www.Crossover-agm.de BEHEMOTH: The Apostasy
von ta

BEHEMOTH: The Apostasy   (Regain Records)

Eigentlich erscheint diese Rezension viel zu spät, denn "The Apostasy" ist bereits seit beinahe einem halben Jahr veröffentlicht. Aber Behemoth sind nun mal - zusammen mit nicht einer Handvoll anderer Bands - das Beste, was es nun schon seit Jahren auf dem Death Metal-Markt zu ergattern gibt und von daher erschien es mir irgendwann unvermeidbar, dass auch ich noch ein paar Worte zu diesem Album verliere - spät, weil nicht von irgendeiner Plattenfirma verlangt.
"The Apostasy" ist anders als "Demigod", das wird bereits beim ersten Gang durch das Album klar. Zum Einen ist "The Apostasy" natürlicher, Nergals Stimme klingt wieder tiefer, basischer und wird nicht mehr gedoppelt, das Schlagzeug von Inferno ist zum ersten Mal seit Jahren nur noch minimal, nämlich an den Bassdrums getriggert - und was soll ich sagen: Der Drumsound ist absolut mörderisch, mithin der Geilste, den ich bis jetzt von Behemoth gehört habe: Die Snare knallt wie Sau, das Ride klingelt in den Ohren.
Zum Zweiten ist "The Apostasy" wieder etwas sperriger. Wo "Demigod" mit extrem eingängigem Riffing punktete, wurde hier wieder ein Schritt zurückgegangen, so dass sich das Album in meinen Ohren gitarrentechnisch wieder mehr an "Zos Kia Kultus" orientiert. Mit diesem Album teilt "The Apostasy" auch ein weiteres Merkmal: Die schier unmenschliche Brutalität, mit der hier vom Leder gezogen wird. "Slaying The Prophets Ov Isa", "Prometherion", "Kriegsphilosophie", "Arcana Hereticae", "Pazuzu" und "Christgrinding Avenue" sind sechs Songs, die nur als ein musikalischer Orkan beschrieben werden können. So intensiv, so versiert und auch so bestialisch schnell erlebt man extremen Metal selten, besonders "Slaying The Prophets Ov Isa" und "Pazuzu" stechen hier hervor: Ersterer wegen seinem unwiderstehlichen Drive und den ausgeklügelten Arrangements von der ersten bis zur letzten Minute, letzterer als ein reiner, ungezügelter Ausbruch rohester Gewalt, darin einem der vielen Hits des Vorgängers, "Slaves Shall Serve", recht ähnlich. Die Schlagzeugleistung in beiden Songs grenzt ans Rekordverdächtige: Blasts im Affenzahn, Breaks jenseits von gut und böse, dabei aber immer wieder verspielte Einsprengsel, ständige Wechsel der Leithand - selten so eine mitreißende Drumperformance auf einem Todesmetallalbum erlebt! Vom Hörgenuss her spielt Inferno m.E. inzwischen in einer Liga mit Derek Roddy (ex-Hate Eternal) und George Kollias (Nile).
Das Riffing erschließt sich, wie bereits angedeutet, weniger schnell, was besonders an den langsamen Songs deutlich wird. Hier muss gesondert auf "Inner Sanctum" hingewiesen werden, einen der ungewöhnlichsten Behemoth-Songs überhaupt: Groovige Rhythmusarbeit, düstere Sprechsamples und Rhythmusgitarren, wie man sie eher von einer Band wie Nevermore erwarten würde - just ist auch deren Warrel Dane im Refrain zu hören, mit gewohnt dramatischer, verzweifeler, gänsehautschürender Intonation. Toller Track! Eher mittelmäßig fällt dagegen das leichtgängige "Be Without Fear" aus, vermutlich der schwächste Song des Albums. Aber das kann man verkraften bei so vielen Killern.
Was Behemoth einmal mehr vom Wust an 08/15-Death Metal-Bands abhebt, sind auch die vielen atmosphäreprägenden Details: Betörende Akustikgitarren ("At The Left Hand Ov God"), klug ausgearbeitete, melodiöse Soli und über das ganze Album verteilte, aber stets gut platzierte Chöre, die machtvoll den ganzen Gewittersturm unterstützen, manchmal genauso infernalisch wie Nergal mit seinem ohnehin infernalischen, intensiven Gebrüll. Das alles ist am Ende so geil, so mitreißend, so unsagbar gut, dass ich um den polemischen Wettbewerb mit grob vergleichbaren Bands einfach nicht drum herum komme - gegen dieses Album können einpacken: Nile mit ihrer (eher schwachen) letzten Scheibe; Morbid Angel mit ihrer (gewohnt gutklassigen) letzten Scheibe; Vader mit ihrer (überraschend guten) letzten Scheibe.
Textlich hat sich nichts Nennenswertes verändert. Die Themen sind die Entfaltung des Individuums; der Hass auf organisierte Massenreligion, besonders das Christentum; die Paradigmen neuer, symbolischer Gottheiten. Gewürzt wird die ganze Soße mit dem bekannten Namensmixmax aus dem Necronomicon, der Bibel, Milton-Lyrik und irgendwelchen Lovecraft-Erzählungen - keine Ahnung, ob in diesem komplexen intertextuellen Gewebe irgend jemand außer Nergal selbst den vollen Durchblick behält, wenn überhaupt. Gut geschrieben ist das Ganze allemal: Die Anrufungen sind heroisch, die Beschimpfungen bösartig, die altenglischen Vokabeln erwecken zusammen mit den Linernotes von Nergal und der detailreichen Booklet-Gestaltung den Eindruck, das alles sei furchtbar durchdacht - am Ende bleibt ein Grenzgänger aus Intellektualität (mindestens gemessen an dem, was einem im Death Metal normalerweise geboten wird) und harschem Gewüte (recht krass in "Christgrinding Avenue"), eine Botschaft also genauso wie sie auch die Musik von Behemoth transportiert. Die Inhalte muss man nicht teilen, die Form passt.
Fazit: Behemoth geben im Todesmörtelbereich den Ton an. Oder, anders gesagt: Alles wie gehabt.
Kontakt: www.behemoth.pl, www.regainrecords.com

Tracklist:
1. Rome 64 C.E.
2. Slaying The Prophets Ov Isa
3. Prometherion
4. At The Left Hand Ov God
5. Kriegsphilosophie
6. Be Without Fear
7. Arcana Hereticae
8. Libertheme
9. Inner Sanctum
10. Pazuzu
11. Christgrinding Avenue



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