www.Crossover-agm.de BLACK HAWK: Dragonride
von rls

BLACK HAWK: Dragonride   (Karthago Records)

Der Schwarze Falke breitet seine Flügel über dem Raum Hamburg aus und beamt sich dann mehr als 20 Jahre zurück, um seine Opfer unter den Anhängern nicht gestrigen, sondern vorgestrigen Metals zu greifen. Black Hawk klingen ungelogen, als habe es seit 1985 keine Entwicklung mehr in der musikalischen Welt gegeben, was man wahlweise als Kompliment oder als Manko interpretieren kann. Immerhin bringen sie es fertig, den Verstaubtheitscharakter, den etwa eine Band wie Pegazus transportiert und der in diesem Falle nur bedingt als Plus zu werten ist, nicht in diesem übertriebenen Maße zu reproduzieren, und sie halten sich auch von Siebziger-Einflüssen konsequent fern, verfolgen dafür eine konsequente Arbeitsteilung der Gitarristen - soll heißen, Leads spielt fast durchgängig nur einer und das auch nur zu fest definierten Zeiten. Thorsten Bettges diesbezügliche Beiträge sind allerdings auch das Beste an Black Hawk, denn obwohl auch er in einem sehr eng belassenen Spektrum musiziert, reizt er dieses doch so weit aus, daß er einige melodische, flitzefingerige oder beide Tugenden vereinigende Glanzlichter setzen kann. Was die Beschränkung auf das, was man beherrscht, für positive Wirkungen haben kann, bemerkt man am schnellsten an den Gegenbeispielen: Kaum versuchen Black Hawk, in "Suicide" anspruchsvolleren Metal mit zahlreichen Tempowechseln zu erzeugen, erleiden sie zumindest im ersten Songteil mit dem fürchterlich deplazierten kurzen Prügelpart Schiffbruch, bevor sie sich in gewohnte Bahnen zurückbewegen, ein vernünftiges Grundriff erzeugen und einen für ihre Verhältnisse eleganten Speedpart anhängen - dann kommt der Prügelpart zum Schluß aber nochmal zum Vorschein und verdirbt alles wieder, wenngleich er möglicherweise durch die Umsetzung des Textes notwendig erschienen ist. Da kommt einem der nachfolgende Titeltrack gerade recht, denn hier pflegen Black Hawk wieder alle Tugenden des klassischen melodisch orientierten Metals, Thorsten Bettge brilliert an der Leadgitarre, und das Ganze läßt nur den Wunsch aufkommen, der bereits zuvor bisweilen ins Hirn gesprungen war, nämlich nach überzeugenderen Gesangsmelodien. Ein Refrain wie "Fight At Night" ist an Einfallslosigkeit kaum zu überbieten und wäre allenfalls noch von einem Ausnahmesänger irgendwie zu retten gewesen - aber einen solchen haben Black Hawk nicht in ihren Reihen, sondern lediglich einen normal guten: Udo Bethke (wenn der mal vor ein paar Jahrhunderten keine gemeinsamen Vorfahren mit seinem Leadgitarristen besaß, die sich dann schreibweisetechnisch auseinanderentwickelt haben) klingt in normalen Lagen von der Stimmfärbung her ein ganz klein wenig wie Messiah Marcolin, allerdings ohne dessen Stimmvolumen und Gestaltungsfähigkeit, auch ohne das Pathos des Italoschweden - der Vergleich hinkt also wie der Leibhaftige persönlich, aber mir fällt kein anderer ein, außer vielleicht noch dem Kollegen von den reunierten Ortsnachbarn Lake, der aber wieder deutlich mehr Blues in der Stimme hat. Auffällig in der Musik sind die Drums: Im völligen Gegensatz zu 99% aller anderen Metalbands legt Gonzo Loss (der die Band mittlerweile verlassen hat und durch Niko Schaper ersetzt worden ist) sehr wenig Wert auf die Ausgestaltung der Bassdrums, die passenderweise auch so weit im akustischen Hintergrund stehen, daß man sie bei Zimmerlautstärke erst im neunten Song "Let Us Break The Night Down" etwas deutlicher wahrnimmt und selbst dort nicht durchgängig - eine weitere Parallele zum Achtziger-Traditionsmetal, der über weite Strecken den Doublebass-Overkill der späteren Jahre auch noch nicht kannte. Black Hawk sind also bekennende Traditionalisten, den Mitgliederfotos nach zu urteilen auch nicht mehr die Jüngsten und tatsächlich schon seit den Achtzigern aktiv, wie man auf der CD feststellen kann, denn die enthält nach den elf regulären Songs noch sechs Bonustracks. Dabei ist die Herkunft des ersten namens "Our Land" nirgendwo vermerkt (soundlich unterscheidet er sich nicht von den ersten elf, wohl aber musikalisch, denn hier hobelt die Band klassische Rock'n'Roll-Riffs und -Harmonien über speedigen Drums herunter, was richtig Spaß macht), aber danach folgen noch die fünf Songs einer Mini-LP namens "First Attack", und die stammt aus dem Jahre 1989 und scheint so selten zu sein, daß die Band in keinem meiner Nachschlagewerke Aufnahme gefunden hat. Das Bandlogo ist damals schon das gleiche gewesen (also auch mit der "falschen" Greifvogelsilhouette, denn die Flügelform legt nahe, daß das gezeichnete Tier alles andere ist, aber kein Falke), und das im Booklet abgebildete Cover zeigt fünf Gestalten mit Flippers-kompatiblen Frisuren im Gegenlicht, läßt also keine Rückschlüsse auf die damals aktive Besetzung zu - man kann lediglich vermuten, daß damals noch ein Mensch namens Holger Burmester in der Band spielte, denn der bekommt für die Neuaufnahmen von "Dark Strange Night" und "Point Of The Sword" Songwritingcredits und hat auch an anderen Songs wie der Bandhymne "Black Hawk" mitgeschrieben, so daß die Schlußfolgerung naheliegt, daß es sich noch bei weiteren der elf regulären Songs um Überbleibsel der Achtziger-Bandaktivität handelt, die aber damals nicht konserviert worden sind. Vom generellen Stil her entsprechen die fünf Songs von "First Attack" schon sehr genau dem, was dann 17 Jahre später als "Dragonride" auf Silizium gebannt worden ist, wobei das angesichts der rückwärtsgerichteten stilistischen Ausrichtung ja auch kein Wunder bzw. kein Kunststück darstellt. Recht dünn, aber durchhörbar produziert, kann man die Versionen der beiden neu eingespielten Songs schön vergleichen und stellt fest, daß sie 1989 sogar noch ein wenig stärker mit Einschüben, Backings und anderen kleinen Zutaten verziert waren und 2006 auf ihre Basis heruntergebrochen wurden (auch der damalige Titeltrack beispielsweise besitzt Gestaltungselemente, deren Einsatz beim Einspielen der anderen Tracks offenbar verboten wurden). Der Sänger klingt ähnlich, aber doch unterscheidbar, nämlich geringfügig rauher, der Job des Leadgitarristen ist aber ohrenscheinlich damals genauso besetzt wie heute, der Wunsch nach überzeugenderen Gesangsmelodien konnte schon damals angehörs eher einfältiger Exempel wie "Midnight Hero" aufkommen, und schon damals gingen die Pferde auch mal kurz mit der Band durch, wie wiederum die eher unkoordiniert wirkenden Übergänge in die Speedpassagen in "Midnight Hero" beweisen (wobei nicht verschwiegen werden soll, daß die zweite, die das Hauptsolo beinhaltet, dann richtig Spaß zu machen beginnt). Außerdem transportiert "Sea Of Thousand Deaths" noch einen Einfluß, der im restlichen Schaffen außen vor geblieben ist: Die Akustik-Elektrik-Kombinationen erinnern irgendwie an Accepts "The King" und setzen noch ein reizvolles Glanzlicht, geringfügig eingetrübt lediglich durch die in den Breaks arg künstlich klingenden Drums, die ungelogen an die bereits erwähnten Flippers gemahnen. Aber das bleibt ein Ausrutscher und die reichlich einstündige CD somit für Anhänger der alten metallischen Schule, die 1985 mit ihrer musikalischen Weiterentwicklung abgeschlossen haben, empfehlenswert.
Kontakt: Stefan Riermaier, Feichtetstraße 41, 82343 Possenhofen, riermaier@aol.com, www.karthagorecords.de, www.black-hawk-music.de

Tracklist:
Dark Strange Night
Lose My Mind
Point Of The Sword
Fight At Night
Suicide
Dragonride
Burning Angels
Saturday Night
Let Us Break The Night Down
Black Wheel Dealer
Black Hawk
Our Land
First Attack
Point Of The Sword
Midnight Hero
Sea Of Thousand Deaths
Dark Strange Night
 




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