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Henrik Freischlader Trio   25.10.2016   Leipzig, Moritzbastei
von rls

Der vorgelagerte Termin des Rezensenten dauert deutlich länger als geplant, und so ist es bereits 20.40 Uhr, als er die große Tonne der Moritzbastei betritt und einen guten, aber noch nicht unangenehme Ausmaße annehmenden Füllstand vorfindet. Knapp vier Jahre zuvor hat er an gleicher Stelle die Henrik Freischlader Band bei ihrem ersten Leipzig-Gig erlebt, aber in der Zwischenzeit ist viel passiert: Arbeitstier Freischlader mußte feststellen, daß Arbeit, so künstlerisch wertvoll und befriedigend sie in seinem Falle auch ist, in dauernden Überdosen auch den willigsten Organismus irgendwann mal in die Knie zwingt, und so machte sich eine Auszeit nötig, die gleichzeitig das Ende der bisherigen Bandkonstellation markierte, denn von den damaligen drei Mitstreitern des Sängers und Gitarristen ist in der neuen Formation, im Unterschied zur alten Truppe Henrik Freischlader Trio geheißen und in die Dreizahl den Chef bereits integrierend, keiner mehr dabei. Auf einen Organisten verzichtet Freischlader in seinem Trio ganz, auch vom Band eingesampelt wird ein solcher nicht, was im Bluesrock sowieso eher seltsam wäre. Der neue Purismus verzichtet freilich trotzdem nicht auf Klangopulenz, wo sie denn angebracht ist, und allein schon die Tatsache, daß auch Freischladers aktuelle Rhythmusgruppe aus fähigen Sängern besteht, ermöglicht die Darbietung interessanter Vokalstrukturen. Und wie Johnny "Guitar" Watsons "Cuttin' In" - der erste volle Song, den der Rezensent an diesem Abend erlebt - von einer fast fragmentarisch-sparsamen Variante noch zum großen Bombast reift, das stellt dem Trio ein exzellentes Zeugnis aus. Selbiger Bombast ist im Gegensatz zu 2012 übrigens auch sehr angenehm anhörbar - der damalige überlaute Sound weicht einer deutlich zurückhaltenderen, aber trotzdem noch ausreichend Energie transportierenden Klanggestalt. Interessanterweise konzentrieren sich Freischlader und seine Mitstreiter im vom Rezensenten erlebten Teil auf eher kompakt inszenierte Stücke, in denen der Chef natürlich trotzdem fleißig soliert - richtige Ausbrüche aus den gängigen Strukturen gibt es im Hauptset nur einmal, nämlich in "Bad Dreams", das in seinem urlangen, immer länger und doch nicht langweilig werdenden Soloteil auch die solistischen Fähigkeiten der Rhythmusgruppe in den Vordergrund rückt, wenn Freischlader erst mit dem Basser klassische, aber immer wieder gern gehörte Call-and-Response-Strukturen inszeniert und das Gleiche originellerweise dann auch noch mit dem Drummer durchführt. Da bricht sich der Genius am stärksten Bahn, aber natürlich weiß auch das "Normalprogramm" ohne Wenn und Aber zu überzeugen und macht auch etwaigen Zweiflern klar, daß der Hutträger aus Wuppertal (der diese Mode übrigens auch an seinen Basser "vererbt" hat) auch in seiner neuen Formation zum Besten zählt, was sich hierzulande im Bluesrock tummelt. Einige gewohnt lockere Ansagen kommen wie gewohnt auch dazu, ergänzt allerdings diesmal um viel Informationswert: Alle Stücke werden samt Herkunft angesagt, ausgenommen die Zugabe "Never Really Left You", die noch einmal alle musikalischen Schranken niederreißt, vom Hundertsten ins Tausendste kommt und den Hörer doch auch noch das Zehntausendste erhoffen läßt. Knappe zwei Stunden Bluesrock vom Feinsten bekommen also alle, die pünktlich da waren, der Rezensent immerhin auch noch eine reichliche Stunde. Treppenwitz am Rande: Der Drummer heißt mit Nachnamen Grabinger und der Basser Grube ...



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