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von ta

ANTI-DEPRESSIVE DELIVERY: Feel. Melt. Release. Escape.   (Laser's Edge Records)

2004 ist für den Prog Rock/Metal ein ertragreiches Jahr geworden. Dem tut "Feel. Melt. Release. Escape." von den Szene-Neuzugängern Anti-Depressive Delivery keinen Abbruch. Das skandinavische Quintett liefert stattdessen ein Werk, welches den Geist von Bands wie King Crimson, Heavens Cry und vielleicht Pain Of Salvation stückweise einfängt und musikalisch derart brilliant umsetzt, dass man partiell den eigenen Kiefer vor sich auf dem Tisch kreiselnd wiederfindet. Kunststück hierbei bleibt, dass ADD es schaffen, mehr oder weniger klassischen Prog Rock härtetechnisch aufzupeppen, ohne dass man deswegen ohne Weiteres von Prog Metal sprechen kann. Das rückt sie in die Nähe von den oben genannten Heavens Cry bzw. deren famosem Debüt "Primal Power Addiction", was sich besonders in der härteren Saitenarbeit niederschlägt - man höre etwa auf den Anfang von "Coward" oder in den Mittelteil des Titelsongs - und hier auch ähnlich spannend zelebriert wird wie bei den Kanadiern. Hinzu kommt die im Genre fast typische Detailarbeit hinterm Drumkit, die mit für diesen Bereich wirklich massiven Doublebasseinlagen angereichert wird ("End Of Days", "Coward", "Voyage Of No Brain Discovery"). Diese Orientierungen sagen jedoch noch nichts über die Songs als Songs aus. Für selbige braucht man, ganz klar und mindestens als Uneingeweihter, zuerst ein Bündel Zeit und Geduld. Belohnung ist zwar nicht zwingend eine Anti-Depressive Delivery, aber eine Stunde voller Hingabe und Spannung an und von Musik. Keyboarder Haakon-Marius Pettersen ist unverkennbar in Soundwelten von 1960-1970 zuhause und verarbeitet seine Referenzen an die Mellotron- oder Hammond-Ära ("Path Of Sorrow" ruft doch glatt Erinnerungen an die ersten King Crimson wach) tadellos mit den zuerst sperrigen, gelegentlich chaotischen Gitarrenriffs und -soli - das kurze in "0" ist ein Traum! - und den zeitweilig sehr komplexen und wenig geradlinigen Schlagzeugrhythmen. Das bringt Zündstoff, besonders, wenn es, wie in "0", so prall aufeinandertrifft - mit lehrbuchreifem Anfangsarrangement. Über all dem: Pete Beck mit variablem, kraftvollem, mittelhohem Gesang, der gemein oder zärtlich von den schlechten Dingen des Lebens singt und wie man es nicht machen soll. Ignoranz und Heuchelei ("Coward"), Dummheit ("Voyage ...", Zitat: Goofy's shining intellectual, that's compared to you), Ärger und Trauer ("Path Of Sorrow", mit etwas verwirrender Pointe), Theologen ("0", leider etwas überheblich und undifferenziert (sofern meine Interpretation richtig ist)) oder Penny ("Penny Was A Slut Machine"): Es gibt Schöneres. Abhilfe verschafft, wer errät's, die "Anti-Depressive Delivery". Diese Zustellung startet dann eben notfalls mit einem signalträchtigen Dramatik-Riff, unter welches ein Blastbeat (!) gelegt wird. Und der unheilvolle Instrumentalpart in der Mitte ist auch eine Klasse für sich. In Songs wie "Path Of Sorrow" oder dem (nebenbei bemerkt: mit einem äußerst seltsamen Text über Sinn und Verlauf des menschlichen Lebens aufwartenden) Viertelstünder "Bones And Money" können ADD aber auch unverfangen romantisch und sogar verträumt klingen, und das schön, unkitschig und ganz sanft mit einem Hauch von nostalgischer Rückbesinnung umschwebt ... Das so oft herbeizitierte große Kino also - und für Prog-Rocker eine Pflichtanschaffung. Anspieltip zur Annäherung: "Coward".
Kontakt: www.snotpope.com, www.lasercd.com

Tracklist:
1. End Of Days
2. Coward
3. Voyage Of No Brain Discovery
4. Path Of Sorrow
5. Penny Is A Slut Machine
6. Feel. Melt. Release. Escape
7. 0
8. The Anti-Depressive Delivery
9. Bones And Money



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