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von rls

BRASSMEN: Villeroy & Bach   (GerthMusic)

Wenn man sich das Booklet mal genau durchliest, fällt auf, daß die vorliegende CD eigentlich gar nicht als Jubiläums-CD zum 10jährigen Bestehen der brAssMEN (so die etwas skurrile Originalschreibweise des Ensemblenamens, deren Hintersinn sich erst beim zweiten Blick erschließt) geplant gewesen zu sein scheint. Selbiges Jubiläum stand anno 2004 auf dem Programm, die Planungen für die CD haben aber schon 2001 begonnen. Diverse Familienzuwächse und der bei vielbeschäftigten Musikern wie den fünf Blech-Herren (man verzeihe mir diese etwas freie Übersetzung - man könnte sie auch als Metaller bezeichnen :-)) naturgemäß recht volle Terminkalender schoben die Aufnahmen allerdings bis November 2003 hinaus, und nun liegt die CD halt als Geburtstagspräsent auf dem Gabentisch. 20 Tracks hat die süddeutsche Blechbläserformation, verstärkt noch um Gastmusiker Helmut Kandert (Trommeln und sonstige Geräusche), eingezimmert, nicht thematisch sortiert, sondern quer durch den stilistischen Gemüsegarten, den ein zeitgenössisches Blechbläserensemble mit gleichermaßen christlichem Anspruch wie humoriger Attitüde üblicherweise bepflanzt (wobei es ja gar nicht sooo viele Gleichgesinnte gibt, was den brAssMEN in gewisser Weise ein Alleinstellungsmerkmal verleiht). Daß die Truppe im besten Sinne "nicht ganz dicht" sein kann, zeigt neben dem coolen Wortspiel im Titel schon das Cover, wo man als Instrumente neben zwei Trompeten, einem Horn und einer Posaune auch ein Klo (!) entdeckt, das im letzten Track der CD auch tatsächlich zum Einsatz kommt: Das niegelnagelneue Becken mit Quellwasser gefüllt, wurde ein Schlauch samt Mundstück an den Abfluß angeschlossen, das Ganze gestimmt (!), und man intonierte damit Marc-Antoine Charpentiers "Te Deum" - als Eurovisionshymne weitreichend bekannt, kann man die Struktur und die Melodie der Baßlinie aus dem Geblubber tatsächlich heraushören, und dieser Track erhielt den passenden Namen "W-Ceum". Hört man die CD in der regulären Reihenfolge durch, entdeckt man gleichzu Beginn das nächste versenkte U-Boot: Helmut Kandert beginnt hinter seinem Schlagzeug zu jodeln, und die Truppe spielt Slavko Avseniks "Trompeten Echo (NaGolici)", welches der wahlweise geplagte oder erfreute Hörer aus zig Volksmusiksendungen kennt. Kultig ist die Version hier allemal, und mit den Folgetracks beweisen die brAssMEN, daß sie vor lauter Komik auch den ernsthaften Aspekt, der automatisch mit dem Musikmachen (und sei es dem Intonieren von Funpunk) verbunden ist, nicht vernachlässigen. Einerseits geht's also zu den Klassikern zurück, von denen etwa Vivaldi mit einem "Konzert für 2 Piccolotrompeten und den 'Rest'" zum Zuge kommt und natürlich auch der große Johann Sebastian Bach nicht fehlen darf. Dessen wunderbar weicher Choral "Tausendmal gedenk ich dein" gerät zu einem der Highlights der CD, besonders seine ersten beiden Strophen, die solistisch vom Flügelhorn bzw. vom Flügelhorn und der Tuba (oder ist das ein anderes der beiden im Baß eingesetzten Instrumente? Egal!)vorgetragen werden, wobei bewiesen wird, daß der Baß mehr kann als nur im Subbereich Stützpfeiler bilden. Einen weiteren Schwerpunkt bildet moderne Bläsermusik aus dem blues-, ragtime- oder gospellastigen Bereich, wo man etwa "Go, Tell It On The Mountain" oder gleich ein komplettes Medley namens "Spiritual Moments" (hier ist etwa "Go Down, Moses" enthalten) intoniert. Noch ein weiteres Medley gibt's - ein Widmungsarrangement von Hans Joachim Eißler, der die vier dem Neuen Geistlichen Lied zuzurechnenden Songs "Leben aus der Quelle", "Jesus, wir sehen auf dich", "Lobe den Herrn, meine Seele" (na gut, der Titel ist nur bedingt neu ...) und "Jesus, dein Licht" verquickte. Daß alles mit technischer Perfektion eingespielt wurde, versteht sich im Prinzip von selbst, und daß der Lautstärkepegel eher einer E-Musik- als einer U-Musik-Produktion entspricht (man verstehe die beiden Begriffe hier wertfrei), daran kann man sich ja gewöhnen und mit einem Griff zum Lautstärkeregler Abhilfe schaffen (vor dem Reviewdurchlauf dieser CD hatte ich Dream Theaters "Train Of Thought" zum Reviewdurchlauf im Player ...). Und daß die Herren nicht nur kollektiv, sondern auch im begleiteten Solodurchgang nichts anbrennen lassen, beweisen "Tuba-Duba-Blues" (hier darf Richard Meinl ran, dessen Hauptinstrument auf dem Cover dem Klo weichen mußte) und "Blues For Brass", wo Posaunist Klaus-Peter Diehl die Stelle des Alleinkämpfers/-herrschers einnimmt. Zwar schleichen sich unterwegs mal ganz kurze Momente der Langeweile ein (etwa im phasenweise etwas langatmigen "After You've Gone", dem zu allem Überfluß auch noch das stilistisch ähnliche "Blues And Rag" folgt), aber der Hörer wird meist recht schnell wieder aktiviert, wenn einer der fünf Herren ein blitzartiges Kabinettstückchen einwerfen darf oder sich der Stil rapide ändert (besagtem "Blues And Rag" etwa folgt wieder mal good old Bach mit dem "Marsch zum dramma per musica", welchselbiges auf den kompletten Namen "Auf, schmetternde Töne der muntern Trompeten" hört und vom Titel her irgendwie Programmusik darstellt). Mit dem "Colonel Bogey Marsch" (bekanntlich eine Art Bergsteigermusik - der Soundtrack zur Besteigung des Underbergs) und dem von einem Holz- auf ein Blechblasinstrument umfunktionierten "Klarinetten(Tuba)-Muckl" (mit Tubaläufen in Höchstgeschwindigkeit und mal eben eingejammten Melodieläufen wie "Oh du lieber Augustin") steigt der Kultfaktor der CD gegen Ende hin (noch vor dem "W-Ceum") nochmal rapide an. Livegigs der brAssMEN sollen dem Vernehmen nach gleichermaßen unterhaltsam wie geistlich anregend sein, also nehme ich mir vor, die Truppe bei passender Gelegenheit auch mal auf der Bühne zu begutachten, und empfehle derweil diese ihre dritte CD allen humorvollen Freunden abwechslungsreicher Bläsermusik.
Kontakt: www.brassmen.de, www.gerth.de

Tracklist:
Das Kandertsche Jodeldiplom - Trompeten Echo (NaGolici)
Festliche Bläsermusik
Brass Boogie
Go, Tell It On The Mountain
Spiritual Moments
Was Gott tut, das ist wohlgetan
Was Gott tut, das ist wohlgetan (Choral)
Praise-Medley
Tausendmal gedenk ich dein
Alexanders Ragtime Band
Konzert für 2 Piccolotrompeten und den "Rest": Allegro
Konzert für 2 Piccolotrompeten und den "Rest": Largo und Allegro
After You've Gone
Blues And Rag
Marsch zum dramma per musica
Tuba-Duba-Blues
Colonel Bogey Marsch
Blues For Brass
Klarinetten (Tuba)-Muckl
W-Ceum



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