www.Crossover-agm.de ANVIL: Plenty Of Power
von rls

ANVIL: Plenty Of Power   (Massacre Records)

Wähne ich mich beim Betrachten des Covers noch eher auf der Baustelle der B93-Umgehung von Altenburg (obwohl im fruchtbaren Altenburger Lößlehm zugegebenermaßen nicht so viel Gestein rumliegt), transferiert mich der Sound des dem einleitenden Bulldozerknattern folgenden Titeltracks nach Kanada. Klarer Fall: Anvil sind mal wieder mit einem neuen Album am Start. Ganz so eindeutig wiederzuerkennen sind sie diesmal allerdings nicht. Ich kenne die letzten Platten nur auszugsweise, aber besagte Auszüge wiesen eher in eine trocken-traditionelle Thrash-Richtung, wohingegen "Plenty Of Power" bedeutend mehr Leadgitarrenelemente auffährt und von den Songaufbauten mehr in eine ganz frühe Speedrichtung weist. Damit ist "Plenty Of Power" (bösartiges Kürzel "POP" übrigens :-)) als Retrospektive im wahrsten Sinne des Wortes aufzufassen, denn neben drei, vier anderen Bands waren es ebendiese Anvil, die seinerzeit mit einer für damalige Verhältnisse ungemein hohen Geschwindigkeit, Brachialität und Energie zu Werke gingen (zu dieser Zeit lernten Metallica gerade, wie man seine Instrumente stimmt). An heutigen Maßstäben gemessen, stellt "Plenty Of Power" natürlich keine Härterekorde mehr auf, ist im Gegenteil ein ganzes Ende zugänglicher als seine Vorgänger und könnte Anvil damit auch die eine oder andere Tür mehr öffnen, wohingegen die Gefahr, daß sich die Türen enttäuschter Fans schließen, wohl nicht besteht, da Anvil insgesamt ihrer Marschrichtung treu geblieben sind, verstärkter Einbindung melodischer Tonkombinationen zum Trotz. Besagte erhöhte Melodiösität kommt auch in Lips' Gesang zum Tragen, der ein gutes Stück abwechslungsreicher ausgefallen ist als auf den letzten mir bekannten Songs oder dem letzten kompletten Anvil-Album, das in meiner Sammlung steht, nämlich der Originalversion von "Pound For Pound". Und ein fast Solitude Aeturnus-mäßiger Track wie "Computer Drone" (die faxgerätartige Openingsequenz stellt so ziemlich das Höchstmaß an Modernitätsannäherung dar, die Anvil zulassen) paßt erstaunlich gut zu den vier Kanadiern (den Anfang von "Real Metal" hätten Black Sabbath auch nicht überzeugender hingekriegt). Erwartungsgemäß läßt die instrumentelle Seite, allen voran Robb Reiners feistes Getrommel und die alles vor sich herschiebenden und zu einer Endmoräne auftürmenden Riffs, nichts zu wünschen übrig, der Eingängigkeitsfaktor stimmt auch, der Bangfaktor gleichermaßen, und da ich einfach mal davon ausgehe, daß der schräg-pseudopathetische Gesang im Refrain von "Siren Of The Sea" gewollt ist und daß einige Lyrics tatsächlich über den "Hurra, wir spielen Heavy Metal"-Horizont hinausgehen ("Disgruntled"), zücke ich ohne größere Bedenken die Karte mit der Aufschrift "Antesten im Laden sehr zu empfehlen". Bleibt jetzt nur noch die Frage, was das auf dem Backcover für 'ne giftig aussehende Fabrik ist, die da hinter dem Wall steht. So'n Ding ist an der fraglichen Stelle bei Altenburg nämlich weit und breit nicht zu finden.
Kontakt: www.massacre-records.com
 




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