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1. Metal-Night mit Kilminister, Triekonos, Arranged Chaos   12.10.2013   Geithain, Bürgerhaus
von rls

Als Metalhochburg gilt das auf halbem Wege zwischen Leipzig und Chemnitz im schönen Sachsenland gelegene Geithain, wo einst der Rezensent seine drei letzten Schuljahre am Gymnasium verbrachte, nicht gerade - im Jugendhaus laufen zwar immer mal Konzerte, aber dort widmet man sich eher der punkigen Sparte, was wiederum dem kurzhaarigen Teil der Lokaljugend ein Dorn im Auge ist. Nun gibt es mit der 1. Metal-Night im Bürgerhaus mal eine Gelegenheit für die "neutrale" rock- bzw. metalsozialisierte Hörerschaft eine Gelegenheit, gediegene Livemusik in der eigenen Stadt zu erleben. Nur bringen es gute Teile dieser Hörerschaft nicht fertig, zu diesem Behufe ihre eigenen vier Wände zu verlassen (der Eintritt liegt mit gerade mal 6 Euro im Vorverkauf im äußerst sozialfreundlichen Bereich), und so findet sich an diesem Abend im Bürgerhaus nur eine überschaubare und zudem äußerst eigenartig zusammengesetzte kleine Schar ein, die zudem zu einem gewissen Teil zur "Ich stehe an der Bar, und was die Band da macht, interessiert mich nicht"-Fraktion gehört.
Immerhin beginnt der Konzertabend pünktlich 21 Uhr, und als der Rezensent, der das Ticket privat erworben hat und daher ohne jegliche Verpflichtung anwesend ist, reichlich 15 Minuten später eintrifft, haben Arranged Chaos einen guten Teil des Sets schon hinter sich. Die letzten zweieinhalb Songs machen deutlich, daß sich im Vergleich zum Gig in Weißenfels beim No Silent Backlands-Festival ein knappes Vierteljahr zuvor stilistisch wenig geändert hat: Das Quintett spielt immer noch Metalcore, und die Leadgitarren sind noch schlechter hörbar als damals, was dem Material viel von seinem Reiz nimmt. Zu "Like A Cowboy" darf der Basser auch wieder mit Pferdekopf rocken und ein wenig tappen, und obwohl mittlerweile Herbst ist, haben diverse Bandmitglieder immer noch ihre Kniehosen im Einsatz, wenngleich zumindest die Bermudas diesmal im Schrank geblieben sind. Auch der engagierte Sänger kann das Publikum nicht zu etwas mehr als Höflichkeitsapplaus animieren.
Triekonos residieren im nur etwa 10 Kilometer entfernten Bad Lausick, sind also so etwas wie Lokalhelden und haben auch eine Reihe Fans mitgebracht - die brauchen sie auch, denn es sollen publikumseinbeziehende Videosequenzen für den Song "Minor Heaven Nor Hell" gedreht werden, und da macht es sich schlecht, wenn keiner vor der Bühne steht. Zwar braucht die interessierte Schar auch erst eine Aufforderung von Bassist/Sänger Nick, aber dann ist das Areal vor der Bühne doch halbwegs gut gefüllt, wenngleich hinter diesem Pulk erstmal wieder gähnende Leere herrscht und auch die Leute vor der Bühne mehr als genug Platz haben, um das Tanzbein zu schwingen oder die Haarpracht kreisen zu lassen. Triekonos arbeiten gerade an ihrer dritten Scheibe, die im Februar 2014 vorliegen soll und deren Titel "Changes" an diesem Abend erstmals bekanntgegeben wird. Ob der Titel programmatisch zu verstehen ist, muß sich noch zeigen, kann zumindest anhand des Liveeindrucks nicht entschieden werden. Das Trio spielt jedenfalls immer noch seine Mixtur aus Punk, Traditionsmetal, Thrash und klassischem Rock, die es kurz und bündig als "Aggressive Rock" zusammenfaßt. Allerdings sind besonders bei Nick weitere Fortschritte in der Kontrolle seiner Stimme zu erkennen, was im Verbund mit den ebenfalls singenden beiden anderen Herren einen souveräneren Eindruck hinterläßt als früher. Von den Songs her überzeugen die beiden Titelsongs der bisherigen Scheiben, "Welcome Home" und "Suicide", nach wie vor am meisten, obwohl das Trio auch andere interessante Werke am Start hat. Allerdings müssen auch Triekonos an diesem Abend mit einem eher suboptimalen Sound zufrieden sein, wobei besonders die Gitarre häufiger unter den Tisch fällt. So will die richtige Partystimmung denn auch nicht aufkommen, obwohl das Publikum vor der Bühne durchaus gut gelaunt ist und letztlich sogar noch eine Zugabe einfordert (und diese auch bekommt).
Mit Coverbands kann man in der Provinz ja häufig auf Nummer sicher gehen - aber diese Regel hat Ausnahmen, und eine derselben zeigt sich an diesem Abend, der als eher seltsam in die Annalen eingeht. Das liegt weniger an Kilminister, die sich, wie der Name schon andeutet, dem Schaffen von Motörhead, also einer Konsensband im harten Bereich, verschrieben haben, sondern am Publikum und am schwankenden Soundgewand. Letzteres ist eigentümlich, weil gelungene und problematische Phasen unmittelbar aufeinander folgen, etwa in "Iron Fist", dessen Hauptteil klar genug daherkommt, aber dann von einem kaum zu vernehmenden Solo unterbrochen wird, das man nur deshalb erkennt, weil man halt das Original auswendig im Kopf hat. Im Publikum wiederum befinden sich ein paar Metalcorejünger, die vor der Bühne teilweise recht aggressiv Kampfsport betreiben, so daß das "normale" Publikum irgendwann an die Seiten und in die hinteren Bereiche ausweicht, von dort aus aber wenigstens noch genügend Applaus spendet, um den Gig nicht vollends zum Fiasko werden zu lassen. Das hätten Kilminister nämlich nicht verdient - sie sind gut, zweifellos, und wenn sie vor dem "richtigen" Publikum spielen, dürfte die Kombination auch funktionieren. Interessanterweise spielen Kilminister Motörhead nicht nur nach, nein, der Sänger und Bassist sieht auch noch ein bißchen aus wie ein jüngerer Lemmy, nur ohne die markante Warze. Den Tonfall trifft der Vertreter auch gut, nur nuschelt er ein wenig zu sehr, was das Original gar nicht so sehr tut, wie man gemeinhin immer anzunehmen geneigt ist (der Rezensent hat zufällig ein paar Tage später eine der Myriaden von Motörhead-Best-Ofs im Autoradio laufen gehabt). Kilminister arbeiten als Trio, spielen aber interessanterweise auch Material aus der Quartettphase Motörheads, und dabei wählen sie nicht nur das offensichtliche "Orgasmatron", sondern graben auch selten zu hörende Tracks aus, wobei sich der Rezensent speziell über "Burner" (O-Ton Lemmy in einem Interview: "Mikkey kam eines Tages in den Proberaum und meinte: 'Laßt uns mal einen richtigen Burner schreiben!' Deswegen heißt das Stück auch so.") sehr gefreut hat, aber in ähnlicher Weise auch über die Halbballade "Love Me Forever". Der Titelsong von "Sacrifice" wird mit einem Drumsolo ausgestattet, und neben Standards wie "Bomber" (das quasi in jeder Songpause aus der Ecke rechts hinten gefordert wird) darf man auch seltener zu hörende Stücke wie "Over The Top" genießen, wenn denn die Rahmenbedingungen gerade mal Genuß möglich machen. Die Zugaben (zumindest "Overkill" dürfte als solche eingeplant gewesen sein) integrieren Kilminister auch wegen der zunehmend schwächer werdenden Publikumsreaktionen (nach "R.A.M.O.N.E.S." herrscht bis auf wenige Klatscher irritiertes Schweigen, weil fast keiner was mit diesem Stück anzufangen zu wissen scheint) gleich in den Hauptset und verschwinden nach knapp anderthalb Stunden von der Bühne, die Frage "Ergibt eine 2. Metal-Night irgendwann Sinn?" ungestellt im Raum stehen lassend.



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