www.Crossover-agm.de BULBOSPONGIOSUS: Automata
von ta

BULBOSPONGIOSUS: Automata   (Eigenproduktion)

Man erlaube mir, von diesem Werk dezent überfordert zu sein. Bulbospongiosus spielen auf ihren 77minütigen Debüt eine Mischung aus Progressive Rock, Psychedelic, Ambient und Industrial, gemischt mit einer Prise Metal hier und da und allerlei Seltsamkeiten. Der Gesang - wenn er denn gesungen und nicht gesprochen ausfällt - ist deutlich an Pink Floyd orientiert, was besonders bei den Chören und bei den typischen Gilmour-Gesangslinien deutlich wird, bei denen eine Stimme sehr hoch und eine sehr tief singt (vgl. bspw. "Anthem (Indoctrination)"); das Timbre des Sängers - wie auch immer er heißen möge, weder die Myspace-Seite der Band noch die CD geben darüber Auskunft - ähnelt außerdem sehr dem von Gilmour. "Automata" fehlt jedoch die ganze Wärme von Pink Floyd. Das liegt einmal an der höhenlastigen Produktion, dann am klinischen Drumcomputer und zuletzt, weil der Prog Rock eben nur ein Element ist; daneben gibt es bergeweise verzerrte Vocals, Industrial-Beats, rhythmisch orientierte Synthesizer und haufenweise seltsame Kombinationen der Einzelelemente. Man höre etwa das prototypische "No Warning (Invasion)". Ein stoischer Bass-Beat, kein Schlagzeug, eine wildgewordene Gitarre, die im Hintergrund schräge Skalen spielt, während den Vordergrund eine Mischung aus Industrial-Sprechgesang und Feelgood-Prog-Gesang dominiert. Die Kombination ist progressiv, überrascht, man kennt sie so nicht, das Gesamtkonstrukt ist mir aber zu ziellos. Ich kann nicht sagen, wo die Band damit hinwill, und finde den ganzen Song bis zum atmosphärischen zweiten Teil, der nur auf einem einzigen, mit Samples verfeinerten Keyboard-Akkord beruht, unverständlich. Und ebenso geht es mir bei etlichen anderen Stücken. Die Atmosphäre ist durchweg kalt und entrückt, aber bei all dem einfach nicht zwingend. Man kann sich ihr leicht entziehen und findet das Gehörte dann nur noch obskur, ich zumindest.
Ausnahmen von der Regel gibt es natürlich auch: "Song Of Yes (Inspiration)" etwa mit seinen NDW-artigen Passagen, exzellenten Hooklines, Uralt-Mellotron-Einwürfen und einem organischen Gesamtbild, das die sehr verschiedenartigen Teile perfekt in sich fasst. Und ich kann auch nicht sagen, dass die langen Ambient-Passagen nicht eine entrückte Stimmung hätten, die dann doch mal zwingend ausfallen kann. Am augenfälligsten geschieht das im siebenminütigen Outro "Room 101 (Interrogation)", wenn das spartanische Klavierthema ab der fünften Minute von dunklen Synthies und einem weichen Dance-artigen Beat getragen wird und schließlich in düsteren Sprechsamples aufgeht. "Dead Air For Radios", der 1998er Erstling von Chroma Key - dem Solo-Projekt von Ex-Dream-Theater-Keyboarder Kevin Moore - hatte streckenweise eine ähnliche Atmosphäre.
Aber das sind Geistesblitze, die sich willkürlich über das ganze Album verteilen. Über weite Teile bleibt mir "Automata" verschlossen. Nichtsdestotrotz sind Mut und Kreativität von Bulbospongiosus neidlos anzuerkennen und jedem Freund avantgardistischer Klänge ist ein Blick auf die Myspace-Seite der Band dringend angeraten. "Automata" ist so ungewöhnlich, dass völlig unterschiedliche Reaktionen vorprogrammiert sind.
Kontakt: www.myspace.com/bulbospongiosus

Tracklist:
01. Election Year (Inception)
02. Anthem (Indoctrination)
03. 25 Tons (Interception)
04. Turns Out (Insulation)
05. No Warning (Invasion)
06. Operation Broadsword (Incinneration)
07. Automata (Integration)
08. Rica The Bea (Introspection)
09. Song Of Yes (Inspiration)
10. No Kill Man (Insurrection)
11. A Fountain Of Lead (Inversion)
12. One Shot Left (Intimidation)
13. Stop Truth (Intervention)
14. White Mice (Inquisition)
15. Room 101 (Interrogation)



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