www.Crossover-agm.de BLACKSTORM: Twist Of Fate
von rls

BLACKSTORM: Twist Of Fate   (Arkeyn Steel Records)

Als gäbe es noch nicht genügend Neuveröffentlichungen in der metallischen Welt, sind zugleich die Schatzgräber am Werk und buddeln reihenweise vergessene Bands aus, deren Tonzeugnisse längst unter einer dicken Schicht anderer Scheiben, Dateien oder, jawohl, Kassetten ruhten und auf ewig begraben schienen, wenn sie nicht hier und da in Liebhaberhaushalten doch noch ab und zu den Weg in die Abspielgeräte fanden, allerdings nur selten, denn auch bei den meisten dieser Liebhaber ist die Sammlung über die Jahre und Jahrzehnte hinweg immer größer geworden, das Zeitbudget fürs Hören der archivierten Tonzeugnisse im Regelfall aber nicht. Da bedarf es dann in der Regel eines äußeren Anstoßes, und bei den zahlreichen Menschen, denen die betreffende Band schon zu deren Lebzeiten entgangen war oder die zu besagtem Zeitpunkt vielleicht noch gar nicht geboren waren, ergibt sich immerhin noch die Möglichkeit reizvoller Neuentdeckungen. 1000 Menschen haben jetzt bezüglich der Band Blackstorm die Chance auf einen solchen Anstoß oder eine Neuentdeckung, denn auf ebenjene Stückzahl limitiert ist die "Twist Of Fate"-CD, die quasi das Gesamtwerk Blackstorms enthält. Die Encyclopedia Metallum nennt zwar neben den drei Demos, deren Material im Prinzip komplett auf "Twist Of Fate" enthalten ist, noch ein viertes, namenloses und 1992 eingespieltes, aber dessen drei Songs "House Of Dreams", "Ashes To Ashes" und "Escape" stehen allesamt auch auf den anderen Demos, so daß es sich möglicherweise um eine Verwechslung mit einem Video aus diesem Jahr handelt, das drei Songs in "Live im Studio"-Performances enthält. Die ansonsten sehr informativen Liner Notes in der CD nennen die Songtitel nicht, erwähnen aber, alle drei Songs würden vom letzten Demo "The Lands Of Yesterday" stammen, was auf die beiden letztgenannten auch zutrifft, während "House Of Dreams" indes zunächst auf dem Vorgänger "Tales From The Wishing Well" stand, allerdings für "The Lands Of Yesterday" nochmal neu eingespielt wurde. Das kleine Rätsel ist an dieser Stelle nicht aufzuklären - konzentrieren wir uns also statt dessen auf die Betrachtung der Musik. "The Lands Of Yesterday" kann für das Jahr 1992 durchaus als programmatische Ansage gewertet werden: Blackstorm waren Traditionsmetaller und zählten zu der Kohorte von Bands, die sich zwar einen ansehnlichen lokalen Status erspielen konnten, über diesen aber nie hinauskamen und schließlich in der durch die Lande rollenden Grungewelle, die auch größeren Bands den Boden unter den Füßen wegzog, beispielsweise Vicious Rumors, deren Mastermind Geoff Thorpe Teile des zweiten Demos "Tales From The Wishing Well" als Produzent betreute und für die Blackstorm einstmals als Support spielten, gar keine Zukunft für sich mehr sahen, so daß sie ihre Aktivitäten einstellten. Witzigerweise versuchten die beiden Bandgründer Greg Sablan (dr) und William Santos (v) zunächst, in ihrer Heimat eine Band zusammenzustellen, was sich allerdings als praktisch undurchführbar erwies - die den USA gehörende Pazifikinsel Guam bot offensichtlich doch zu wenige personelle Möglichkeiten. So bauten die beiden Blackstorm dann in Kalifornien auf und spielten in Quintettbesetzung 1987 ihre ersten acht Songs ein, von denen sechs als "Twist Of Fate"-Demo das Licht der Welt erblickten, während "House Of Dreams" und "Test Of Time" zunächst zurückgestellt und erst auf "Tales From The Wishing Well" doch noch veröffentlicht wurden. Der Titeltrack von "Twist Of Fate" eröffnet das Demo und die vorliegende CD, führt allerdings in eine geringfügig falsche Richtung: Würde man ausschließlich ihn als Maßstab nehmen, wären Blackstorm in die progressive Speed Metal-Ecke einzusortieren, aber die Geschwindigkeit der meisten anderen Kompositionen liegt weiter unten, und auch die Geradlinigkeit nimmt zu, so daß auch das "progressiv"-Etikett nicht so richtig gerechtfertigt wäre, wenngleich auch andere Songs durchaus kompliziert gestrickte Passagen beinhalten. Vor allem die Gitarrensoli fallen mit großem Einfallsreichtum positiv auf, während Santos' Gesang durchaus seinen Zweck erfüllt, aber keine ganz großen Bäume ausreißt. Mit "Merciless Peril" landen Blackstorm sogar fast im Melodic Rock und machen auch dort keine schlechte Figur, wobei ihnen allerdings die Eingängigkeit für einen etwaigen größeren Erfolg fehlte. So gelang auch mit der hübschen, leicht angedüsterten Ballade "Visions" kein größerer Erfolg und mit den härteren Kompositionen ebenfalls nicht - Labels wie Atlantic oder Metal Blade winkten ab, und Blackstorm waren gezwungen, auch weiterhin in Eigenregie zu arbeiten. Kurioserweise bildete "Visions" den Auftakt zum "Tales From The Wishing Well"-Demo - als Metalband sein Tonzeugnis mit einer Ballade zu eröffnen und mit "Vertigo" einen auch nicht sonderlich energischen Track, der erst im Soloteil richtig vom Leder zieht, dahinterzupacken konnte einem fanseitig damals durchaus das Genick brechen. Und noch ein Kuriosum: "Test Of Time" hat einen ganz anderen und viel druckvolleren Rhythmusgitarrensound als das aus der gleichen 1987er Session stammende "House Of Dreams". Das originale Demo enthielt danach noch eine ebenfalls schon 1987 eingespielte Zweitfassung von "Twist Of Fate", die über sechs Minuten dauert und daher auf die knapp 76minütige CD nicht mehr draufgepaßt hätte. Interessanterweise sind auch die drei Thorpe-Aufnahmen soundlich keineswegs state of the art, und so besitzen die fünf vertretenen Songs von "The Lands Of Yesterday" (die Neueinspielung von "House Of Dreams" wurde auf der CD wiederum aus Platzgründen weggelassen) das beste Soundgewand aller Blackstorm-Aufnahmen, das durchaus mit aktuellen Standards mithalten kann. Allerdings hatte sich die Musik etwas verändert: Santos war durch David Locken ersetzt worden, und Gitarrist Robert Kolowitz hatte die Band verlassen, so daß David Matela als einziger Gitarrist verblieb. Das nutzten Blackstorm gleich als Stilmittel: Im flotten "Faith Or Fear" liegt unter dem Hauptsolo keine Rhythmusgitarre, so daß zumindest in diesem Teil eine Livesituation abgebildet wird, während das Riffing mit darübergelegten Leads eigentlich weiterhin auf zwei Gitarristen ausgerichtet ist. Die Geradlinigkeit in der Musik war nochmals deutlich gewachsen, Blackstorm jetzt fast zu einer klassischen Melodic Metal-Band machend (allerdings mit immer noch wenig gradliniger Drumarbeit, sondern eher mit verschleppten Figuren arbeitend), und David Lockens Stimme unterschied sich deutlich von der seines Vorgängers, etwas rauher, aber trotzdem technisch sauber und sehr sicher. Überzeugen kann der Neue, der in den Höhen manchmal ein klein wenig nach Ian Gillan klingt, sowohl in den harten Kompositionen als auch in der Halbballade "The Lands Of Yesterday", die mit Position 2 wieder mal recht weit vorn plaziert ist. "Ashes To Ashes" läßt dann sogar noch kurze Rock'n'Roll-Elemente aufblitzen und repetiert das Stilmittel des Hauptsolos von "Faith Or Fear" in leicht abgewandelter Form: Die Leads erfahren außer dem kräftigen Baß von Marko Parker auch noch eine Stützung durch einige Akustikgitarrenakkorde, die live dann vermutlich auch weggelassen wurden. Parker darf schließlich in "Escape" sogar selber solieren. Kurze Zeit später allerdings wollte diesen Stil dann niemand mehr hören, David Locken verließ die Band wieder, und das verbliebene Trio gab ebenfalls auf; aus der für 2009 ins Auge gefaßten Reunion, die am Ende der Liner Notes von Greg Sablan in Aussicht gestellt wird, scheint zumindest nichts in größerem Maßstab Zählbares erwachsen zu sein. Blackstorm waren sicherlich keine Band der ersten Reihe, aber besonders das Können ihrer Gitarristen sichert ihren Werken den Wert reizvoller Kleinodien, die man als Liebhaber des amerikanischen Traditionsmetals durchaus antesten kann, solange es von den 1000 mit dem eher unfreiwillig komisch wirkenden Cover (das von Faust herbeigezauberte Monster in der Rauchwolke sieht ein bißchen aus wie der den Hasen stets vergeblich verfolgende Wolf in den bekannten sowjetischen Zeichentrickfilmen) gepreßten Exemplaren noch welche gibt.
Kontakt: rgsablan@investguam.com, www.arkeynsteel.com

Tracklist:
Twist Of Fate
Thieves Of The Night
The Confrontation
Merciless Peril
Edgerunner
Bad Winds Rising
Visions
Vertigo
Ship Of Fools
House Of Dreams
Test Of Time
Faith Or Fear
The Lands Of Yesterday
Peace Of Mind
Ashes To Ashes
Escape



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