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Bobby Borg: The Musician's Handbook
von gl anno 2004

Bobby Borg: The Musician's Handbook

An ALLE Musiker und Interessierte, die am Musikmachen interessiert sind bzw. eine Karriere in der Musik-Szene anstreben: Trinkt einen Abend 5 Bier weniger UND KAUFT EUCH DIESES BUCH!!! Es kann nicht deutlich genug gesagt werden: Dieses Buch - laut ihm das erste seiner Art - ist ein absolut wichtiger Ratgeber und Nachschlagewerk, Fehler zu vermeiden und die Fallstricke zu erkennen, die im Zusammenhang mit der Erstellung, Veröffentlichung und Vermarktung von Tonträgern bzw. deren Vertrieb lauern. Doch nicht nur das: auch die Schlüsselpositionen innerhalb und um (erfolgreiche und gerade auch unerfolgreiche!) Bands und deren Aufgaben sowie das mitunter äußerst komplizierte Abrechnungssystem der Plattenfirmen wird ausführlich und logisch erläutert. Das Buch erschien Ende 2003 in Amerika und kann m.E. zu einem Großteil auch auf den deutschen Markt übertragen werden, die restlichen müssen hier aufgrund anderer Gesetze, Versicherungsbedingungen und anderer Rahmenbedingungen durch eben deutsche Bestimmungen ersetzt werden.
Aber gerade als "Lesebuch" ist es ein hochinteressantes, lehrreiches Buch, das endlich viel "Fachchinesisch" und Drumherum im Musikgeschäft erklärt, ergänzt durch immer wieder amüsante Anekdoten und geradezu groteske wahre Tatsachen. Der Autor hat das Buch in vier Teile strukturiert:
1. Pursuing a Career in the Music-Business
2. Types of Business Relationships
3. Key-Players in your Career (Schlüsselpositionen)
4. Sources of Revenue (Einkommensmöglichkeiten)
Bobby spricht direkt all die Tausende an, die davon träumen, Musik nicht nur zu ihrem Hobby, sondern zu ihrem Beruf zu machen und bleibt immer realistisch, seine vielen Warnungen sind äußerst deutlich, eine bemerkenswerte sei herausgehoben: "The band must sell enough albums to ‚recoup' (earn back) all the record-company's recording and advanced expenses! 95% OF ALL BANDS FAIL TO DO THIS!!!" Um es zu erklären: Das Wort "recoupable" bedeuted, dass ein Künstler alle Unkosten, Vorschüsse, Tour-"Support", je nach Vertrag natürlich ("Most bands usually return home from a tour owing money!") usw., die im Zusammenhang mit einer Veröffentlichung einer Produktion entstanden sind, zurückzahlen muss. Gerade einmal 5% aller Künstler erreichen also den Punkt, so viele Einheiten an Tonträgern zu verkaufen, dass sie beginnen, tatsächlich etwas zu verdienen!! Eine schier unglaubliche Zahl - "The hits pay for the stiffs" - auf gut Deutsch: Die Megaseller schleifen die Flops mit.
Der Autor ermutigt seine Leser, sich auch mit dem Kleingedruckten auf den CDs zu befassen, den sogenannten "Liner-Notes", die leider vom Großteil der plattenkaufenden Bevölkerung wenn, dann nur am Rande zur Kenntnis genommen wird. Doch hier beginnt das Grundverständnis, wenn man in dieser Branche erfolgreich sein will, die Zusammenhänge kennt und auch Durchblick gewinnen möchte. Ausführlich werden "Music Publishing Royalties" erklärt und wie eine tatsächliche Bezahlung der Künstler erfolg. Hierbei eine interessante Tatsache: Die Songs der Gruppe PEARL JAM wurden von Sänger Eddie Vedder und Gitarrist Stone Gossard geschrieben, aber die Gruppe splittete den Besitz an den Copyrights bandintern fair in fünf Teile auf die Gruppenmitglieder auf. Als die Band extrem erfolgreich und Eddie als "der Star" der Band und der einzige "unersetzbare Teil der Band" bezeichnet wurde, wurden die Prozentzahlen geändert: Eddie erhielt nun 36 % der Rechte (und somit der Verdienstmöglichkeiten) jedes Songs und die anderen vier nur noch 16%!
Diese sogenannten "Mechanical Royalties" berechtigen den Inhaber an Rechten, also den Verfasser von Text und/oder Musik Gelder zu erhalten. Die Rate der Mechanical Royalties beträgt in Deutschland 9 bis 11 % des Händlerabgabepreises. Sie sind nicht zu verwechseln mit "Record Royalties", Prozente, auch "Punkte" genannt, die eine Plattenfirma an den Künstler bezahlt. Die allgemein gültige Rate liegt (in Amerika!) bei 11 bis 16 % des SRP (=Suggested Retail Price).
"Royalties from Public performances", also Verdienste aus öffentlichen Aufführungen verhelfen Künstlern auch zu Verdienst, sofern er Mitglied in einer der "Major performing rights organizations" ist und seine Songs dort registriert hat. Die zwei bekanntesten sind BMI = Broadcast Music Incorporated und ASCAP = American Society of Composers, Authors and Publishers. Das könnt ihr auf jeder CD lesen, und in Deutschland entspräche dies einer Mitgliedschaft bei der GEMA.
Viele Künstler gründen ihren (eigenen) Musikverlag, was ich an einem aktuellen Beispiel erklären möchte: Hinter dem Song "Sweet Aloha" der Band VENICE stehen folgen Credits: (Michael Lennon / Mark Lennon / Kipp Lennon) Grampafrank Music (ASCAP) / Billy Blaser Music (ASCAP) / Kippiko Music (ASCAP) - was bedeutet, dass die drei Komponisten jeweils einen unterschiedlichen Verlag haben bzw angehören. Dann steht da aber weiterhin: Administered by Sony ATV Music Publishing, was bedeutet nun dies? Ganz einfach, sie schließen sich größeren Publishing-Firmen an, die ihnen (weltweit) die ihnen zustehenden Gelder vereinfacht ausgedrückt "einsammeln".
Doch dies ist nur ein Beispiel, was hier etwas intensiver erläutert wurde aus dem interessanten Fundus dieses Buches, andere wichtige Themengebiete umfassen Auswahl und Wichtigkeit sowie die Bedeutung von Verträgen mit Firmen, von Musikern untereinander bzw. angestellten Musikern, ab wann und unter welchen Konditionen man mit Managern und Rechtanwälten zusammenarbeiten sollte.
Talent Agencies und ihre Bedeutung werden erklärt, wie und nach welchen Gesichtspunkten man eine Tour zusammenstellt, und was man alles falsch machen kann, wie die Abrechnung von Konzerten, Merchandising etc. erfolgt, was ein sogenannter "Rider" ist, dies alles und viele weitere Feinheiten werden én detail in gut verständlichem Englisch erläutert. Alles immer unterstützt durch Interviews mit Fachleuten des jeweiligen Themas wie z.B. Henry Rollins oder Chris Arnstein, einem bekannten Manager.
In einem Nebensatz erwähnt Borg mal so eben, dass Doc McGhee, der Manager von BON JOVI, den SCORPIONS und MÖTLEY CRÜE, dabei erwischt wurde, wie er half, 40.000 Pfund Pot von Kolumbien auszuschmuggeln! Oder dass Künstler wie die BAY CITY ROLLERS, die Schätzungen zufolge ca. 70 Millionen Platten verkauften, heute noch immer in Papierkriege mit einem Scheingeflecht aus dubiosen Verträgen verstrickt sind und keiner von ihnen jemals Geld in dem ihm zustehenden Maße bekam, eben weil sie den falschen Leuten ihre Geldangelegenheiten anvertrauten. Andere, wie MC Hammer, dessen Besitz 1991 auf 33 Millionen US $ taxiert wurde, sind heute mittellos, da lag es eher am extravaganten Lebensstil.
Resumé: ein mit 288 Seiten nicht nur kurzweiliges, sondern lehrreiches und wichtiges Werk, das für nur $ 19.95 (+ Versand) erhältlich ist, einer Summe die jeder Musiker mit Sicherheit investieren sollte. Es kann auch über amazon.de für 18,94 Euro geordert werden.
PS: Bobby Borg ist ein bekannter Drummer, der 1990 in der Band BEGGARS & THIEVES mit u.a. Phil Soussan eine von insgesamt drei LPs auf Atlantic veröffentlichte, später war er Mitglied der Band WARRANT und hatte seine eigene Band LEFT FOR DEAD. Er ist heute erfolgreicher Kolumnist, Artist Consultant und Gastsprecher bei Musikmessen und hat bereits sechs Instruktions-Bücher für Musiker verfasst.

Bobby Borg: The Musician's Handbook. A Practical Guide to Understanding the Music Business. Billboard Books 2003. ISBN 0-8230-8357-8. 288 Seiten. www.bobbyborg.com
 



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