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RockOpen L.E. 1999
von Christian Rohe

Nachdem die Sieger des II. Reudnitzer Rockförderpreis beim diesjährigen Rock Open L.E. bekannt waren, tauchte die Parkbühne Eutritzsch in jamaikanisches Licht, gelb, rot und fettes grün. Nebel- und Rauchschwaden über dem Bühnenboden, dazu der aus London angereiste Hauptact Zion Train mit unverwechselbarem Sound aus Dubbeats von der Datmaschine, Reggaerhythmen aus Trompeten und der aufrührigen Stimme der Zion Train-Frontfrau: "music for peace and love, brothers and sisters!". Und tatsächlich, auch wenn nur eine von neun Nachwuchsbands den Rockförderpreis mit nach Hause nehmen konnte, waren die meisten Musiker des Rock Open L.E. in dieser Nacht zufrieden. Am besten gelaunt waren natürlich die Gewinner. Crying Blue aus Bautzen konnten es kaum fassen. Doch dazu später.
gewannen das RockOpen 99: Crying Blue aus Bautzen
Zum zweiten Mal veranstaltete der GeyserHaus e.V. am 9. und 10. Juli 1999 das Rock Open L.E. gemeinsam mit dem Leipziger Brauhaus zu Reudnitz, der Arbeitsgemeinschaft Musik, der Musikzeitschrift CrossOver, dem Radiosender NRJ und dem Leipziger Jugendprojekt 08 / 16. Gedacht ist das Rock Open L.E. als Musikfestival, bei dem Nachwuchsbands aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen auf einer großen Open Air-Bühne in einem professionellem Umfeld auftreten können, ihre musikalischen Stärken messen und von Fachleuten Tips zur Optimierung ihrer Konzepte bekommen. Thomas Farken, Geschäftsführer des GeyserHaus e.V., meint, daß Jugendliche sich heutzutage zu großen Teilen über ihre Musik definieren: "Deshalb ist es auch sinnvoll, die Leute da abzuholen und zueinander zu bringen, wo sie gerade stehen." Das Festival verfolge zwei Ziele, so Organisator Farken. Einerseits sollen junge Musiker die Chance bekommen, ihr Songmaterial einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen. Andererseits habe sich gezeigt, daß Jugendliche mit unterschiedlichsten Ansichten auf solchen Festivals miteinander ins Gespräch kommen.

Bis es dazu kommt, ist es ein weiter Weg. Zwei Monate lang war ein Mitarbeiter des GeyserHaus e.V. mit der Organisation des Rock Open L.E. beschäftigt. Vor allem: So ein Festival kostet Geld. Deshalb hat sich der GeyserHaus e.V. Partner aus der privaten Wirtschaft und der öffentlichen Hand gesucht. Das Leipziger Brauhaus Reudnitz gab Geld für die Preise, der Radiosender NRJ präsentierte das Festival, die anderen Sponsoren kümmerten sich um Fortbildung, Werbung oder organisatorische Details. Und von denen gab es eine Menge. Es mußten Plakate entworfen, gedruckt und geklebt, die Preise organisiert, die Produktionstechnik für Ton und Licht bestellt und auf- und abgebaut, die Wettbewerbstage über die Bühne gebracht und überhaupt die Bands ausgewählt werden. Letztendlich klappte die Zusammenarbeit zwischen den Partnern hervorragend, weil alle Beteiligten engagiert am Gelingen des Festivals arbeiteten und die Sponsoren eben mehr als nur Geld in die Veranstaltung einbrachten. Schließlich war ihre Meinung auch bei der Bewertung der Bands gefragt.

Vorweg schwierigste Aufgabe war natürlich die Vorauswahl der Bands. Schließlich hatten sich knapp 60 Newcomer für den Wettbewerb aus ganz Mitteldeutschland beworben. Alle Stilrichtungen von Funk über Soul, von Pop bis Hardcore, von Black bis Death Metal waren vertreten. Die Große Frage: Welche neun Bands werden im Arthur-Bretschneider-Park zu Leipzig-Eutritzsch am zweiten Juliwochenende auf der Bühne stehen? Alle 60 Demotapes (jede Band mußte zwei Tapes mit drei Songs, drei druckbare Fotos und zwei Infos zuschicken) wurden numeriert und von einem Team des Jugendtreffs des GeyserHaus bewertet, ohne vorher die Namen der Band zu wissen. Schließlich hatten sich auch bekanntere Leipziger Musiker beworben, die man nicht bevorteilen wollte. Wichtig bei der Vorauswahl waren für die Jury Innovationsfreude und Songwriting, handwerkliches Potential und stimmliches Vermögen. Eine weniger wichtige Rolle spielte bei der Vorauswahl die technische Qualität der Aufnahmen. Obwohl im nachhinein schon gesagt werden muß, daß die technische Qualität eines Tapes den Höreindruck deutlich beeinflußt. Nach tagelangem Hören machten Kai Niemann (Deutschpop), Crashtest (deutscher Punk), Train to Nowhere (gothicfolk), ... AUCH! (hardcore), Reflect (hardcore), NONO (modern pop), Crying Blue (rock), Indra (funk´n soul) und El Nino (crossover) das Rennen.

Neben den schon erwähnten Siegern Crying Blue gewannen beim Wettbewerb El Nino als Zweitplazierte die Gestaltung und den Druck von Plakaten im Wert von 750 Mark und die Band Reflect als Dritte ein Fotoshooting. Sinnvolle Preise, wie die Organisatoren meinen, da vernünftige Fotos bei jungen Bands oft absolute Mangelware, für die eigene Präsentation aber unvermeidlich sind. Ähnlich sieht es bekanntlich mit Plakaten aus. Crying Blue erhielten einen Scheck über 1.500 DM für einen Studioaufenthalt als Hauptpreis. Da kann man als Newcomer etwas gelassener in die musikalische Zukunft schauen. Schließlich läßt sich mit so einem Preis ein professionelles CD-Demo aufnehmen. Auf jeden Fall sind alle Preise oder Preisgelder gebunden an die musikalische Weiterentwicklung der Bands. Kistenweise Bier darf mit den Schecks jedenfalls nicht eingekauft werden. So ist es mit den Bands vereinbart. Die Sieger des Wettbewerbs 98 haben sich an diese Abmachungen gehalten. Die Leipziger Band Amok veröffentlichte in diesem Sommer ihr Debütalbum, was nicht zuletzt mit Hilfe des Rock Open L.E. gelang, wie Amok dem GeyserHaus e.V. versicherte.

Neu beim Rock Open L.E. und wahrscheinlich für einen Wettbewerb überhaupt war sicherlich, daß außer der Wertung zwei national bekannte Bands zum Abschluß der beiden Wettbewerbstage spielten. (Nö. Bei Nachwuchsfestivals im Metalbereich gibt's sowas öfter. - Anm. rls) Gründe, die Potsdamer Speedfolker 44 Leningrad und das schon beschriebene Londoner Soundsystem Zion Train zum Festival zu laden, liegen auf der Hand. Die Nachwuchsbands können in professionellem Umfeld vor deutschlandweit bekannten Acts auftreten. Das hat außerdem zur Folge, daß weit mehr Zuschauer den Wettbewerb besuchen, was für kleine Bands auch nur von Vorteil sein kann. Außerdem bekommt der Wettbewerb im Gegensatz zu anderen musikalischen Ausscheiden einen Festivalcharakter mit all seinen schönen Nebenerscheinungen, wie eine in jamaikanisches Licht getauchte Bühne mit einer schwarzen Sängerin, die zu Love, Peace and Revolution aufruft.


 
 





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