www.Crossover-agm.de DEMONS SEED: Dawn Of A New World
von rls

DEMONS SEED: Dawn Of A New World   (Battle Cry Records)

Die Saat des Dämons geht auch dann auf, wenn man im Bandnamen den grammatikalisch eigentlich fälligen Apostroph eliminiert, offenbart im Keimen allerdings keineswegs finsteren Black Metal, wie man ihn ja von den namensverwandten Briten Demon auch nicht zu hören bekommen hat. Statt dessen bieten uns die gitarrespielenden Gebrüder Dörr und ihre drei Mitstreiter tief traditionell verwurzelten Heavy Metal, ohne allerdings sklavisch an einem Dogma "Wir müssen so klingen wie 1985" festzuhalten. Der eine oder andere fast progressiv zu nennende Tempo- bzw. Rhythmuswechsel etwa wäre für die damalige Zeit höchst untypisch gewesen und sorgt beim Hören im dritten Jahrtausend dafür, daß man beim ersten Hördurchlauf noch stolpert und erst bei den folgenden Durchläufen feststellt, daß es gerade diese überraschenden Breaks sind, die einen nicht unwesentlichen Teil des Reizes, den die zehn Songs ausströmen, ausmachen. Man nehme als Beispiel nur mal "Judgement Day" her, dessen Intro erstmal auf eine völlig falsche Fährte führt, bevor der Hauptteil fast überfallartig mit speediger Geschwindigkeit über den Hörer hereinbricht, dann allerdings wieder abgebremst wird und ab Minute 1 eine Kaskade verschobener Rhythmen, unterbrochen durch jeweils straightere Parts, den Rest des Songs in mannigfach veränderter Zusammensetzung bestimmt, ohne daß man hier von Zerfahrenheit sprechen müßte - selbst der atmosphärische Part ab Minute drei wirkt keineswegs als Fremdkörper und erinnert an die Bauart ähnlicher Parts im neuzeitlicheren Schaffen von Grave Digger. Allerdings offenbart er auch noch ein paar stimmliche Reserven bei Fronter Paul Bellmann, der in den kreischenden Parts schon eine recht ansehnliche Leistung bringt (selbst wenn er auch in den Höhen manchmal leicht neben der Spur zu liegen scheint - dafür überzeugt er mit dem Vermögen, von kreischender Höhe ansatzlos in cleane Höhe zu wechseln), in den dunkleren, auch balladesken Parts aber zu unsicher wirkt, um ernsthaft am Status von Chris Boltendahl zu rütteln (die stimmlichen Parallelen zwischen beiden beschränken sich ausschließlich auf die balladesken Momente). Da ist die Gitarrenarbeit doch von anderem Kaliber, denn die Dörrs rütteln mit wenig innovativem, aber sehr gut umgesetztem Spiel ernsthaft an den Türen für Größeres und retten auch den einen oder anderen von der Grundanlage her weniger spannenden Song noch über seine Spielzeit. Daß sie sich in "Hell Dogs" bei Minute zweieinhalb das Riff von Black Sabbaths "Sabbath Bloody Sabbath" ausgeborgt haben, dürfte weniger als geistiger Diebstahl, sondern eher als bewußtes Zitat anzusehen sein. Ansonsten haben sie einerseits ihre Iron Maiden-Lektion gelernt, limitieren sich aber keineswegs auf zweistimmige Hookdominanz, ohne allerdings in wildes Hochgeschwindigkeitsnotensammeln abzudriften. Vom Songaufbau her variieren Demons Seed ihre Kompositionen ein gutes Stück weiter als viele heutige Kollegen der Traditionsmetalfront, die noch dem klassischen Strophe-Refrain-Strophe-Refrain-Solo-Refrain-Refrain-Schema huldigen, was allerdings nicht heißen soll, daß sie dieses nicht bisweilen auch einsetzen würden. Schon der Opener, die Bandhymne "Demons Seed", bricht allerdings aus dem Schema aus, indem er mit dem Solo endet, was für eine Bandhymne ungewöhnlich ist, denn da wäre das mehrmalige Wiederholen des Refrains am Ende zwecks Gemeinschaftserzeugung zwischen Band und Fans ja durchaus sinnhaltig. "Call Of The Wolf" und "Judgement Day" stehen nebeneinander und markieren arrangementseitig die beiden Eckpfeiler der CD - letztgenannter ist oben bereits beschrieben, ersterer bietet knapp inszenierten geradlinigen Metal. Mit "Every Second" schreckt die Band auch vor einer Ballade nicht zurück und gestaltet diese als einzige textlich direkt realitätsbezogen, während der Rest der Texte eher allgemein gehalten all die Schlechtigkeiten des menschlichen Charakters in harte Schlag-Worte faßt. Gerade die Ballade hätte man allerdings grammatikalisch nochmal durchschauen lassen sollen, da sie, wenn man ausschließlich den Text liest, einen hölzernen Gestus erwarten läßt, der in der Musik keine Entsprechung findet. Überhaupt können sich Demons Seed ein gutes Händchen bei der Gestaltung balladesker Parts gutschreiben lassen, denn das lange Outro von "Soldiers" ist ebenfalls höchst gelungen (vielleicht nur einen Tick zu lange ausgespielt) mit seiner geschickten Einbindung von Flötentönen, die einen manchmal an frühe Rhapsody erinnern - ein Vergleich, der im Rest der Musik allerdings keine Entsprechung findet. Nur ganz wenige Stellen lassen den Wunsch nach andersgearteter Gestaltung offen, etwa der ungeschickt wirkende Übergang in den Refrain von "When Darkness Falls" (der Sänger Paul eine eigentümliche Betonung in der ersten Refrainzeile auferlegt, um im Metrum bleiben zu können) oder die "Ohoho"-Chöre in "Hell Dogs", die irgendwie einen zu punkig-besoffenen Gestus aufweisen. Aber das sind Kleinigkeiten, über die man in der Gesamtbetrachtung wohlwollend hinwegsehen kann. So bleibt eine Dreiviertelstunde interessanten traditionell orientierten Metals, der eindrucksvoll unterstreicht, was man aus dem deutschen Underground noch so an hochwertigem Stahl fördern kann.
Kontakt: www.battlecryrecords.de, www.demonsseed.com

Tracklist:
Demons Seed
Call Of The Wolf
Judgement Day
The Gorgon
Every Second
Precher Of Wrath
Soldiers
When Darkness Falls
Hell Dogs
Return Of The Seed



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