www.Crossover-agm.de BEYOND THE BLACK: Lost In Forever
von rls

BEYOND THE BLACK: Lost In Forever   (Airforce 1 Records)

Quasi aus dem Stand haben Beyond The Black eine steile Karriere hingelegt, nach dem Debüt-Gig in Wacken 2014 ein Jahr später ebendort nochmal gespielt, mit dem Debütalbum "Songs Of Love And Death" einiges an Auszeichnungen eingeheimst und fürs Frühjahr 2016 sogar den Supportslot für die Tour zum 50jährigen Bestehen der Scorpions ergattert, auch wenn die dann nicht so lief wie geplant, da nach Klaus Meines Stimmverlust die hintere Hälfte der Tour gecancelt werden mußte. Noch rechtzeitig vor der Tour hatte auch das zweite Album "Lost In Forever" das Licht der Welt erblickt, gerade mal ein Jahr nach dem Erstling - was vor Jahrzehnten noch ein üblicher Turnus war, ist heutzutage eher selten geworden, hat im konkreten vorliegenden Fall allerdings auch einen strukturellen Hintergrund: Mit Aufgaben wie Songwriting oder dem Einspielen des Albums haben sich auch bei "Lost In Forever" überwiegend andere Menschen beschäftigt und nicht Beyond The Black selbst. Anhand der Coverentwicklung, die beim Debüt nur Sängerin Jennifer zeigte, welche damals auch das einzige Bandmitglied war, das auf dem Album zu hören war (die kurzen Growleinwürfe von Gitarrist Christopher sind strukturargumentativ eher zu vernachlässigen), jetzt auf dem zweiten Album aber das komplette Sextett abbildet, hätte man vermuten können, daß diesmal auch tatsächlich alle sechs im Proberaum die Songs erarbeitet und dann im Studio eingespielt haben - aber damit unterliegt man einem Trugschluß: Gitarrist Nils hat das folkangehauchte "Beyond The Mirror" geschrieben und im Studio dafür "additional keyboards" eingespielt, Christopher wirft wieder einige wenige Growls ein, und ansonsten ist wieder nur Jennifer direkt an der Platte beteiligt gewesen: drei der dreizehn Songs co-komponiert (mit drei bzw. vier anderen Menschen) und alle dreizehn eingesungen. Heißt praktisch: Auch mit "Lost In Forever" bleiben Beyond The Black ein Produzentenprojekt, das live von einer, wenn man es böse formulieren will, Coverband vertreten wird. Das Krech-Nissen-Team vom Debütalbum ist wieder dabei, aber die Hauptarbeit hat erneut Sascha Paeth geleistet. Daß der sein Fach versteht, darf als bekannt vorausgesetzt werden, und so gibt es auch an den vorliegenden 59 Minuten technisch nichts zu deuteln.
Für die konkrete Analyse könnte man weite Teile des Reviews zu "Songs Of Love And Death" zweitverwerten: "Lost In Forever" enthält erneut einen Querschnitt durch die melodiöse und angedüsterte Orchestermetalwelt, der weitestgehend aller Spitzen beraubt wurde und dadurch im hohen Maße massenkompatibel ausgefallen ist. Drei Songs fallen etwas aus dem Rahmen: "Beautiful Lies" gleich in doppelter Hinsicht, nämlich durch den männlichen Gastgesang von Rick Altzi (unter dessen Betätigungsfeldern Masterplan wohl am populärsten sind) und durch den seltsam, aber interessant verschleppten Grundrhythmus, auf den man beim klassischen Songwritingprozeß im Proberaum wohl kaum gekommen wäre; dann das härtetechnisch einsam den Spitzenplatz erklimmende "Dies Irae" und schließlich die Akustikballade "Love's A Burden", die das Album abschließt und gleichzeitig die Krux des Ganzen deutlich macht: Selbst Jennifer klingt hier so distanziert und unemotional, daß selbst der wohlwollende Hörer, der sich an der beschriebenen Grundstruktur noch nicht stört, hier vom unguten Gefühl befallen wird, die Retorte habe dann doch die Oberhand behalten. Inwieweit es das als Beyond The Black auftretende Sextett schafft, mehr Emotionen auf die Bühne zu kriegen, müssen diejenigen Menschen entscheiden, die die Formation schon auf den Brettern gesehen haben, wozu sich unabhängig von der Frage, ob der Supportslot auch für die Scorpions-Nachholetermine im Spätherbst 2016 gilt, übers Jahr zumindest auf diversen Festivals (darunter scheinbar NICHT Wacken, sonst wäre das auf der zusätzlich eingelegten Covercard garantiert vermerkt gewesen) Gelegenheit bieten wird. Hier und da wird man allerdings das Gefühl nicht los, "Lost In Forever" enthalte Material, das für "Songs Of Love And Death" nicht gut genug war. Der eröffnende Titelsong besitzt noch einen merkfähigen Refrain, und die drei weiteren auffallenden Songs sind bereits genannt worden - der Rest enthält zwar auch noch die eine oder andere gute Idee, etwa die leicht keltisch anmutende Melodik in "Nevermore", aber gerade dieser Song eignet sich prächtig zur Untermalung der Argumentation, daß die Produzenten hier den Weg des geringsten Widerstandes gewählt haben und netter melodischer Celtic Metal entstanden ist, der niemandem wehtut, aber viel mehr Möglichkeiten geboten hätte, aus einem harmlosen einen richtig guten und mitreißenden Song zu schmieden. Und wenn man vorher das Material mal zu sechst durchgespielt hätte, wäre vielleicht auch der puzzleartige Charakter von "Shine And Shade" aufgefallen, das aus durchaus interessanten Einzelteilen besteht, die aber nicht aneinanderpassen und kein Ganzes ergeben wollen. Das ist schade, auch wenn es wie viele andere Problempunkte die Massen wohl wieder nicht stören wird. Wer "Songs Of Love And Death" mochte, kann "Lost In Forever", wenn er keine Steigerung erwartet, bedenkenlos sein Ohr schenken - aber wenn das neue Album der zweite Grundstein für eine große Bandkarriere sein soll, steht diese auf arg tönernen Füßen und bleibt wohl auch weiterhin auf externe Hilfe angewiesen. Was das Sextett Beyond The Black wirklich kann, diese Frage beantwortet "Lost In Forever" jedenfalls nicht.
Kontakt: www.beyondtheblack.de, www.universalmusic.de

Tracklist:
Lost In Forever
Beautiful Lies
Written In Blood
Against The World
Beyond The Mirror
Halo Of The Dark
Dies Irae
Forget My Name
Burning In Flames
Nevermore
Shine And Shade
Heaven In Hell
Love's A Burden
 




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