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CANDLEMASS: Candlemass
von rls

CANDLEMASS: Candlemass   (Nuclear Blast)

Wer die Best Of-Doppelscheibe "As It Is, As It Was" von Candlemass aus dem Jahre 1994 besitzt, wird festgestellt haben, daß dort Material aller bis dato zu Buche gestanden habenden Bandinkarnationen vorhanden war. Dabei unterschied sich der "Epicus Doomicus Metallicus"-Stoff von dem, den die "klassische" Besetzung auf den drei Folgealben produzierte, im musikalischen Sinne kaum, sondern lediglich durch das Faktum, daß auf der ersten Platte noch ein gewisser Johan Langquist gesungen hatte, der sich stimmlich aber gar nicht so sehr von seinem Nachfolger Messiah Marcolin unterschied, lediglich ein kleines bißchen weniger stimmgewaltig zu Werke ging. Nach Messiahs Ausstieg spielte der Bandrest gemeinsam mit Neu-Sänger Thomas Vikström "Chapter VI" ein - auch der hatte eine gute Stimme und lag gar nicht so sehr weit von - nein, nicht von Marcolin, sondern von Langquist entfernt. Dafür aber fiel die Platte ein gutes Stück powermetallastiger aus. Nach der Best Of und diversen weiteren Umbesetzungen, die vom klassischen Line-up nur noch Häuptling Leif Edling an Bord bleiben und zwischenzeitlich auch den Sargdeckel schon mal ganz zuklappen ließen, standen mit "Dactylis Glomerata" (klingt geheimnisvoll, ist aber nichts anderes als der wissenschaftliche Name des Knäuelgrases) und "From The 13th Sun" zwei weitere Alben zur Debatte, die Besitzern zufolge einen etwas in Richtung Stonerrock verschobenen Kurs gefahren haben sollen und allgemein recht wenig geschätzt wurden. Nun ist die klassische Besetzung also wieder zusammen und hat nach einer weiteren zwischenzeitlichen Auflösung tatsächlich ein neues Studioalbum zuwege gebracht, das selbstbetitelt geblieben ist. Selbstbetitelten Alben ordnet man ja mitunter die symbolhafte Deutung eines Neuanfangs zu, hier indes könnte noch eine weitere Deutung greifen: "Candlemass" vereint in achtundfünfzigeinhalb Minuten (wenn man den Digipack hernimmt, der noch mit dem Bonustrack "Mars And Volcanos" aufwartet, welcher nach knapp drei Minuten völlig obskur mit einem Drumsolo auszufaden beginnt) quasi alle Elemente, die man auf den bisherigen Alben musikalisch finden konnte, und kombiniert diese mit Messiahs typischem, hier und da allerdings auch ungewöhnlichem, aber an andere frühere Mikroinhaber erinnerndem Gesang. Beweis für letztgenannte These ist die erste Strophe von "Copernicus", wo man bei einem Blindfold-Test nie und nimmer tippen würde, mit dieser flüsternd-entrückten Stimme ausgerechnet Messiah zu hören, sondern eher Edlings Mitt-/Spätneunziger-Mitstreiter Mats Leven. Hat man diesen an Position vier plazierten Track erreicht, ist auch der Beweis für die erstgenannte These bereits erbracht: Der Opener "Black Dwarf" hat einen für Candlemass-Verhältnisse überraschend leichtfüßigen Beat unterlegt bekommen, wie man ihn ansonsten eben nur noch auf dem Material von "Chapter VI" fand. Das anschließende "Seven Silver Keys" wiederum hält sich sowohl davon als auch von etwaigen Helloween-Anklängen fern, sondern nimmt einen leichten Schwebezustand ein, der mit der stonerlastigeren Ausrichtung der Spätneunziger korrespondiert, und auch das drittplazierte "Assassin Of The Light" fährt einleitend ein eher stonerlastiges Riff auf, bevor sich ein relativ klassischer Candlemass-Powerdoomer entwickelt. Letztgenannte Richtung soll im weiteren Verlaufe des Albums dann die Oberhand behalten (ist ja auch kein Wunder bei der Besetzung), allerdings hat man aus den Neunzigern noch ein Element herübergerettet, nämlich die "additional keyboards" von Carl Westholm, der seit dem grandiosen Abstrakt Algebra-Einzling von 1995 zum Umfeld von Leif Edling gehört und beispielsweise in "Copernicus" für einige themenorientierte spacige Elemente sorgt, die man so von der Schwedentruppe auch noch nicht kannte. Das Instrumental "The Man Who Fell From The Sky" wiederum klingt, als würden Monster Magnet versuchen, einen Candlemass-Song möglichst originalgetreu nachzuschaffen, und sie würden in dem Falle nur ganz knapp scheitern. Letztlich machen Candlemass an Position 6 vor, wie sie sich die Übersetzung ihrer klassischen Taten in die Jetztzeit vorstellen: "Witches" hätte im Prinzip unverändert auch auf "Nightfall", "Ancient Dreams" oder "Tales Of Creation" stehen können und wäre dort auch qualitativ nicht aus dem Rahmen gefallen, ist zudem auch der erste der neuen Tracks, wo sich Lars Johansson an der Leadgitarre ein wenig mehr Freiraum erlauben darf und zumindest mit den ersten Leadparts ein kleines Manko von "Candlemass" ansatzweise auszugleichen hilft: Die "Hitdichte" ist nicht ganz so groß wie auf den früheren Alben, die damals beeindruckende Kombination aus Anspruch und Eingängigkeit konnte nicht ganz ins Jahr 2005 hinübertransformiert werden, wenngleich es auch diesmal wenn schon keine merkfähigen Refrains, dann zumindest wieder einige fetzenartige Passagen gibt, die man als Schlagworte nicht mehr aus dem Hirn bekommt. Und "Born In A Tank" ist dann wieder so ein Song, den man sich eher anhand des ersten Leadgitarreneinsatzes als anhand des Refrains merkt, wohingegen es bei "Spellbreaker" eher die refrainartige und von Messiah mit großer Ausdruckskraft gestaltete Zeile "The mother of life is a whore" ist, die der Hörer als Anhaltspunkt verwenden kann. Nun geht es bei Doombands im allgemeinen und bei Candlemass im speziellen natürlich nicht um Hits, aber die Schweden waren schon immer Vertreter der "zugänglicheren" Doomsparte, die eben mehr mit Power Metal und dessen größerer Fanschar am Hut hatte als mit eingenischten Minimalisten der Marke Winter oder Thergothon, und damit müssen sie ihr Material schon auch anhand der Breitenkompatibilität messen lassen. Ob das der Grund ist, daß sie eigentlich gar keinen durchgehend richtig schleppenden Song aufgenommen haben, weiß ich nicht, aber zum Doomtanzen sollten sich die zehn neuen Songs problemlos eignen, und davon konnten sich die geneigten Anhänger auf diversen Festivals und der Tour mit Destruction in diesem Jahr ja auch schon überzeugen. Trotzdem muß konstatiert werden, daß die ganz großen Klassiker auf "Candlemass" durch Abwesenheit glänzen, wenngleich mit "Black Dwarf", "Witches" oder dem entrückt beginnenden, bald aber in traditionellster Manier losstampfenden und den regulären Albumteil auf höchstem Niveau beschließenden "The Day And The Night" (der allerdickste Kandidat für die Aufnahme auf "Tales Of Ancient Nightfall") sehr starke Songs zu Buche stehen, die den Erwerb des simpel, aber effektiv gestalteten Scheibchens mehr als rechtfertigen.
Kontakt: www.candlemass.se, www.nuclearblast.de

Tracklist:
Black Dwarf
Seven Silver Keys
Assassin Of The Light
Copernicus
The Man Who Fell From The Sky
Witches
Born In A Tank
Spellbreaker
The Day And The Night
Mars And Volcanos





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