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Michael Rauhut: Schalmei und Lederjacke
von *tf anno 2004

Michael Rauhut: Schalmei und Lederjacke

Der Untertitel des vorliegenden Buches, herausgegeben von der Landeszentrale für politische Bildung in Thüringen, macht deutlich, worum es auf den knapp 350 Seiten gehen wird: Rock und Politik in der DDR der achtziger Jahre. Und die politischen Bildungsträger überschlagen sich offensichtlich geradezu, Titel ins Verlagsprogramm zu nehmen, die auch "weggehen". Im Gegensatz zum vom selben Autor geschriebenen und von der Bundeszentrale für politische Bildung verlegten Buches "Rock in der DDR", welches sich eher überblicksartig und pädagogisch aufbereitet mit der Jugend- und Rockmusikszene der DDR beschäftigt und also auch für jüngere Leser interessant sein dürfte, ist das hier vorgestellte Buch wohl eher was für diejenigen Geburtsjahrgänge, die den Ostrock noch live miterlebt haben (und dabei oft den Blues bekamen ...). Das Buch beschäftigt sich exemplarisch mit einigen Protagonisten der Musikszene ... aus Westdeutschland, um den Zusammenhang zwischen Rockmusik und Politik in der DDR zu verdeutlichen. So sind einzelne Kapitel der Kölner Combo BAP und der Hutlegende Udo Lindenberg gewidmet, weitere Kapitel beschäftigen sich mit ostdeutschen Konzerten westlicher Künstler und deren Auswirkungen aufs tagespolitische Geschäft der Funktionäre sowie der jugendkulturellen Szene im kirchlichen Umkreis und in kirchlichen Freiräumen. Das letzte Kapitel über die "Streiflichter des Abgesangs" enthält in etwa den gleichen Inhalt wie das bereits erwähnte bundespolitisch-bildende Buch "Rock in der DDR". Das Buch ist unterhaltsam geschrieben und mit einer Auswahl von Fotos und Zeitungsausschnitten mit dokumentarischem Wert versehen. Der Schreibstil des Autors ist für mein Empfingen flüssig und locker, ohne flapsig zu sein. Der dokumentarische Charakter verleiht dem Geschriebenen zudem eine große Portion des Authentischen. Ob das für alle geschilderten Begebenheiten zutrifft, wage ich nicht zu beurteilen. Etwas Skepsis überfiel mich allerdings bereits beim Beginn meiner Lektüre. Auf der ersten Seite, erster Absatz wird da geschildert, wie das Konzert der Puhdys beim Festival "Rock für den Frieden", die anstelle der wieder ausgeladenen BAP spielten, für bittere Enttäuschung unter den anwesenden 3000 ahnungslosen BAP-Fans sorgte. Dies ist nun allerdings in den Bereich der modernen Legenden zu verweisen. Die Enttäuschung gab es tatsächlich, allerdings einige Stunden vorher. Dass die Puhdys anstelle von BAP spielen würden, war auf den Konzertplakaten bekannt gemacht worden. Bereits erworbene Karten wurden anstandslos zurückgenommen. Ist zumindest mir und annähernd 2500 anderen BAP-Fans so passiert, damals ...

Michael Rauhut: Schalmei und Lederjacke. Erfurt: Landeszentrale für politische Bildung Thüringen 2002, ISBN 3-931426-70-X



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