www.Crossover-agm.de
John Garcia, Steak, Komatsu   12.12.2014   Jena, F-Haus
von rls

Knappe sechs Wochen ist dieses Package gemeinsam auf Tour gewesen, der Jena-Gig markiert den Abschluß der Konzertserie - und alle Beteiligten werden in ihren Ansagen nicht müde zu betonen, daß es eine sehr schöne Tour gewesen sei und man sich sehr gut verstanden habe. Ein Grund für diese Harmonie könnte darin bestehen, daß alle drei Bands trotz unterschiedlicher Herkunftsländer relativ ähnlich klingen, ähnliche Einflüsse haben und beide Vorbands zudem unüberhörbar vom Schaffen des Headliners inspiriert worden sind, der aber trotz seines Gottvati-Status eher als eine Art primus inter pares agiert zu haben scheint.
Komatsu eröffnen den Abend und machen schon mit einem handgeschriebenen Schild am Merchandisingstand, das verkündet, welcher der beiden angebotenen Tonträger ein Slo-Burn-Cover enthält, einen ihrer Einflüsse klar, noch ehe man überhaupt einen Ton von ihnen gehört hat. Die Holländer bauen eine mächtige Riffwand auf, die immer dann die größte Wirkung entfaltet, wenn sie im Downtempo dahinschleichen - spielen sie schneller, wird das Songmaterial zum einen beliebiger und zum anderen die Soundwand verwaschener, zudem hört man die Leadgitarreneffekte und auch die Vocals dann schlechter heraus. Letztgenannte teilen sich die drei Frontleute auf, indem der eine Gitarrist einen leicht angerauhten Leadgesang, der Bassist brüllende Backings und der andere Gitarrist hohen Klargesang beisteuert, mit dem er sich auch bei einer Epic-Metal-Band bewerben könnte (soweit man das anhand des Klanggewandes beurteilen kann). Interessant ist auch die optische Zusammensetzung des Quartetts: ein Leadsänger Marke gelockter Traumschwiegersohn, ein Zweitgitarrist, der wie eine robustere Version des mittelfrühen Sammy Hagar aussieht, ein Bassist aus der Abteilung "Freakstudent" und ein eher unauffälliger Drummer. Diese vier erzeugen viel Lärm, der natürlich etwas an Kyuss erinnert, aber einige etwas verquere Rhythmen einstreut und selten eine Songgrundidee von Anfang bis Ende im gleichen Stil bzw. Tempo durchzieht. Mit der Bandhymne "Komatsu" und dem John Garcia gewidmeten "Hail To The King" greifen die Holländer auf Material ihrer selbstbetitelten Debüt-EP zurück und spielen neben Material ihres ersten vollen Longplayers "Manu Armata" auch neue Songs. Der Setcloser "Blackwater" bekommt abermals eine Widmung an Garcia und fügt mit seinen doppelläufigen Leadgitarren im alten Thin-Lizzy-Stil noch ein weiteres Element in den Gesamtklang ein, wobei Komatsu aber auch damit nicht mehr als Höflichkeitsapplaus des schrittweise eintrudelnden Publikums ernten können, obwohl sie ihre Sache trotz des überlauten Sounds durchaus mehr als gut machen.
Steak haben ein anderes Soundproblem: Irgendwelche Frequenzen erzeugen ein ungeplantes Grunddröhnen, und als der Soundmensch das im vorletzten Song endlich wegbekommen hat, bleibt ein zwar lautstärketechnisch angenehm dimensioniertes, aber irgendwie etwas blutarm wirkendes Klanggewand zurück, das sozusagen eine Art Stonerrock light darstellt, wobei die Band im Gegensatz zu Komatsu auch nur mit einer Gitarre arbeitet. Der Kyuss-Einfluß ist auch hier unverkennbar, aber insgesamt erinnern Steak etwas mehr an die weniger doomige Hälfte der Bands, die in den Frühneunzigern auf Hellhound Records veröffentlichten, ohne freilich sonderlich starke Psychedelic-Einflüsse an den Tag zu legen. Insgesamt bevorzugen die Briten auch eher schnellere Tempi, und der Sänger ist der rauheste der drei Leadvokalisten des Abends, ohne freilich neue Extreme erreichen zu wollen. Seine Verbundenheit zum Headliner kommt im Tragen eines Tourshirts von John Garcia zum Ausdruck, während der Gitarrist rein optisch auch in jede Viking-Metal-Band gepaßt hätte. Apropos Verbundenheit: Einen der Songs bestreiten Steak in erweiterter Besetzung, nämlich mit Mike Pygmie und Ehren Groban aus Garcias Band als Zweitbassist bzw. -gitarrist - aber er liegt noch in dem Teil des Sets, wo das Grunddröhnen dafür sorgt, daß der Effekt der voluminöseren Instrumentierung weitgehend verpufft. Trotzdem ernten Steak viel Applaus vom mittlerweile deutlich angewachsenen Publikum, und es werden auch die ersten Headbanger gesichtet. Modische Notiz am Rande: Der Bandname läßt sich natürlich in mannigfacher Weise zu T-Shirt-Motiven verarbeiten, aber der Rezensent wird wohl der einzige Anwesende gewesen sein, der Parallelen zur eine Woche zuvor in Leipzig uraufgeführten Kammeroper "Barcode" von Manuel Durao ziehen konnte. Den Vogel schießt allerdings die Blondine im Publikum ab, die ein Shirt mit der Aufschrift "Kolonialtourist" trägt ...
Während die beiden Vorbands über die gleiche Backline spielen, hat der Headliner natürlich seine eigene, aber die Länge der Umbaupause hält sich trotzdem in Grenzen, bevor zunächst Groban, Pygmie und der konsequent sonnenbebrillte Drummer Greg Saenz mit dem Kyuss-Instrumental "Caterpillar March" einsteigen. Vor "Rolling Stoned" entsteht aber kurioserweise eine dramaturgische und atmosphärische Lücke, und solche gibt es abermals kurioserweise im restlichen Set auch noch einige - nach sechs Tourwochen sollte man solche Dinge doch eigentlich bemerkt und abgestellt haben ... Aber irgendwie will der Knoten in der ersten Sethälfte noch nicht richtig platzen, was möglicherweise daran liegt, daß hier überwiegend Songs des im Juli veröffentlichten Solodebüts John Garcias erklingen, während das Gros der Anwesenden eher auf eine Kyuss-Nostalgieveranstaltung gepolt ist, wie die frenetischen Reaktionen auf das hintere Setdrittel zeigen. Der Rezensent hat Kyuss nie live gesehen und kann daher keine Direktvergleiche ziehen; ihm fällt allerdings auf, daß Pygmies Baß oftmals eher von unten her zu spüren als zu hören ist und daher gelegentlich Soundlöcher entstehen, die Groban als alleiniger Gitarrist nicht füllen kann, wobei der Rezensent wie gesagt nicht beurteilen kann, ob das auch zu Kyuss-Zeiten so war und demzufolge an diesem Abend Absicht gewesen sein dürfte. Zudem ist Garcias Gesang in der ersten Sethälfte etwas zu weit nach hinten gemischt, was der Soundmensch dann irgendwann mal bemerkt und behebt - und dann kann sich diese bemerkenswerte Stimme erst richtig entfalten und Wirkung zeigen. Und das tut sie unverkennbar, wobei allerdings auch schon nach den ersten zwei Songs der neben dem Rezensenten stehende Kyuss-Altfan mit verklärtem Blick meint: "Das ist der Unterschied: Hier ist das Original - der Sound, die Stimme ...". Kyuss gelten bekanntlich als Urväter des Stonerrocks, und die Ex-Mitglieder konnten sich somit immer einer gewissen Aufmerksamkeit sicher sein, aber erst seit 2010 betreiben sie in wechselnden Konstellationen die konsequente Pflege und Revitalisierung ihres eigenen Erbes. Für die 2014er Tour ist angekündigt, Garcia würde auch einige Raritäten im Programm haben, die Kyuss selber nie live gespielt haben, aber da der Rezensent sie wie gesagt nie live gesehen hat, enthält er sich einer diesbezüglichen Analyse und stellt lediglich fest, daß die Kyuss-Songs in der Setlist durchaus in unterschiedlicher Intensität bejubelt werden, wobei allerdings im Regelfall schon nach den Eröffnungstakten ein gewisser Jubel aufbrandet. Die große Euphorie kommt dann allerdings erst zum Schluß, nachdem die Band wieder zu viert agiert (zwischenzeitlich hatte der Komatsu-Sänger mal als Zweitgitarrist agiert, aber das Soundgewand war dadurch leider etwas verwaschen worden, anstatt daß es druckvoller geworden wäre) und eine Art Hitfeuerwerk zündet: "800" und als erste Zugabe "Green Machine", beide vom Kyuss-Durchbruchsalbum "Blues For The Red Sun", dazwischen "July" von Slo Burn und als finale, ausgedehnte Soli auffahrende Zugabe "Whitewater", den Quasi-Closer vom Kyuss-Album "Welcome To Sky Valley". Danach geht der Abend nahtlos in den gemütlichen Teil über, indem Garcia auch die Roadies, den Tourmanager und die Merchandiserin auf die Bühne holt (Pygmie divt zuvor noch ins Publikum und schafft es immerhin bis kurz vors Mischpult) und sich alle gemeinsam über die letzten sechs gemeinsamen Wochen freuen.

Setlist John Garcia:
Caterpillar March
Rolling Stoned
One Inch Man
My Mind
5000 Miles
The Blvd
Gloria Lewis
Flower
El Rodeo
Argleben
Space Vato
Saddleback
800
July
---
Green Machine
Whitewater



www.Crossover-agm.de
© by CrossOver