www.Crossover-agm.de ABIGAIL: It Is The Night I Fear
von rls

ABIGAIL: It Is The Night I Fear   (Eigenproduktion)

Falls es sich bei diesen Rumänen um King-Diamond-Anhänger handeln sollte, was anhand des Bandnamens ja naheläge, so zeigt sich diese Neigung ebensowenig in der Musik wie beispielsweise bei den auf dem amerikanischen Kontinent siedelnden Abigail Williams. Statt dessen bekommen wir auf "It Is The Night I Fear" eine Sorte Musik zu hören, wie sie zu Zeiten der Bandgründung Abigails anno 1994 durchaus en vogue war, im 21. Jahrhundert dann aber mehr und mehr ins Hintertreffen geriet: Gothic Metal der zweiten Welle, hier und da mit progressivem Anstrich versehen. Damit sind weniger Tiamat gemeint, wie man anhand des zweiten Songs "Astral Sleep" hätte mutmaßen können, sondern eher die frühen Opeth und die diversen niederländischen Genrevertreter, mit denen Abigail auch die Neigung teilen, den sinfonischen Aspekt durch meist dezente Keyboards zu untermauern. Die lange durchgehaltene Leadgitarrenlinie in "Astral Sleep" erinnert den Rezensenten an eine bestimmte Band, aber er kommt gerade nicht drauf, an welche - für den Gesamtsound hingegen läßt sich ein eindeutiger Anknüpfungspunkt festmachen: Wer Morphia zu "Frozen Dust"-Zeiten mochte, der wird, sofern er auch ein Jahrzehnt später noch solchen Klängen zugeneigt ist, mit "It Is The Night I Fear" sicherlich glücklich werden. Anfangs sollen die Rumänen übrigens noch doomdeathiger zu Werke gegangen sein, aber das kann der Rezensent weder bestätigen noch dementieren, denn er besitzt weder die alten Demoaufnahmen noch die nach Aufeislegung und Reaktivierung anno 2007 eingespielte Vorgänger-EP "New Dawn". "It Is The Night I Fear" ist nun auch wieder "nur" eine EP geworden, allerdings bringen es die vier Songs summiert immerhin auf reichlich 26 Minuten Spielzeit, ohne bei der daraus resultierenden Durchschnittslänge von sechseinhalb Minuten irgendwo langatmig zu wirken. Ein Faible für langsame Spannungsaufbauten muß man logischerweise haben, aber das dürfte beim Genrefreund sowieso vorhanden sein (ansonsten wäre er kein solcher geworden, sondern würde Punk oder Grindcore hören), und so kann man die schrittweise Entwicklung etwa von "Sweet Cruelty" schön nachvollziehen. In diesem Stück und dem abschließenden Titeltrack steckt ausschließlich Material von Bandkopf Razvan Alexandru, der auch die einzige besetzungstechnische Konstante der Band ist (seit dem Release dieser EP anno 2011 mußten schon wieder zwei Planstellen umbesetzt werden - der Bassist und der Keyboarder sind neu an Bord), während er die beiden anderen Songs zwar auch allein komponiert, jedoch das Texten seinem Sänger Mihai Ilie überlassen hat. Der überzeugt auch mit schön finsteren Growls der Akerfeldt-Liga (man kann schöne Vergleiche anstellen, wenn der betreffende Song einen ziemlichen Opeth-Touch hat, was bei "Sweet Cruelty" der Fall ist), bringt allerdings mit Flüstern und thrashigem Shouten gelegentlich auch andere Klangfarben ein, wobei er auf Klargesang allerdings verzichtet. Abigail wirken insgesamt weniger bedrohlich, sondern eher verträumt, wozu nicht zuletzt die Gitarrenmelodien ihr Scherflein beitragen. Im abschließenden Titeltrack, mit knapp neun Minuten der längste Beitrag, fühlt man sich wohlig an das Frühwerk von Tristania erinnert, nur die weibliche Stimme fehlt, und die männliche klingt deutlich anders als weiland die von Morten Veland. So könnte dem rumänischen Sextett ein Konsenswerk im Gothic Metal gelungen sein, das Anhänger verschiedener Substilistika anzusprechen imstande ist und diese aufgrund der Qualität auch überzeugen könnte, zumal auch die Produktion keine Wünsche offenläßt. Nur ist solcherart Musik heute ganz und gar nicht zeitgemäß, so daß die Weiterentwicklungsfraktion wenig Freude am konsequent rückwärtsgerichteten Stil von Abigail haben dürfte. Ob man sich für das Werk interessiert, hängt also zwangsweise von der eigenen Strategie des Zugangs zu Musik an. Wer jedenfalls auch heute noch die beschriebenen Klänge mag, der sollte "It Is The Night I Fear" definitiv sein Ohr leihen. Die Encyclopedia Metallum gibt übrigens an, daß der Opener "Mirror/A Room Without Faces" als fünfter Song noch in einer orchestralen Fassung vertreten sein soll, aber meine Promo-Downloadfassung enthält diesen nicht, so daß hierzu nichts Näheres gesagt werden kann.
Kontakt: www.abigailofficial.com

Tracklist:
Mirror/A Room Without Faces
Astral Sleep
Sweet Cruelty
It Is The Night I Fear
 




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