www.Crossover-agm.de ALIEN FORCE: Hell And High Water
von rls

ALIEN FORCE: Hell And High Water   (Karthago Records)

"Come hell or high water" könnte man mit "Komme, was da wolle" übersetzen. Ein paradoxer Titel, den sich übrigens auch Deep Purple aneigneten, als sie eine Aufnahme der letzten Tour mit Ritchie Blackmore an der Gitarre vor seinem 1993er Rauswurf veröffentlichten. Alien Force haben musikalisch nichts mit Deep Purple zu tun, zudem erschien die LP mit dem um das "come" verkürzten Titel auch bereits 1985. Obwohl: "erschien" ist nicht der richtige Terminus, denn während das Folgewerk "Pain And Pleasure" wenigstens in Spezialistenkreisen halbwegs bekannt wurde, fristete "Hell And High Water" ein absolutes Schattendasein im dunkelsten Kohlenkeller. Ursprünglich in Eigenregie eingezimmert, hätte das Cover des nun vorliegenden Re-Releases (ob es das originale ist, steht nirgendwo vermerkt) allerdings selbst in den Hochzeiten der metallischen Explosion eher abschreckend gewirkt ob seiner geradezu einfältigen Simplizität, die wenigstens in der Musik keine Entsprechung findet. Bei einem Blindfold-Test hätte ich das Album vermutlich eher nach Belgien verortet, denn nicht nur der Gesang erinnert etwas an den seinerzeit weitreichend bekannten Peter de Wint (wenn auch in einer etwas gemäßigteren Variante), sondern auch Teile der Musik etwas an dessen Band Crossfire. Man könnte in Alien Force angehörs dieses Albums allerdings auch einen weniger massiven Vorläufer einer Band wie Morgana Lefay vermuten und läge damit vermutlich nicht ganz falsch; versucht euch einfach "The Secret Doctrine" in einer Mittachtziger-Version mit entsprechender Produktion vorzustellen - so weit von "Hell And High Water" dürfte das Resultat nicht entfernt liegen. Selbst die Halbballade "Fly Away" paßt gut an die Seite etwa von "Alley Of Oaks". Alien Force variieren die Tempi allerdings stärker als Morgana Lefay, was wiederum eher mit Crossfire korrespondiert, denen das pure rohe Geradeaus-Element ihrer Landsleute Killer ebenfalls abging. Nichtsdestotrotz sind Tracks wie der Opener "To You" immer noch vergleichsweise straighter Mittachtziger-Metal, wohingegen schon die nachfolgenden "Get It Out" und "Ripper" vielschichtiger zu Werke gehen, erstgenanntes etwa mit einem längeren atmosphärischen Break in der Songmitte, der Aufschlitzer dagegen vermutlich textkompatibel (nur die Lyrics zu drei Songs stehen im Booklet, "Ripper" ist nicht dabei) sich erst langsam ranschleichend und dann in eine Verfolgungsjagd mündend. "Stranger" wird im Booklet ein NWoBHM-Einfluß nachgesagt - gar nicht so verkehrt, wenn man beim Begriff NWoBHM in diesem Falle nicht an Iron Maiden denkt, sondern eher an Saxon oder aber an spätere Vertreter wie Tokyo Blade, also praktisch Zeitgenossen von Alien Force. Der schnellere Part des Songs hätte in der Tat auch letztgenannten gut zu Gesicht gestanden (remember "Night Of The Blade"?). Das Hauptsolo von "Night Of Glory", das sich stilistisch stark vom restlichen Song abhebt, nimmt Elemente des Solospiels von Tony Iommi zu "Headless Cross"- und "Tyr"-Zeiten vorweg. Größter Ohrwurm ist der Titeltrack, dessen Chorus man nicht so schnell wieder vergißt. Diesen Song bekommt man als Bonus auch nochmal in einer Demoversion vorgesetzt, zusammen mit vier weiteren Bonüssen unbekannter Herkunft. Hier schwächelt das Booklet leider - bisher war jeder Karthago-Release ein Vorbild in puncto Informativität des Beiheftes, aber bei den beiden Alien Force-CDs sieht das leider anders aus; nicht nur daß wie erwähnt nur die Lyrics zu einigen wenigen Songs abgedruckt sind, auch die Line-up-Angaben enthält man uns vor, und das kurze Interview mit Henrik Rasmussen ist auch in beiden Booklets das gleiche. Da wäre eindeutig mehr drin gewesen. Immerhin erfährt man noch, daß die Demoversion des Titelsongs mit einem anderen Line-up eingespielt wurde (zumindest der Sänger ist ohrenscheinlich aber der gleiche), das unter dem Namen Zyking agierte und offenbar einen Vorläufer der 1983/84 anzusiedelnden Alien Force-Gründung darstellte. Wenn dem so ist, dann bleibt festzuhalten, daß schon Zyking starke NWoBHM-Einflüsse im Blut hatten, die sich auch in der Alien Force-Variante des Titeltracks noch wiederfinden lassen (in beiden Versionen wird wieder freundlichst an Tokyo Blade erinnert, was man gleichermaßen vom Bonus "Do It All The Way" behaupten kann). Wiederfinden kann man auch in "Time Is Out" etwas, nämlich ein kurzes Ganzvorndurchhörenkönnen des sonst eher hintergründig, aber trotzdem nicht unterrepräsentiert arbeitenden Baßspiels, das man in ähnlicher Weise auf Helloweens "Live In The U.K." (dort natürlich livesituationsbedingt) aufsuchen darf (viel Spaß beim Abhören!). Noch ein neues Element bringt der Bonus "And I Knew" ein, denn der weist in den Siebziger-Hardrock zurück und bildet die einzige Parallele zu Nazareth, die Alien Force anno 1985 in Kopenhagen mal supporten durften. Ansonsten standen die entwicklungstechnischen Zeichen deutlich auf dem Weg von der NWoBHM zu typischem 80er Euro-Metal der eher unskandinavischen Sorte - ein Weg, mit dem die Pretty Maids große Erfolge einheimsen konnten, was Alien Force nicht vergönnt war. Aber zu einem weiteren Album namens "Pain And Pleasure" reichte es dennoch - mehr dazu in dessen Review.
Zu ordern bei Karthago Records, Stefan Riermaier, Feichtetstraße 41, 82343 Possenhofen, riermaier@aol.com, www.karthagorecords.de

Tracklist:
To You
Get It Out
Ripper
Nervous
Fly Away
Stranger
Night Of Glory
Hell And High Water
Time Is Out
Hell And High Water (Demo-Version)
Do It All The Way
And I Knew
Feel The War
Halfway To Heaven
 



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