www.Crossover-agm.de ASIA: Live At Budokan
von rls

ASIA: Live At Budokan   (Digimode Entertainment)

Die absolute Blütezeit von Asia währte nur extrem kurz: 1981 formiert, wurde die Band mit dem zutreffenden Terminus "Supergroup" belegt, denn die vier Mitglieder waren ausnahmslos große Namen: John Wetton, Steve Howe, Geoff Downes und Carl Palmer. Diese Formation schuf mit ihrem selbstbetitelten 82er Debüt ein Ausnahmealbum, das sie selbst nie wieder übertreffen konnte und dessen Hit "Heat Of The Moment" auch heute noch auf keiner 80er Jahre-Party fehlen darf, wobei anzumerken bleibt, daß das restliche Material, etwa "Time Again", keinen Deut schwächer war. Asia gingen anspruchsvoller und opulenter an ihren perfekt ausziselierten Melodic Rock heran (was kein Wunder darstellte, denn alle vier Mitglieder waren mit Progressive-Gruppen bekannt geworden - Yes, King Crimson oder Emerson, Lake & Palmer, um die wichtigsten zu nennen), als dies beispielsweise Foreigner taten. Obwohl große Teile des insgesamt rund 9 Millionen (nach anderen Quellen "nur" viereinhalb Millionen) Einheiten verkaufenden Albums und auch der Folgescheiben also single-geeignet waren, sollte der Riesenerfolg von "Heat Of The Moment" eine nur von "Only Time Will Tell" ansatzweise erreichte Ausnahmeerscheinung bleiben, was die Musik generell aber alles andere als schwächer macht. Im Gegenteil: Der 83er Nachfolger "Alpha" enthielt erneut Melodic Rock vom Feinsten und führte dazu, daß Asia auch in Asien auf Tour gingen. Im Dezember 1983 spielte man also in der legendären Budokan-Halle in Tokio, wo jeder Rock-Act von Format einfach zu spielen hatte, wenn er schon mal in Japan war und wo bereits legendäre Livealben entstanden waren, beispielsweise von Cheap Trick oder das 1981er "One Night At Budokan"-Monument von MSG. Der damals noch in den Kinderschuhen steckende Musikkanal MTV übertrug das Konzert, und 300 Radiostationen in den USA sollen ebenfalls angeschlossen gewesen sein. Eigenartigerweise kam damals aber niemand auf die Idee, die immense Popularität Asias auszunutzen und den Mitschnitt als Livealbum zu veröffentlichen. Also verschwand das Material in den Archiven und wurde erst 2002 von einer findigen Plattenfirma ausgegraben, die daraus das 11trackige Livealbum "Live At Budokan" machte. Dieses dokumentiert eine Asia-Besetzung, von der es ansonsten kaum weitere Schaffenszeugnisse gibt: John Wetton war nach "Alpha" wegen Alkoholproblemen ausgestiegen bzw. gegangen worden, und Greg Lake nahm seinen Platz am Baß und am Gesang ein. Das Erstaunliche: Man stellt fest, daß Lake und Wetton stimmlich gar nicht so weit auseinanderliegen, obwohl Lake selbstredend eindeutig zu identifizieren ist (auch Gitarrist Steve Howe steuerte einige Vocals bei). Kurze Zeit nach dem Budokan-Gig war Lakes Liaison mit Asia allerdings schon beendet, denn er tat sich wieder mit Keith Emerson zusammen, holte Cozy Powell dazu und reformierte ELP, wenn auch unter der Firmierung Emerson, Lake & Powell, denn Originaldrummer Carl Palmer blieb bei Asia, die John Wetton wieder zurückholten, den ebenfalls aussteigenden Steve Howe durch Mandy Meyer ersetzten und 1985 mit "Astra" eine weitere erstklassige (allerdings bedeutend weniger erfolgreiche) Melodic Rock-Platte einspielte, bevor sie sich vorerst in alle Winde zerstreuten. Asia verzichten in den elf Tracks auf Songs der Vorgängerbands der einzelnen Mitglieder (was nicht immer so war - es gibt u.a. Asia-Versionen von "Starless" und "Book Of Yesterday" aus dem Originalrepertoire von King Crimson), sondern konzentrieren sich ganz auf die bis zu diesem Zeitpunkt erschienenen zwei Alben "Asia" und "Alpha". Dazu kommen Soloeinlagen von Carl Palmer (in "Wildest Dreams" eingebettet), Steve Howe (größtenteils auf einer Akustikgitarre herbeigezaubert) und Geoff Downes. Die enorme Spielfreude der Musiker kommt in längentechnisch erweiterten Fassungen von "Open Your Eyes" oder "Heat Of The Moment" zum Ausdruck, auch wenn sich die Band im Vergleich zu beispielsweise Deep Purple noch arg zurückhält und keine ausgedehnten Improvisationen einbastelt. Dafür sind auch die Originalversionen schon anspruchsvoll genug und geben Raum für kleine Kabinettstückchen. Und doch bin ich nach dem Durchhören nicht ganz zufrieden, und das aus dreierlei Gründen: Einesteils ist hier nicht das komplette Konzert zu hören (man kommt nicht mal auf 'ne Stunde Spielzeit, und außerdem verrät ein etwas mißglückter Schnitt zwischen "Here Comes The Feeling" und "Eye To Eye", daß da noch mehr gewesen sein muß). Zweitens musizieren die vier Herren zwar mit Freude, aber auch mit einer (vielleicht durch den sehr klinischen Sound bedingten) perfekten Sterilität, die eine gewisse Distanz zwischen sie und den Hörer stellt. Ich besitze beispielsweise einen Bootleg, dessen Aufnahme vermutlich mit der identisch ist, die 1991 unter dem Titel "Live In Moscow" herauskam und 1990 mitgeschnitten worden sein muß - auf diesem klingen Asia wie eine immer noch perfekte, aber erdige und natürliche Rockband, und das fehlt mir auf "Live At Budokan" ein wenig. Drittens schließlich ist Lake kein schlechter Sänger, und wie gesagt ähnelt er Wetton sogar ein bißchen, aber gegen Ende bekommt er leichte Konditionsprobleme (am Beginn von "Sole Survivor" schön zu hören), und irgendwie gefällt mir Wettons Stimme in Verbindung mit Asia doch besser (es hat auch längere Zeit gedauert, bis ich mich an John Paynes Stimme gewöhnt hatte, der Wetton ab dem 92er Album "Aqua" dauerhaft ersetzte, sich allerdings deutlich von diesem unterscheidet). Das soll jedoch nicht den hochwertigen Charakter von "Live At Budokan" herabsetzen - das Album ist und bleibt ein wichtiges Dokument einer hochkreativen Phase einer Ausnahmeband und gehört in jede vernünftige Melodic Rock-Sammlung. Ich habe meine CD über Zweitausendeins bezogen (www.zweitausendeins.de) - ob es sie auch im regulären Tonträgerfachhandel gibt, weiß ich nicht.







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