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ROCK WITH SPIRIT mit: Lightmare, Splendid Back, The Pockets    15.05.1999    Stützengrün, Sporthalle
von rls

Volles Haus in Stützengrün! Dieses auch "Rocknacht" genannte und mittlerweile gut etablierte Ereignis brachte das halbe Vogtland und ein Drittel des Erzgebirges auf die Beine, auf daß man sich dieselben mal wieder ordentlich in Bewegung versetzen lassen und als Sahnehäubchen auch noch positive Messages mit nach Hause nehmen konnte. Dennoch muß konstatiert werden, daß es sowohl Licht als auch Schatten gab.
Die Lokalmatadoren The Pockets knipsten um zehn vor acht das Licht erstmal an und ließen es so schnell nicht wieder ausgehen. Der Fünfer schwebte irgendwo in der Sphäre zwischen Folkrock und Folkmetal, hatte einen hauptamtlichen Geiger dabei, ließ den Basser seine Parts zwischenzeitlich auch mal einem Cello entlocken und die oftmals das Instrument wechselnde Quotenfrau (sah ein bißchen aus wie die weibliche Version von Messiah Marcolin) auch mal Flöte blasen, erinnerte phasenweise an die besten Momente von D.R.E.I.S.T. und fand in den Texten eine gelungene Mischung aus Spaß und Nachdenklicherem. Daß der Antikriegssong (wie hieß er doch gleich noch?) an eine Kreuzung aus Elbereth und Apocalypticas "One"-Version erinnerte, war sicher kein Zufall. Die hochgradige Tanzbarkeit weiter Strecken des Materials wurde vom Publikum weidlich ausgenutzt, und nachdem der Geiger beim ersten Stagedive-Versuch auf dem Boden gelandet war, weil der unerfahrenere Teil des Auditoriums höflich zur Seite trat, tummelten sich bald so viele DiverInnen in der Luft, daß man nicht mal mehr in Ruhe bangen konnte, weil andauernd irgendwas von oben kam. Außerdem muß bemängelt werden, daß der Basser eine relativ uncharismatische Stimme hat. Ansonsten sehr gute 50 Minuten.
Dem ersten Glanzlicht folgte der große Durchhänger auf dem Fuße. Splendid Back aus Tübingen waren schlicht und einfach strunzlangweilig. Sicher, das Quintett beherrscht seine Instrumente ordentlich, und der Sänger hat nicht nur eine passable Stimme, sondern erwies sich auch noch als ordentlicher, wie ein Gummiball über die Bühne wuselnder Entertainer. Aber was nützt das, wenn das Songmaterial vorne und hinten nicht stimmt? Es reicht heutzutage schlicht und einfach nicht mehr, sich ein paar Riffs zusammenzuklauen (gewildert wurde u.a. bei The Sweet und Johnny Cash) und daraus halbgare Songs zu stricken, die streckenweise wie Rory Gallagher im Volldelirium klingen. Außerdem möchte ich von einem Akkordeon, wenn es als geplanter Originalitätsfaktor schon bei einem Viertel der Songs zum Einsatz kommt, auch etwas hören. Zwar schreiben auch Splendid Back ganz interessante Texte und erreichen keinesfalls das Loser-Level der "legendären" Anima Lunatis, aber jede zweite Schülerband bringt heutzutage bessere Songs zustande. Originalität, Atmosphäre, Virtuosität, Dynamik, Feeling, Spannung, Spirit - alles Fehlanzeige. Daß ich mit dieser Meinung allerdings ziemlich alleine dastand, sei auch noch erwähnt. Der Rest der Halle feierte Splendid Back ab, als hätten sie gerade den Rock'n'Roll erfunden, was aber nicht für die Band spricht, sondern gegen den Geschmack der Anwesenden. Sorry!
Lightmare schafften es zum Glück problemlos, mich zu versöhnen. Daran konnten nicht mal die Tatsachen, daß es eine Todsünde der Frankfurter war, nur als Quartett aufzutreten (die Keyboards kamen vom Band, und 'ne zweite Gitarre wäre hier und da auch nicht übel gewesen), und daß Andis Pedalgerät des öfteren durch Arbeitsverweigerung glänzte, was ändern. Im Gegenteil: Trotz dieser Probleme atmete der Lightmare-Gig alle die Elemente, die Splendid Back abgingen, und über die Qualität des Songmaterials noch Worte zu verlieren, hieße serbische Soldaten in den Kosovo zu transportieren. Lightmare eröffneten mit "Rebellion" und spielten sich in der Folge quer durch alle ihre Releases, natürlich mit einem gewissen Schwergewicht auf der immer noch aktuellen CD "The Fool". "Vampires", "Terrion", "Grave", "Bachtro", "Take A Stand" - ein Highlight reihte sich an das nächste, lediglich "Certain Death" fiel ein kleines Stückchen ab. Die Band war in blendender Spiellaune, Sänger Timon steigerte sich von Song zu Song, Gitarrist Andi ließ sich auch von den technischen Schwierigkeiten nicht davon abhalten, seinen Vorbildern Malmsteen und Bach nachzueifern, Rückkehrer Alex am Baß paßte sich dem hohen Niveau seiner Mitstreiter an, und Drummer Gerd wurde selbst für sein gutes, aber wenig innovatives Drumsolo frenetisch gefeiert. Das alles zusammen ergab eine 75minütige Lehrstunde, wie neoklassischer Melodic Metal heutzutage zu klingen hat, und zumindest die Reaktionen des vorderen Teils des Publikums waren überaus positiv (was weiter hinten los war, hab' ich ehrlich gesagt beim Dauerbangen nicht so mitbekommen), wozu die Jungs von der Wohlbacher Lord's Party (Gruß von hier aus) in besonderem Maße beitrugen. Man muß nur einigen Leuten mal sagen, daß man zu solcher Mucke eigentlich eher bangen als Pogo tanzen sollte - es nervt irgendwie, beim typischen vornübergebeugten Bangen ständig aufpassen zu müssen, um keinen Fußtritt gegen den Kopf zu bekommen. Aber egal: Die o.g. kleinen Unzulänglichkeiten machten den Gig von Lightmare eher noch authentischer und liebenswerter, und so müssen sich Seventh Avenue am 2. Juli in Wohlbach mächtig ins Zeug legen, um da noch eins draufzusetzen. Und warum die hübsche Bangerin neben mir nach der Hälfte des Gigs verschwand, ist mir ein Rätsel. An der Mucke kann's eigentlich nicht gelegen haben ...
 






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