THE DEFACED: Domination Commence von rls (Scarlet Records) The Defaced haben ein Problem,
das bereits in ihrem Bandnamen angedeutet wird: Sie sind eine relativ gesichtslose
Band. Da kann das Labelinfo hundertmal die neue Stilbezeichnungserfindung
"Corrosive Metal" ranziehen, das macht dieses Schwedenquintett aber auch
nicht origineller und verleiht ihm auch keine "rote Linie". Wenigstens
haben es einige der Herren fertiggebracht, etwas anders zu musizieren,
als sie das in ihren sonstigen Bands tun. Der Death Metal-Background und
die virtuose Melodiosität von Soilwork ist bei The Defaced nicht bzw.
nur sehr begrenzt auszumachen - kein Wunder, denn Henry Ranta hinterm Drumkit
dürfte bei Soilwork nicht gerade den größten Einfluß
auf diese Komponenten haben. Das oldschoolig rumpelnde Terror 2000-Projekt
findet ebenfalls nur selten einen Widerhall bei The Defaced. Sehr starke
Parallelen gibt's allerdings zu Darkane, bei denen Gitarrist Klas Ideberg
und Bassist Jorgen Lofberg in Lohn und Brot stehen, wobei generell das
durchschnittliche Grundtempo bei The Defaced geringfügig tiefer liegt
(hinundwiederiges Geblaste hin oder her). Man kann den fünf Versammelten
nicht aberkennen, daß sie ein gewisses Ideenpotential aufzutun in
der Lage sind, aber wenn man sich überlegt, was Darkane aus den Ideen
von beispielsweise "Grow" gemacht hätten, dann beschleicht einen mitunter
doch das Gefühl, man habe eine Ahnung, warum Ideberg und Lofberg dort
nur bedingt am Songwriting beteiligt sind (ich habe allerdings auch keine
Informationen, wie groß ihr schreiberischer Input bei The Defaced
ist). "Sown By Greed" soll wohl der Hit des Albums werden - er klingt verdächtig
nach einer imaginären Metallica-Platte von 1993, unterscheidet sich
von der Hetfield-Gang aber im wesentlichen durch eine Anzahl rhythmischer
Auslassungen bei den Drums, die Lars Ulrich kaum zu spielen in der Lage
gewesen wäre, sowie durch den quasi aus dem Nichts kommenden und irgendwie
angeklebt wirkenden Highspeed-Schlußteil (im letzten Song "Destination
Devastation" schimmern Metallica nochmals kräftig durch). Ansonsten
klauen The Defaced mal bei Meshuggah, mal bei Machine Head, lassen aber
wenigstens die Finger von den Hardcoreeinflüssen der Letztgenannten.
Daß "The Icon" bis auf den kurzen melodischen Einschub der Gitarren
in der Bridge gar verdächtig nach Brainfag
klingt, mag indes Zufall sein, denn ich glaub' nicht, daß die Schweden
überhaupt schon mal was von der Musike der Erzgebirgsbewohner gehört
haben (die umgekehrte Theorie ist noch unwahrscheinlicher, denn "Domination
Commence" gibt's erst seit dem 24.09.2001 zu kaufen, und die betreffenden
Brainfag-Stücke haben ein doch schon etwas früheres Entstehungsdatum).
Das Beste, weil Originellste an der Platte sind auf jeden Fall die Gitarrensoli
(selten eingesetzt, aber meist recht melodieorientiert), Henry Rantas generell
sehr abwechslungsreiches, energetisches Drumming und die gelegentlichen
atmosphärischen Parts, die's zwar bei Darkane oder Meshuggah auch
schon gab, die aber einzelnen Songs eine Komponente der Marke "Da erinnere
ich mich beim nächsten Durchlauf wieder dran" verleihen. "Domination
Commence" ist somit auf keinen Fall schlecht, aber für den Zweitling
der Combo erhoffe ich mir ein paar mehr Aha-Effekte als die hier bereits
vorhandenen. Wer generell mit dem Genre Thrash Metal (denn solcher ist
hier zweifelsohne zu hören) was anfangen kann, macht mit einem Probedurchlauf
im gutsortierten Plattenladen sicher nichts verkehrt.
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