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Amsterdam Klezmer Band   05.09.2013   Leipzig, Werk 2
von rls

Same procedure as last year? Naja, fast. Inwieweit der neue Konzerttermin auch schon für neue Musikeindrücke gesorgt hat, bleibt Theoretikern zu ergründen vorbehalten. Eigentlich hätte dieses Konzert nämlich schon im April 2013 über die Bühne der Halle D im Werk 2 gehen sollen, dreizehn Monate nach seinem Vorgänger an gleicher Stelle. Aber dann bekam die Amsterdam Klezmer Band ein Angebot für einen größeren Fernsehauftritt in ihrer Heimat justament an diesem Abend und entschied sich, dieses anzunehmen und das Leipzig-Konzert zu verschieben. Selbiges findet nun viereinhalb Monate später statt. Dem Publikumszuspruch, soviel vorweg, hat die Verschiebung nicht geschadet: Das Werk 2 ist ähnlich voll wie im März 2012, also durchaus ordentlich ge-, aber nicht überfüllt, so daß man immer noch genügend Platz zum Schwingen des Tanzbeins hat. Und am Grundstil des Septetts, Klezmer mit verschiedenen anderen Stilistika, darunter viel Ska, zu einem meist hochgradig tanzbaren Konglomerat zu vereinen, hat sich auch nichts verändert. Aber, und jetzt kommen wir zu den neuen Musikeindrücken aus der Einleitung zurück, es stehen diverse neue Kompositionen im Set dieses Abends. Konserviert sind sie noch nicht - seit "Mokum" ist noch kein weiteres Tonzeugnis der Band erschienen -, und so findet an diesem Abend der Erstkontakt der Besucher mit dem neuen Material statt. Ob der auch schon im April 2013 möglich gewesen wäre oder aber nicht, weil etwa die Kompositionen damals noch gar nicht geschrieben waren, also brandneue Produkte der letzten viereinhalb Monate darstellen, das ist die Frage, deren Beantwortung den Theoretikern vorbehalten bleibt. Für die praktische Anmutung ist sie von geringerer Bedeutung, aber auch nicht ganz ohne Belang: Die neuen Werke des Hauptsets passen sich nämlich so bruchlos in diesen ein, daß sie mehr oder weniger zeitlos wirken - aber dann kommt noch der ebenfalls neue "Wedding March" als erste Zugabe, und da stellt sich dann schon die Frage, ob der an dieser Stelle schon mal ausprobiert worden ist. Irgendwie will er dort nämlich nicht so richtig hinpassen, mutet sperrig und fast unzugänglich an und ist nur bedingt geeignet, die prima Stimmung weit oben zu halten. Vielleicht ändert sich das mal, wenn er auch auf CD erschienen ist und das Publikum ihn auswendig kennt, vor allem seine zahlreichen spröden Tempowechsel (nix mit geradlinigem deutschem Marsch, auch nix mit Mendelssohn oder gar Wagner!) automatisch mitvollziehen kann - an diesem Abend ist dem jedenfalls noch nicht so, und so bleibt es erst den weiteren drei Zugaben vorbehalten, die Kastanien erneut aus dem Feuer zu holen, nachdem diese vor allem in der zweiten Sethälfte schon ziemlich durchgebacken worden waren.
Die etwas merkwürdige Publikumsanmutung von 2012 wiederholt sich 2013 im Generellen allerdings nicht: Auch in den vorderen Reihen herrscht gesteigerter Bewegungsdrang, und nach ein wenig Anlaufzeit lebt das Publikum diesen dann auch aus, wenngleich ohne wilde Pogoparts zu inszenieren. Aber die Stimmung ist spätestens bei "Takaj Zhizn" an Setposition 3 klasse - dem ersten von etlichen Songs, bei denen Percussionist Alec ans Frontmikrofon tritt. Song 5 beruhigt die Gemüter nochmal etwas, allerdings planmäßig - die melancholische Halbballade "Bi Gouldji" von Posaunist Joop ist zwei Setpositionen nach vorn gerückt, kann diesmal den Gänsehautfaktor von 2012 allerdings nicht ganz reproduzieren, wenngleich es sich immer noch um ein hochemotionales Stück Musik handelt. Danach aber wird dem Tanzbein wieder freier Lauf gelassen, diesmal übrigens hier und da noch mit einer Extraportion Groove, wozu auch die Tatsache paßt, daß sich Saxophonist Job, wenn er Gesangsaufgaben übernimmt, verstärkt einem fast rapartigen Sprechgesang widmet und diesen bisweilen sogar im Duett mit Alecs wohlklingender Stimme darbietet. Auch ansonsten ist die Vielfalt auf der Bühne, was die Instrumentenrotation betrifft, fast noch gewachsen, aber die Kombinationen funktionieren blendend und werden zudem von einem klaren und nicht überlauten Soundgewand unterstützt. Das Grundtempo nimmt - auch das kennt man schon von 2012 - im Hauptset immer weiter zu, während der Zugabenblock nach dem sperrigen "Wedding March" noch aus drei Midtemponummern besteht, die erst gegen Ende hin nochmal richtig Fahrt aufnehmen. Knappe zwei Stunden stehen die Holländer wieder auf der Bühne und hinterlassen erneut ein glückliches und zufriedenes Publikum. Same procedure nächstes oder übernächstes Jahr wieder? Sehr gern!



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