ARCTURUS: Shipwrecked In Oslo - Live (DVD) von ta (Season Of Mist)
Arcturus zählen sicherlich zu den packendsten und klügsten Metalbands der Gegenwart, balancieren - gerade mit ihrem jüngsten Album "Sideshow Symphonies" - souverän auf dem Kreuzungspunkt zwischen bombastischem Kitsch, intellektueller Herausforderung, ergreifender Melancholie und blanker Ironie, sind kurz gesagt richtig großes Theater und sind trotzdem in der Metal-Szene eher für ihre Durchgeknalltheit berüchtigt als für ihre Kongenialität berühmt. What a shame! "Shipwrecked In Oslo" holt das Theater auf den Bildschirm, zaubert ein tendenziell aberwitziges, hochklassiges Konzert auf die Mattscheibe, das nicht nur etwas zum Hören, sondern auch zum Sehen bietet. Da stolpern sexy Tänzerinnen in s/w-Kostümen über die Bühne (u.a. zu "Shipwrecked Frontier Pioneer"), der "Chaos Path" ist eine einzige Clownerie mit am Ende locker 20 Leuten auf der Bühne und zwischendrin stehen maskierte Musiker, von denen einer rumstolziert wie ein Gockel, obwohl er ein Hemd wie ein Waldschrat trägt, ein anderer im rechten Winkel wie eine Hexe über seinem Instrument hängt und von denen dieser und jener, ach was: alle so megabekloppt aussehen, dass es schon wieder cool ist. Sänger Simen Hestnęs liefert eine überragende Gesangsleistung ("Chaos Path"), hat nur mit einigen Vorgaben seines Vorgängers Kristoffer Garm Rygg wirklich zu kämpfen (Schlussteil von "Ad Absurdum"), was sich auch optisch in Form einer pausenlos ans Ohr geklatschten Hand zeigt - wie wär's mal mit Stöpseln? Die Band ist viel in Bewegung und die Songs sind durch die Bank weg der Wahnsinn (Höhepunkte: "Shipwrecked ..." (leider mit abgespecktem Ende) und die Halbballade "Deception Genesis"), allerdings fällt auf, dass die "Masquerade Infernale"/"The Shame Mirrors"-Stücke live energischer und deshalb packender sind als die Songs von "Sideshow Symphonies", welche wiederum auf Platte stärker als das "Masquerade ..."/"The Shame ..."-Material ausfallen. Davon abgesehen wird der vielschichtige Bombast fast ohne Abstriche auf die Bühne gebracht, was besonders angesichts der wirklich tadellosen Soundqualität von Drums und Gitarren nach einer amtlichen Mogelpackung klingt. Aber natürlich lässt sich diese These aus meiner Warte nicht beweisen, zumal der Gesang offensichtlich live ist, wie etwa der Ausfall am Ende von "White Noise Monster" zeigt, als Hestnęs sein Mikro ganz unelegant aus der Hand verliert. Auch der Rülpser in "Deamonpainter" weist ein paar neue Noten gegenüber der Album-Version auf (weniger Hall, weicherer Auftakt). Die Schnittqualität der Bildaufnahmen ist nicht beanstandenswert und an die immer wieder eingespielten Passagen aus der Steinzeit des Science Fiction-Films gewöhnt man sich mit der Zeit. Nur die Bildqualität ist bei den Veröffentlichungen anderer Bands besser, weil kontrastreicher und deutlicher. Aber das stört nur selten. Fazit zum übrigens 93-minütigen Konzert: Ein hochklassiges Seh- und Hörerlebnis.
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