Jesus Crew 19.02.1999 Chemnitz, Arche von rls Es ist schon merkwürdig:
Immer wenn ich mir Jesus Crew anschaue (oder dies plane), passiert irgendwas.
Beim Gig zum 10jährigen Jubiläum 1997
fiel in regelmäßigen Abständen die Technik aus, 1998 im
November mußte ich mein Erscheinen in Meinersdorf kurzfristig canceln,
und diesmal wurde Keyboarder Steffen drei Stunden vor dem Gig von einem
Magen-Darm-Grippe-Anfall ans Bett respektive den Lokus gefesselt. 99 von
100 Bands hätten in dieser Situation wohl den Auftritt abgesagt (Deep
Purple ohne Jon Lord? Stratovarius ohne Jens Johansson? AC/DC ohne Angus?).
Nicht so Jesus Crew: Sie mußten ihren Set zwar etwas einkürzen
(Songs wie "Lied vom Tod" ohne Keyboard sind nun wirklich ein Ding der
Unmöglichkeit), aber sie spielten - und wie! Alle vier gaben 110 Prozent,
und die mit einer kurz vorm Dreistelligen liegenden Zahl von Besuchern
völlig überfüllte Arche wußte dieses Engagement durchaus
zu schätzen. Da fiel es dann auch nicht ins Gewicht, daß der
eine oder andere Einsatz ein wenig daneben lag oder der Bassist plötzlich
ungewollt improvisierte (klang übrigens nicht mal schlecht). Eindeutige
Königin des Abends war aber wieder mal Sängerin Doris - optisch
sowieso, aber gesanglich erst recht. Sie stellte unter Beweis, daß
sie kein Mensch sein kann (so schön können nur Engel singen)
und bewegt sich mittlerweile auf einem Level, wo allenfalls noch Vibeke
Stene von Tristania mithalten kann. Und
die mal gefühlvollen (aber nie ins Flach-Banale abrutschenden), mal
engagierten (aber nie zur stumpfen Waffe verkommenden) Texte rundeten das
Ganze perfekt ab. Perfekt? Na gut, ganz doch nicht. Dazu hätte die
Bühne ein bißchen größer sein dürfen (Kerstin,
das ist was für dich: eine annähernd trapezförmige Bühne,
3 m breit, links 0,65 m, rechts 2 m tief, ergibt nicht ganz 4 Quadratmeter
Fläche - den Beweis, daß man darauf eine fünfköpfige
Rockband plus Schlagzeug unterbringen kann [das Keyboard war schon aufgebaut
und blieb auch bis zum Ende des Gigs stehen], haben Jesus Crew an diesem
Abend erbracht), und da ich etwa anderthalb Meter vom Schlagzeug entfernt
saß, hatten meine Ohren ein bißchen zuviel davon im Soundmix.
Aber wie gesagt: Der 110prozentige Einsatz der Band und das rockig-frische
Songmaterial (Leute wie Herr Grönemeyer würden täglich 76
Vaterunser beten, wenn sie heute noch sowas schreiben könnten), vom
lockeren "Leben" über den Ohrwurm "Hoch hinaus" (wäre in einer
gerechten Welt längst zum Hit geworden) bis zum emotionalen "So bist
du", machten alle Widrigkeiten locker wett. Und wenn bei den nächsten
Gigs der Tastenmann wieder gesund ist, muß ich mir wohl noch 'n paar
neue Superlative ausdenken. Aber was nützt's? Jesus Crew sind 'ne
Klasseband. Punkt.
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