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Karl Bruckmaier   03.02.2000    Chemnitz, Stadtbibliothek
von rls

Ihr kennt das sicher: Eine Band reißt Euch auf Platte nicht sonderlich vom Hocker, zwingt Euch live aber zu stehenden Ovationen. In ähnlicher Weise erging's mir mit Karl Bruckmaier, dessen Buch "Soundcheck. Die 101 wichtigsten Platten der Popgeschichte" bei mir nicht auf sonderlich große Gegenliebe stieß. Ich beschloß trotzdem, Bruckmaier noch eine Chance zu geben, und fuhr deshalb zu seiner (stärker als von mir und auch von den Organisatoren erwartet besuchten) Lesung nach Chemnitz.
Und siehe da: Bruckmaier ist auch so einer, der live bedeutend mehr hergibt als bei bloßer Lektüre im stillen Kämmerlein. Die streckenweise in den Texten verborgene unterschwellige Arroganz wandelte sich in Natürlichkeit, unterstützt noch durch einen kleinen "Bierschaumunfall", der schwafelnde Stil wurde so kultig, wie er wohl ursprünglich auch gemeint war, aber in der Schwarz-auf-weiß-Form nicht zur Wirkung kam, und außerdem las Bruckmaier nicht nur, sondern spielte auch jeweils einen Song der gefeaturten Scheibe vor, was bei mir z.B. zu dem Bedürfnis führte, Velvet Underground demnächst mal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen - eine Idee, auf die ich nach der bloßen Lektüre nie und nimmer gekommen wäre. Schlußendlich trug Bruckmaier noch einen nicht dem "Soundcheck"-Buch entstammenden Text vor, der trotz der Tatsache, daß er vor Jahren schon mal im Rolling Stone publiziert worden war, keinen hohen Bekanntheitsgrad im Auditorium besaß. Man kam indes nicht umhin, sich vor Lachen zu winden, als Bruckmaier mit Nachrichtensprecherstimme über die Geschehnisse, "Wie Mike Juskowiak den Rock'n'Roll erfand", berichtete.
Ergo: Nicht immer ist der erste Eindruck auch der beste, und auch wenn diverse Schwächen des "Soundcheck"-Buches auch live unausbügelbar sind, sei das Anchecken dieses Autors, wenn er mal in der Umgebung liest, nachdrücklich empfohlen, auf daß man sich dann selber ein Urteil bilden kann.



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