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Status Quo, Carl Carlton   21.03.2014   Stuttgart, Schleyer-Halle
von gl

Das Ticket
Erfreulich, daß auch deutsche Quo-Fans der 70er die Gelegenheit haben, die "Frantic Four"-Besetzung im Rahmen dreier Shows in Berlin, Oberhausen und heute zu sehen. Es wird, und da lege ich mich nun fest, das letzte Mal gewesen sein! Zunächst sehen wir einen lässigen Opener: Carl Carlton und seine Begleiter Percussionist Wayne Sheehy und Keyboarder Pascal Kravetz (Sohn von Jean-Jacques). Das Ganze läuft unter dem Thema "The Spirit Of Woodstock" und passende Songs aus der Zeit kommen zu Gehör. Die drei Multiinstrumentalisten, verstärkt durch Chris Kramer an der Mundharmonika, machen einen Super-Job, und auch wenn sich all die Aufmerksamkeit auf den Headliner richtet, kann man die Klasse des Gebotenen anerkennen. Als kleinen Coup spielt man "Pictures Of Matchstick Men" und gewinnt damit natürlich Beifall.
Die Stimmung ist beim Stakkato-Bass-Intro erwartungsfroh bis kurz vorm Platzen vor dem riesigen "Hello!"-Vorhang. Jener fällt, aber die vier stehen nicht dahinter (wie letztes Jahr) sondern John sitzt bereits und die Gitarristen haben ihre Instrumente schon umhängen. Längst wurde der Steamhammer-Song "Junior's Wailing" zum eigenen gemacht und dient wieder als Eröffnung. Der Sound ist laut, aber nicht zu laut und leicht "dreckig", wie das sein soll. Alan Lancaster singt auch die nächsten Lieder, das phänomenale Heavy-Doppel "Backwater/Just Take Me" und auch "Is There A Better Way" - seine Stimme ist kräftig, aber körperlich wirkt er fragil und sein breitbasiger unsicherer Gang entgeht keinem in den ersten Reihen. "Total gesund", wie sich der Wahlaustralier gegenüber dem Autor noch im Vormonat bezeichnet hat, sieht anders aus! Leider viele Handy-Deppen und Ölgötzen (der Begriff "Handtaschenpublikum" wurde etabliert) vor der Bühne, die den engagiert rockenden Fans ein wenig die Laune verderben. Das entspannte "In My Chair" und die beiden Ladies, die blauäugige und die kleine, demonstrieren, wie gut diese vier wieder als Einheit funktionieren. Francis Rossi, selbst der größte Kritiker, hat auf Proben bestanden, da er, selbst wenn Fans in den höchsten Tönen schwärmen, immer was zu meckern hatte. Das Ergebnis sieht man heute wunderbar an John Coghlan, der sicher wie ein Uhrwerk seine Kessel flickt und nun eine sichere Bank ist, selbst bei Breaks und Wechseln. Rhythmus-Maschine Rick Parfitt ist eh nicht von dieser Welt mit seinem kraftraubenden aber nie primitiven Geschrubbe und Rossi selbst wird viel zu wenig als Gitarrist gewürdigt, obwohl wir seine Fähigkeiten heute wieder bei "Railroad" erleben dürfen, bei dem die Blues-Wurzeln der Band (durch Verstärkung von Bob Young an der Mundharmonika) herrlich hervorkommen. Änderungen zu 2013 gibt's nur kleine: "Rain" kommt ganz, in "4500 Times" wird zur Freude vieler Alt-Fans ein kleiner Teil von "Gotta Go Home" eingebaut und "Caroline" gibt's diesmal als Zugabe. Gegen Ende verlassen Alan die Kräfte und es ist herzzerreißend, wie sich Francis um ihn kümmert: Mit dem Rücken zum Publikum reicht er ihm das Plektrum, da jener es nicht greifen kann. Außerdem muß der Bassist nach dem verkürzten "Bye Bye Johnny", welches er dennoch einigermaßen in Würde zu Ende bringt, gestützt von der Bühne geführt werden, was für einige betretene Gesichter sorgt und nicht nur bei mir, auch bei einigen Umstehenden ein wenig die Freude gedämpft hat.
Es ist nicht übertrieben, wenn mein Eindruck an diesem Abend war, dass die Tour danach abgebrochen wird. Ca. 8000 glückliche Leute haben dennoch eine letzte große Demonstration einer mächtigen Rock-Institution erlebt, die in dieser geballten Form nur von diesen vier Musikern ausgehen kann.

PS: Von allen Shows danach bis zum Finale in Dublin wird von einem deutlich fitteren Alan Lancaster berichtet, was die schönste Nachricht zum Thema ist.






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