www.Crossover-agm.de ANTIMATTER: Fear Of A Unique Identity
von rls

ANTIMATTER: Fear Of A Unique Identity   (Prophecy Productions)

Eine in gewisser Weise kuriose Entwicklung: Antimatter wurden 1998 von Mick Moss und dem gerade bei Anathema ausgestiegenen Duncan Patterson, der kompositorisch für weite Teile des exzellenten "Eternity"-Albums verantwortlich gezeichnet hatte, gegründet. Die Songs, die der Rezensent von den ersten Antimatter-Alben kennt, hatten mit Anathema eher wenig zu tun. 2005 verließ Patterson die Band, die Moss seither als Quasi-Soloprojekt mit vereinzelten Gastmusikern weiterführt. Das 2007er "Leave Scars"-Album befindet sich gleichfalls nicht hier im Tonträgerschrank, wohl aber nun das jüngste Werk "Fear Of A Unique Identity" in seiner 49minütigen Normaledition (es gibt auch noch eine Digipackfassung mit Bonustracks). Und man staunt beim Hören die sprichwörtlichen Bauklötze: Moss hat den Sound der Band auch ohne Patterson ein gutes Stück in Richtung Anathema verschoben, ohne freilich diese zu kopieren. Aber bisweilen singt er auch noch im Stile eines Vinnie Cavanagh (höre das Intro von "Here Come The Men"!), und mancherlei Melodiebögen und diverse Leadgitarrensounds finden sich in ähnlicher Form gleichfalls im Schaffen von Anathema - nicht dem doomigen Frühwerk wohlgemerkt, sondern den atmosphärischeren Alben ab eben "Eternity", als Anathema anfingen, Pink Floyd zu entdecken und schwebende Stimmungen zu erzeugen. Das taten Antimatter zwar früher auch schon, aber die aktuellen Schwebungen sind denen von Anathema eben ähnlicher als die früheren, auf denen sich Patterson möglicherweise auch bewußt vom Sound seiner Ex-Band abgrenzen wollte, die er ja nicht ganz im Frieden verlassen hatte. Freilich finden sich auf "Fear Of A Unique Identity" auch noch andere Einflüsse, die das Werk titelseitig, was die Anathema-Vergleiche angeht, als schwarzen britischen Humor outen. "Monochrome" ruft bisweilen Erinnerungen an düstere Depeche-Mode-Stücke hervor, und auch der hier und da zu lesende Vergleich mit Paradise Lost zu ihrer "Host"-Phase dürfte, nicht zuletzt aufgrund des hinteren Songteils mit kräftigerem Riffing, durchaus nicht von der Hand zu weisen sein. "Firewalking" wirft mal kurz den Gesangsverzerrer an, was in Kombination mit dem eher verträumten Song eine ganz eigentümliche Wirkung entfaltet. In eine ganz andere Richtung tendiert der Opener "Paranova", dem frequentierte Einsätze in den Düsterdiskotheken der westlichen Hemisphäre aufgrund seiner trockenen Tanzbarkeit durchaus zuzutrauen (und aufgrund seiner trotzdem niedrigen Austauschbarkeit bzw. Stromlinienförmigkeit auch zu wünschen!) wären. Auch "Uniformed & Black" mit seinen knochentrockenen Halftimedrums eignet sich für einen solchen Zweck durchaus gut, vom wild-nervösen Schlußteil abgesehen. Für eine weitere originelle Zutat sorgt David Hall, der gelegentlich Violinenklänge beisteuert, die das betreffende Songmaterial aber nicht in Richtung My Dying Bride, wie man in urbritischer Tradition vielleicht hätte vermuten können, und trotz ganz leichter, wohl zufälliger Klangfarbenanklänge im Solo von "Here Come The Men" und des förmlich aus dem Nichts kommenden flotten Parts in "Wide Awake In The Concrete Asylum" auch nicht gen Skyclad lenken, sondern allenfalls mal Reminiszenzen an frühe Tristania-Werke hervorrufen. Wie diese (und wie die jüngeren Anathema ...) hat auch Moss eine Co-Sängerin an seiner Seite: Vic Anselmo besitzt eine recht wandlungsfähige Stimme und setzt den betreffenden Songs bei ihren eher seltenen Einsätzen gekonnte Tüpfelchen aufs i. Interessanterweise wurde "Fear Of A Unique Identity" in vier verschiedenen Studios in England, Frankreich und Deutschland eingespielt, wirkt aber trotzdem wie aus einem Guß, zumal die neun Songs offenbar durch das übergreifende Thema "Identitätsverlust" in dessen verschiedenen Ausprägungen zusammengehalten werden, was bereits in den Songtiteln seinen Ausdruck findet. "With failing I, the lie is born" lautet dann auch der Kernsatz im Titeltrack, dem "Firewalking" das Gegenprinzip "We'd all love to fly away" präsentiert. "A Place In The Sun" läßt den Zentralkonflikt trotz oder gerade wegen des einlullenden Glockenspiels übrigens keineswegs hoffnungsvoll enden - das rüde Ende des immer romantischer werdenden Instrumentalstücks "The Parade" zuvor hatte es schon angedeutet. Für Freunde düsterer, intensiver, atmosphärischer Rockmusik ein sehr interessantes Album.
Kontakt: www.prophecy.de

Tracklist:
Paranova
Monochrome
Fear Of A Unique Identity
Firewalking
Here Come The Men
Uniformed & Black
Wide Awake In The Concrete Asylum
The Parade
A Place In The Sun
 




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