www.Crossover-agm.de BLOOD RED ANGEL: The State Of Insanity
von rls

BLOOD RED ANGEL: The State Of Insanity    (Gutter Records)

Viel geändert hat sich bei Blood Red Angel erwartungsgemäß nicht. Nach dem witzigen Intro (klingt, als würde eine Siebziger-Pomprockformation einen ihrer Gigs eröffnen) steht zehnmal abwechslungsreicher Thrash Metal auf dem Programm, dem moderne Anwandlungen und stilfremde Einflüsse relativ fremd sind. Trotzdem sind Blood Red Angel keine Band von der Stange, wofür wie schon beim 2000er Debüt "The Language Of Hate" zwei Faktoren hauptverantwortlich zeichnen. Die Instrumentalarbeit verdeutlicht nach wie vor, daß hier Ex-Mitglieder der Proggies Vernissage mitspielen - nicht daß das Ganze nun sehr verschachtelt wäre, aber als Proggie muß man rhythmisch wie melodisch auch in komplexeren Situationen extrem exakt spielen können, und das tun speziell die beiden Gitarristen, die zudem auch ein gutes Händchen für Melodieanflüge in Bridges wie Soli beweisen, ohne damit aber die Songs zu zerpflücken. Phasenweise erinnern mich die Instrumentalisten an Annihilator zu "Never Neverland"-Zeiten, auch wenn die Genialität eines Jeff Waters natürlich unreproduzierbar bleibt und auch der Sound beträchtlich anders ist, zudem die Tracks bedeutend weniger Akustikbreaks oder überraschende Wendungen besitzen als die der Ahornblätter. Faktor zwei ist der Gesang von Klaus Spangenberg. Der würde, wenn man ihn nach den Unterschieden zu seinem Gesang auf dem Debüt befragt, wahrscheinlich sagen, er habe sich weiterentwickelt. Das ist nüchtern betrachtet durchaus richtig, aber seine nunmehrige Konzentration auf eher klassisches Thrash-Shouting raubt Blood Red Angel eine gewisse Portion von ihrer Eigenständigkeit. Zum Glück ist es nun auch wieder nicht so weit gekommen, daß Klaus seine fast göteborgdeathig kreischende Artikulation ganz an den Nagel gehängt hätte - "Cold Flesh" ist das beste Gegenbeispiel -, aber er hat diese Form der Lautäußerung doch merklich reduziert, damit aber gleichzeitig seine Stimmvielfalt noch ein wenig erweitert, so daß man letzten Endes in allen Betrachtungsweisen (außer derjenigen, die ein konsequentes Beibehalten aller stilistischer Ausprägungen fordert, und derjenigen, die alles jenseits von Bill Haley sowieso nur als unstrukturierten Lärm ansieht) zufrieden sein kann. Die Lyrics greifen - auch das hat sich im Vergleich zum Debüt nicht geändert - Probleme dieser Welt auf und bringen die Meinung der Band dazu mit recht deutlichen Worten zum Ausdruck. "Disturb The Celebration" etwa befaßt sich mit gehirnwäscherischen Sekten oder solchen Religionsformen, für die der Terminus "Toleranz" ein Fremdwort ist. Eine kleine Konzeptstory gibt's auch - diese ist lustigerweise aber in vier Songs des Albums verteilt, die keineswegs am Stück stehen. Massenmörder und der Versuch der Darstellung der Hintergründe ihres Handelns sind im Metal ja ein beliebtes Thema (die Ausnutzung der puren Schockwirkung von Massenmördergeschichten ohne jegliche Auseinandersetzung ist leider mindestens genauso beliebt) - Blood Red Angel haben sich allerdings nicht mit hinreichend ausgeschlachteten Themen wie Jack The Ripper oder Jeffrey Dahmer aufgehalten, sondern sich Gilles de Rais vorgenommen, einen französischen Adligen des Mittelalters, der dadurch auffiel, daß immer mal junge Leute, die handelshalber auf seiner Burg zu tun hatten, von dort nicht zurückkehrten. Sowohl im Booklet als auch im Infoblatt werden "Insanity Divine", "Release", "Blood-Stained" und "Invocation" als zu dieser kleinen Geschichte gehörig aufgeführt - ich frage mich allerdings nach dem Lesen der Lyrics, ob sich da nicht ein kleiner Fehler eingeschlichen hat, paßt doch der Text von "Cold Flesh" viel besser in die konkrete Situation hinein als das vielschichtiger zu interpretierende "Release". Aber sei's drum. Wer schon den Erstling mochte, macht mit dem Erwerb der knapp 40 Minuten von "The State Of Insanity" nichts verkehrt, live wollen die Krefelder nach dem Plattenrelease auch wieder aktiv werden, und als Freund altmodischen Thrash Metals (ist positiv gemeint) sollte man Blood Red Angel durchaus mal ein bis mehrere Ohren leihen. Da kann man auch über das wenig beglückende Cover (sowohl vom ideenfinderischen als auch vom kontrasttechnischen Aspekt) hinwegsehen.







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