendet auch heute noch den Begriff Krad? Eben. Bis 1998 agierten die Alpenbewohner noch unter dem Namen Dark Dog, und unter konsequenter Anwendung von Backward Masking-Praktiken kann es nicht schwer gewesen sein, auf den neuen Bandnamen zu kommen. Aber Spaß beiseite, denn trotz bisweilen locker-flockiger Momente nehmen Godkrad ihre Musik durchaus ernst. "Hardrock mit Punk- und Grunge-Elementen" steht als stilistische Umschreibung im Infoblatt, und wenn man den in dieser Aussage implizierten Dominanzanspruch des Hardrock leicht zurückschraubt, dann ist man der Wahrheit schon recht nahe. Der Titeltrack hat was von The Offspring, Green Day und ähnlichen Melopunkern, während gleich im Anschluß das getragene, halbballadeske "Open Your Eyes" etwaige Californiastrandgedanken wegwischt und eher an einen warmen, aber nebligen Morgen in den österreichischen Bergen denken läßt. Seattlige Regenwetterstimmung kommt eigentlich nur im abschließenden "Words Of Farewell" auf, das meinen Büromitbewohner denn auch spontan an Pearl Jam erinnerte. Bis dahin hat man aber noch etliche, bisweilen recht kraftvolle Rocker auf Lager, von denen das kurze "That's You" nahezu lupenreinen Rock'n'Roll auffährt. Überhaupt sind die vier Herren nicht unbedingt Freunde epischeren Songwritings - gleich vier der elf Tracks bleiben deutlich unter der Dreiminutenmarke, der längste Song kommt auch schon nach viereinhalb Minuten ins Ziel, und vom Songwriting her ist neben den beiden genannten getrageneren Exempeln auch allenfalls noch das sich gemächlich aufbauende, aber nicht wesentlich schneller werdende "Home" leicht ausladender angelegt. Ein richtiger roter Faden will sich in der kompletten Platte allerdings auch nicht finden lassen, so daß man angesichts des munteren Wechselspiels zwischen Punk-, Grunge- und verschiedenen Rockeinflüssen bisweilen einen leicht zusammengewürfelten Eindruck des Materials nicht verdrängen kann. Sänger Alexander "Axl" Nestic versucht das Ganze zwar zusammenzuhalten und kann sich mit seiner variablen Stimme auch recht gut auf die einzelnen stilistischen Schwerpunkte einstellen, aber sein Engagement reicht in diesem Falle nicht ganz aus. Zudem offenbart sich mit ihm ein Problem, das kurioserweise auch die Labelkollegen Insania haben: Seine Gesangslinien wirken bisweilen wie unabhängig von den Songvorgaben verlaufend, was speziell in pathetischeren Passagen zu heroischer Leere und damit zur Lächerlichkeit zu führen droht. Ganz so schlimm ist es zum Glück nicht, aber der Gesang balanciert gerade in "Words Of Farewell" (noch 'ne Kuriosität: der Song kann gewisse Ähnlichkeiten mit Insanias Live-In-The-Studio-Scherz "Just A Friend" nicht verleugnen) auf dem schmalen Grat zwischen "emotionaler Expressivität" (so ist's im Info beschrieben) und einem Absturz ins tiefe Tal des hohlen Pathos. Da sind mir die straighten Rocker und die punkigeren Tracks dann doch lieber, die machen wenigstens halbwegs Partylaune, und für die im Info angegebenen Zielorte "Bikerfete" und "Player eines Cabrios" kann ich mir "Welcome To Reality" auch ganz gut vorstellen. Überhaupt dürfte das Ganze live wesentlich begeisternder rüberkommen als auf der nichtsdestotrotz ordentlich produzierten Langrille. Dafür kann man sich live nicht so viele Gedanken über das lyriclose, aber mit jeweils einem Foto und einem Denkanstoß zu jedem Song versehene Booklet machen. Sollte "Welcome To Reality" nicht im Laden aufzutreiben sein, könnten das Label STF Records, Robertstraße 82, 44809 Bochum, www.stf-records.de oder der unter www.m-system.de zu findende Vertrieb M-System vielleicht weiterhelfen.
 




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