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Karl Bruckmaier: Soundcheck. Die 101 wichtigsten Platten der Popgeschichte
von rls anno 1999

Karl Bruckmaier: Soundcheck. Die 101 wichtigsten Platten der Popgeschichte

"Karl Bruckmaier hat die Welt der Popmusik in 24 Abteilungen untergliedert - vom frühen Blues bis zu Drum'n'Bass - und die dafür passenden, ach was: die einzig richtigen und also notwendigen Platten/CDs ausgesucht. Entstanden ist auf diese Weise ein sehr persönlicher Führer durch ein Jahrhundert Popmusik ..." "... für all diejenigen, die noch immer der Idee eines perfekt bestückten Plattenschranks hinterhersammeln." Schön, wenn man Inhaltsbeschreibungen so aus dem Buch abschreiben kann, ohne selbst nachdenken zu müssen. Da kann man nämlich um so mehr Energie darauf verwenden, über eben den Inhalt des Buches und den Sinn dieser Veröffentlichung nachzugrübeln. Bruckmaier möchte unter den 101 ausgewählten CDs respektive LPs für wirklich jede Lebenslage den richtigen Song dabei haben. Mag ja sein, daß das für sein Leben auch zutrifft - inwieweit sich dieses Spektrum auf den Leser übertragen, läßt, das ist die Gretchenfrage, und ich wage mal zu behaupten, daß ich allein im Metalteil meiner Sammlung genau dasselbe Emotionsspektrum abdecken kann, ohne mehr als eine einzige der von Bruckmaier vorgestellten Platten, nämlich "Led Zeppelin III", zu besitzen. Zu diesem Zweck halte ich das Buch also für ziemlich überflüssig. Der Untertitel verheißt aber auch noch, die vorgestellten Platten seien die wichtigsten der Popgeschichte. Damit kann ich mich schon etwas eher anfreunden, auch wenn hier vielleicht anstelle von gleich vier Stones-Scheiben wenigstens eine von den Beatles oder auch die absolut stilprägenden 1970er Hammerwerke "In Rock" von Deep Purple und "Black Sabbath" von ebenjenen anzuführen gewesen wären. Der eigentliche Wert des Buches liegt aber in einem dritten Aspekt verborgen: Es macht den schubladendenkenden (und ob der Vielfalt auf dem Plattenmarkt schlichtweg überforderten) Hörer mit einer Vielzahl auch unbekannterer Künstler der Vergangenheit (und einigen der Gegenwart) vertraut und liefert im Vorwort auch gleich die Gebrauchsanweisung: "Dies ist bloß eine kommentierte Plattensammlung, ein subjektiv zusammengestellter Musterkoffer der Popmusik. Jeder Eintrag, jede Nennung steht da wie ein Hyperlink im Internet: anklicken und weitersuchen." Und so wird wohl fast jeder interessierte Leser den einen oder anderen Link finden, an welchem er schon immer mal tiefer in die musikalische Materie eindringen wollte, aber bisher nie so richtig den Kick dafür bekommen hat. Nur fast jeder deshalb, weil zumindest ich im erweiterten Metalbereich schon genug zu tun habe, um nicht den Überblick zu verlieren, als daß ich noch tief in den frühen Blues oder Drum'n'Bass eindringen könnte ...
Was mich an Bruckmaier stört, ist seine unterschwellige Arroganz, die sich in einem Fall, nämlich auf S. 90 im stilbeschreibenden Kästel über Heavy Metal (erwähnte ich schon, daß er an vielen Stellen solche Kästchen einbaut, in denen er jeweils einen Stil - meist recht kenntnisreich - kurz umreißt?), in garstiger Form Bahn bricht und an der Oberfläche erscheint, wozu noch tritt, daß er mit diversen Fehlern unterstreicht, vom Metal keinen blassen Schimmer zu haben. An anderen Stellen bleibt diese Arroganz wie gesagt eher unterschwellig, verdirbt einem aber trotzdem die Freude am Lesen. Daß ich mit dem schwafelnden, scheinbar kultig gemeinten Schreibstil Bruckmaiers nichts anfangen kann, ist hingegen wohl Geschmackssache. Das ist der schreiend pinkfarbige Einband wohl auch - mir gefällt er überhaupt nicht. Ganz nützlich ist es dagegen, im Anhang gleich noch die Bestellnummern der genannten Scheiben und 'n paar Mailordervertriebe anzugeben - riecht zwar nach Kommerzkalkül oder gar nach Frühstückskartell, ist aber wohl einfach nur als Service für den Leser gedacht und gemeint. Hingegen ist es zwar 'ne nette Idee, auch noch die Top 100 der deutschen Rolling Stone-Redaktion anzugeben, aber was der Vergleich dieser mit der Bruckmaierschen Liste bringen soll, hat sich meinem beschränkten Horizont noch nicht erschlossen.
Bleibt unterm Strich ein Buch, das zwar seine wertvollen Seiten hat, für die man aber (in meinen Augen) zahlreiche Mängel in Kauf nehmen muß.
ABER: Die Geschichte geht noch weiter. Und zwar hier.

Karl Bruckmaier: Soundcheck. Die 101 wichtigsten Platten der Popgeschichte. München: C.H. Beck 1999. 172 Seiten. ISBN 3-406-42093-1. DM 17,80
 






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