www.Crossover-agm.de EMPTY TREMOR: The Alien Inside
von ta

EMPTY TREMOR: The Alien Inside   (Frontiers Records)

Der Begriff "progressiv" im Bereich der Musik, namentlich der metallischen, hat sich ja spätestens in den Neunzigern des vergangenen Jahrhunderts verselbstständigt und ad absurdum geführt. Jede Band, die auf dem Niveau von Dream Theaters Anfangstagen stagniert, bleibt "Progressive Metal" aus dem gleichen Grund, aus dem man ohne schlechtes Gewissen von "Speed Metal" reden kann, trotz des Wissens, dass andere Bereiche weitaus höhere Geschwindigkeiten bevorzugen, demnach in Bezug auf diese Eigenschaft weitaus eher eine solche Bezeichnung verdienten als der sogenannte "Speed Metal", dessen Alternativbezeichnung sicher, ebenso umstreitber, "Power Metal" sein kann (und auch ist - für Personen, die in den Achtzigern noch eher Pumuckl als Dickinson präferierten). "Progressive Metal" bleibt eine Formel, die auf gewisse Merkmale verweist und einer Übersetzung ins Deutsche in vielen Fällen nicht adäquat gerecht werden könnte. Einen solchen Fall stellen etwa die Italiener Empty Tremor dar: "The Alien Inside" offeriert eine Stunde bombastischen Progressive Metals, erzkonservativ in seiner Ausrichtung, eingängig in seiner Gangart und äußerst kompakt dargeboten. Shadow Gallery liebt wohl jeder Beteiligte in der Band heiß und innig und auch der Dream Theater-Backkatalog wird in Auszügen studiert worden sein, bevor auch nur der zweite Ton von den Tasten des Keyboards von Daniele Liverani gepurzelt ist. Jedoch: Im Gegensatz zu Dream Theater, die mit ihren letzten Veröffentlichungen eine immer Metal-lastigere Genealogie aufweisen, finden sich auf "The Alien Inside" massive Einflüsse aus dem Hardrock, von dem man sich dabei nicht nur die Sahneseiten herausgepickt hat: Während die vereinzelten Riffs sich gut in den Kontext einfügen - selbst wenn wie in "I Found You" mit sphärischen Keyboardklängen Pink Floyd'scher Prägung zunächst die andere Seite des Areals ausgelotet wird, bevor die unvermeidliche Bratgitarre einsetzt -, wirken einige Refrains in ihrer Plattheit und Plakativität erschreckend banal und deplaziert und können in "A New World" sowie "Don't Stop Me" (mit verstecktem James Bond-Thema) durch clevere Einfälle der Herren in der Instrumentenliga, besonders in Bezug auf die in Abstimmung mit den Gitarren gut ausgeloteten Keyboards, gerade noch ausgeglichen werden, auch wenn der in den Strophen angeschlagene Rhythmus des Knüppelwerks von Drummer Stefano Ruzzi in "Don't Stop Me" einer Punkband zur Ehre gereichen würde. Auffällig ist überhaupt, dass Empty Tremor auf rhythmische Eingängigkeit größeren Wert legen als Teile ihrer musikalisch gleichgerichteten Kollegen und fast keine Ambitionen zu Verschachtelungsfaktoren wie Breaklastigkeit und Krummtaktigkeit hegen. "The Love I've Never Had" bildet hierbei eher Ausnahme als Regel. Völlig proggy dagegen sind die Liedlängen, die von jeher eine gute Lehrformel bei Bands des entsprechenden Bereichs abgegeben haben. Längen von beinahe zehn Minuten rechtfertigen zu können freilich ist nicht jeden Musizierkollektivs Gelingen unterworfen, so auch bei Empty Tremor nicht. Denn so manch lascher und künstlich in die Länge gezogener Instrumentalteil und die x-te Wiederholung legen eher den Verdacht auf Überambitioniertheit als auf ein Übermaß an Kreativität nahe. So sind gerade in "Don't Stop Me" und "The Love I've Never Had" ein paar Takte Teil der Tabulatur, die man besser gestrichen hätte, weil sie nach wiederholtem Konsultieren einen sehr blassen und nichtssagenden Eindruck machen. Einher mit solchen Leerlaufstellen geht der konservative Umgang mit Arrangements und Songstrukturierung. Der gewohnte Ablauf aus Strophe, Refrain und Solo wird permanent übergangslos hinuntergespult und mit mehr oder weniger ausführlichen rein instrumentalen Kredenzen eingerahmt, die hauptverantwortlich für den "progressiven" Charakter des dargebotenen Materials sind. So beiben die Songs von Empty Trenor vorhersehbar und gewöhnlich, was mir ein wenig den Reiz des Albums "The Alien Inside" raubt. Nichtsdestotrotz ist mit dem grandios inszenierten Titeltrack ganz am Anfang und dem düster-heavy grollenden "The Alien Outside" ganz am Ende des Albums zweimal packendes Theater enthalten, veredelt von der großen Stimme des Neuzugangs Oliver Hartmann am Gesang, der schon bei At Vance für Pendelausschläge im obersten Bereich des Frequenzmesser gesorgt hat, hier jedoch weitaus gemäßigter, wenn auch nicht minder kompetent zu Werke geht. Die Texte, die er intoniert, weisen, sofern rauszuhören, partiell einen didaktischen, moralisierenden Charakter auf und die Hermetik des Albums in der Betitelung des ersten und des letzten Songs sowie einzelne Textzeilenwiederholungen weisen auf ein der Platte zugrundeliegendes Konzept hin, zum näheren Studium fehlt mir leider die Textbeilage. Die weitere Erörterung sei also dem Prog-/Hardrocker zugewiesen, der "The Alien Inside" zu konfiszieren bedenkt.
Kontakt: www.frontiers.it

Tracklist:
1. The Alien Inside
2. I Found You
3. A New World
4. Who You Really Are
5. Don't Stop Me
6. Stay
7. The Love I've Never Had
8. The Alien Outside



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