www.Crossover-agm.de ELVIRA MADIGAN: Angelis Daemonae - Wiccan Aftermath
von rls

ELVIRA MADIGAN: Angelis Daemonae - Wiccan Aftermath   (Black Lodge)

Elvira Madigan, so verrät es uns die Bandhomepage, lebte vor 100 Jahren und war eine schwedische Zirkuskünstlerin, deren Liebe zu einem Offizier tragisch endete. Nach einer solchen Person ein Metal-Bandprojekt zu benennen besitzt durchaus schon einen Anflug von Skurrilität, was allerdings vom musikalischen Gehalt des Elftrackers noch getoppt wird. Der besteht nämlich ausschließlich aus Coverversionen, die mit dem Original in vielen Fällen nur noch bedingt etwas zu tun haben. Marcus H Madigan, so nennt sich der Einzelkämpfer hinter dem Projekt, fabrizierte aus original eher poplastigen Tracks fiesen blackig angehauchten Gothic Metal - mit einer Ausnahme: "Alien Nation" von den Scorpions war schon im Original knüppelhart (vermutlich der extremste Song, den die Scorpions je fabriziert haben) und macht in der Elvira Madigan-Version die größte Schwäche des Albums deutlich sichtbar: Die Produktion ist viel zu drucklos ausgefallen, der Drumcomputer deutlich als solcher identifizierbar, die Beckenarbeit viel zu grell, der Gesang meist zu weit im Hintergrund stehend und das Riffing auch noch infusionsbedürftig (der Mangel an Energie läßt sich am markanten Hauptriff dieses Songs schön feststellen). Schade, sehr schade - denn mit einer vernünftigen Produktion hätte "Angelis Daemonae" durchaus das Zeug zum partytauglichen Kultalbum gehabt. Da hätte sich Marcus vielleicht die Kohle für das sicher nicht billige Cover von Luis Royo sparen sollen (nebenbei bemerkt: Aufgrund der Tropfenform ist anzunehmen, daß es sich bei der Substanz, mit der die leicht bekleidete und angekettete Dame übergossen ist, nicht unbedingt um Wasser handelt); ein echter Drummer und ein professionelles Mixing- und Mastering-Studio wären eindeutig die sinnvolleren Alternativen gewesen. Von den umsetzungstechnischen Einfällen her macht "Angelis Daemonae" nämlich über weite Strecken richtig Spaß. Bereits das Intro "Chrono Cross" überzeugt mit seinen stimmungsvollen Soundlandschaften - es stammt original aus einem japanischen Playstation-Spiel, was späterhin mit analogen Attributen für "At Zanarkand" (Interludiumsgebrauch) und "Prisoners Of Fate" (Outrofunktion) zutrifft. Mitschuldig am Entstehen dieses Albums war Tori Amos, die auf ihrem eigenen Coveralbum Slayers "Raining Blood" auf ihre Art und Weise durch den Fleischwolf drehte - Marcus drehte also den Spieß herum und verwandelte ihr "Iieee" in abwechslungsreichen Düstermetal mit extremen Kreischvocals, den wohl nur Kenner bei einem Blindfoldtest wiedererkennen würden. Bei "Alien Nation" ist das aufgrund der über weite Strecken original übernommenen Struktur (nur die Drums unter dem Strophenriff wurden einen halben Beat langsamer gelegt) einfacher - mit einer druckvollen Produktion, ich wiederhole mich, könnte das ein richtiger Knaller sein, er beweist zudem, daß Marcus nicht nur kreischen, sondern auch tief grunzen kann. Die Folkpopband Nordman kennt laut dem Infoblatt in Schweden jedes Kind, und "Under Norrskenet" hört man deutlich an, daß es Anfang der 90er tatsächlich großes Mainstreampotential gehaben haben könnte. Hier kommt erstmals richtiger Cleangesang zum Einsatz - und o Wunder, auch den beherrscht der wackere Einzelkämpfer. "Jacob's Ladder" von Jean-Michael Jarre fällt nicht weiter auf - ein kleines pianolastiges Interludium, bei dem man eigentlich den Übergang aus dem vorherigen "At Zanarkand" gar nicht so richtig bemerkt. Danach beginnt ein zweiter großer Komplex des Albums: Bis auf das Outro "Prisoners Of Fate" gehört der Rest der CD Chris de Burgh. Daß man den gut metallisieren kann, haben ja Dark At Dawn mit "Don't Pay The Ferryman" bereits vor einigen Jahren bewiesen, und auch "Spanish Train", "The Leader", "The Vision" (Highlight!) und "What About Me?" machen mit ihren extremen Powerpassagen, den wehmütigen Verharrungen, den teilweise hymnischen Refrains und der fähigen Instrumentalarbeit richtig Laune. Damit sind die 35 Minuten viel zu schnell vergangen und haben dem ursprünglichen Warum (nämlich der Frage: Warum nimmt man ein solches Projekt in Angriff?) die Antwort gegeben (weil's Spaß macht - sowohl dem Schöpfer als auch dem Rezensenten), gleichzeitig aber auch ein zweites Warum aufgeworfen (nämlich die Frage: Warum ist das Ding soundtechnisch so versaubeutelt worden?). Denn dieses zweite Faktum ist wirklich das Einzige, was eine kleine Wolke über den Hörgenuß schiebt (Eläkeläiset klingen zwar noch 100mal schlimmer, aber bei denen gehört das zum Konzept: Billig as billig can), ansonsten kann "Angelis Daemonae - Wiccan Aftermath: Bloodstained Covers For Sirens And Sinners" (so der vollständige Titel, der laut Aussage seines Schöpfers auf die stilistische Dualität zwischen Original und Umsetzung aufmerksam machen will) dem Freund obskurer Coverprojekte ohne Abstriche empfohlen werden.
Kontakt: www.elviramadigan.com, www.blacklodge.se

Tracklist:
Chrono Cross
Iieee
Alien Nation
Under Norrskenet
At Zanarkand
Jacob's Ladder
Spanish Train
The Leader
The Vision
What About Me?
Prisoners Of Fate






www.Crossover-agm.de
© by CrossOver