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Michael Rauhut: Rock in der DDR
von *tf anno 2004

Michael Rauhut: Rock in der DDR

Die von der Bundeszentrale für politische Bildung herausgegebene Broschüre beleuchtet die Rockszene der sogenannten Ehemaligen in fünf Kapiteln. Das erste davon widmet sich unter der Überschrift "Intention und Wirklichkeit: DDR-Rock zwischen Politik und Alltag" den spezifischen Entwicklungsformen von Rockmusik, den jugendkulturellen Bewegungen zwischen Selbstverwirklichung und gesellschaftlichen Ansprüchen sowie der Kulturpolitik im inzwischen längst dahingeschiedenen real existierenden Sozialismus deutscher Prägung. Rauhut findet in seiner Schreibe eine gute Balance zwischen pädagogischem Anspruch und lockerem Anekdoten-Ton. Das Kapitel ist mit einer Vielzahl photographischer Dokumente angefüllt und wird angereichert durch Zitate von Zeitzeugen und ein wahrlich illustres Panoptikum originaler Quellen. Obwohl ich mir nicht sicher bin, dass die Nachwendegeneration dies mit genauso viel Freude durchblättert wie ich, lohnt der Versuch auf jeden Fall, den Spätgeborenen von der Musik ihrer Eltern, die stets auch Bekenntnisfunktion hatte, zu erzählen.
Die folgenden vier Kapitel sind eine chronologische Ordnung beginnend im Jahr 1964 und endend in den Neunzigern. Hier ist vor allem für diejenigen Leser, die mit den genannten Namen etwas verbinden können, volles Lesevergnügen garantiert. Andere werden es schwerer haben, sich für die vorgestellten Bands zu erwärmen. Durchgängig wird - wie bereits im Anfangskapitel - der politische Hintergrund der Entwicklung von Musik, Musikern und Publikum aufgezeigt. Vieles ist nicht neu, nicht erleuchtend, aber immer wieder spannend zu lesen. Interessant wird es dann, wenn es Rauhut gelingt, Quellen aufzutun, die bisher noch in keiner anderen Publikation verwendet worden sind. Aber da die Broschüre ja auch eher dem Bildungsaspekt verpflichtet ist, ist Originalität vielleicht nicht das Kriterium, an dem sie zu messen ist. Lobenswert in diesem Zusammenhang ist die gute bibliographische Arbeit, die es dem oder der Interessierten leicht macht, sich eingehender mit der Geschichte des Ostrock zu beschäftigen. Dies scheint angesichts des zunehmenden Interesses an den ehemaligen musikalischen Protagonisten und der leider oft damit verbundenen gefährlichen Verharmlosung des DDR-Regimes als den "Guten alten Zeiten" als lohnende Fundgrube zum Verständnis einer Generation zwischen den Systemen. Klasse, dass die Bundeszentrale für politische Bildung dieses Projekt unterstützt hat. Da schöpft man wieder Hoffnung in Bezug auf die Zukunft kulturorientiert-motivierter Bildungsarbeit ...

Michael Rauhut: Rock in der DDR. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2002, ISBN 3-8931-459-8



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