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Boysetsfire, The Gallows, Paper Arms   20.06.2013   Berlin, Astra
von Corey5

"Astra" - nicht das erste Mal, dass ich hier bei einem Konzert war. Dies spricht ja schon einmal für die Location. Für Konzerte ist das Astra auch prädestiniert. Ausreichend Platz ist vorhanden. Dennoch ist es nicht so groß, dass das Flair verloren geht, wenn die Band scheinbar unerreichbar auf einer weit entfernten Bühne spielt. Es ist noch immer sehr persönlich. An der Bar wird man ausreichend schnell bedient, da genügend Servicekräfte hinter der Theke stehen. Zudem ist in den Pausen bei gutem Wetter auch dort eine Bar eingerichtet - besonders für Raucher ist dies von Vorteil. Ich persönlich ziehe meinen Nutzen daraus, da nicht so viele innerhalb der Location rauchen und die Luft zum Schneiden wird. Schade, dass einige dennoch in beengten Situationen ohne Rücksicht auf Verluste zum Glimmstängel greifen. Ich rauche auch ab und zu mal eine und habe prinzipiell keine Probleme damit - aber das muss nicht sein und kann einem schon manchmal den Spaß verderben … bevor es überhaupt losgeht.
Das Gute daran war, dass ich feststellen konnte, dass es schon sehr früh recht voll war. Beim letzten Konzert sah das ja etwas anders aus. Direkt nachdem ich das Positive an der Situation gesehen habe, ging es dann auch schon los.

Paper Arms  Paper Arms

Paper Arms  Paper Arms
Die Paper Arms betraten die Bühne. Leider muss ich zugeben, die Band bis dahin nicht gekannt zu haben, und war somit auch auf alles vorbereitet. Glücklicherweise wurde ich doch recht positiv überrascht. Es folgte natürlich kein zweistündiges Feuerwerk, aber auch im Gegensatz zum ersten Eindruck der eher unscheinbar wirkenden Jungs (Josh, Tom, Mike und Max), die da auf die Bühne traten, war die Stimmung, die sie rüber brachten, unübersehbar - und auch unüberhörbar. Offensichtlich gehörte ich auch einer Minderheit derer an, die diese Jungs nicht kannte. Mittlerweile können sie sich aber in die Riege australischer Bands einfügen, die meinen Geschmack treffen (neben beispielsweise Karnivool und Dead Letter Circus) - wenngleich der musikalische Stil hier nicht gen Progressive Rock, sondern eher Richtung Post Hardcore mit gewissen Punkeinflüssen geht. (Im Internet fand ich eine auch recht treffende Definition: Emo-Punk-Rock-Post-Krams.) Leider spielten die Jungs nicht sonderlich lange, gaben dafür aber Herzblut. Die Songs waren allesamt sehr gut, wirkten aber nicht extrem dynamisch. Vom neuen Album "The Smoke Will Clear", das Ende März über Uncle M veröffentlicht wurde, wurden auch einige Songs gespielt, etwa "These Nights" und "Tanks Of Dust". Zweiterer gibt auch eine melancholische Seite weiter, die bei Live-Konzerten immer sehr schön wirkt.

The Gallows  The Gallows

The Gallows  The Gallows

The Gallows  The Gallows

The Gallows
Die Pause gestalte sich im Gegensatz zur letzten Veranstaltung, bei der ich im Astra war (Rebellion-Tour), durchaus kurz. Im Hintergrund der Bühne wurde dann schon die Flagge von Boysetsfire gespannt, was für dezente Verwirrung meinerseits (fallen die Gallows etwa aus?) sorgte. Doch als die englische Hardcore-Punk-Band aus Watford auf die Bühne stürmte und direkt Stellung bezog, verflogen meine Ängste. Die Vier wussten auch genau, wie sie das Publikum direkt von der ersten Minute an mitreißen konnten. Die seit mittlerweile 2006 aktive Band kann auch auf entsprechende Erfahrung zurückgreifen.
Die veröffentlichten Studio-Alben sind von Beginn an erfolgreich eingeschlagen. Das Debüt-Album "Orchestra Of Wolves" erhielt 2007 den Kerrang! Award für den besten britischen Newcomer. Die erste Single-Auskopplung fand ihren Platz im PS-Spiel "Guitar Hero III: Legends Of Rock". 2009 spielten sie die komplette Vans-Warped-Tour mit. Seit 2011 ist Frontmann Frank Carter jedoch mit einem weiteren Projekt, Pure Love, so beschäftigt, dass er bei den Gallows ausstieg. Pure Love ist bisher allerdings eher mäßig erfolgreich. Für ihn sprang Mitte 2011 Wade MacNeil ein, der sich recht zügig als festes Mitglied der Band etablierte und nun seit dem aktuellen Album "Gallows" für den vokalen Teil des Sounds verantwortlich ist. Wenngleich ein Sängerwechsel bei Bands für mich eigentlich immer eher skeptisch zu betrachten ist, haben die Gallows diesen Spagat zwischen etwas Neuem und dem Treubleiben gegenüber den Fans - ähnlich Drowning Pool oder Killswitch Engage - sehr gut gemeistert.
Das Konzert dauerte circa 40 Minuten und es wurden Titel wie "Misery" und "Cross Of Lorraine" gespielt, welche das Publikum extrem aufheizten. Selten war ein Punk-/Post-Hardcore-Konzert so voller Energie und Ekstase aber dennoch gleichzeitig so angenehm gewesen. Einen Großteil dazu trug allerdings auch die Crowd bei. Alle waren super drauf und dennoch irgendwie entspannt und fair. Der Effekt, den eine Vorband erzielen soll, wurde hier keinesfalls verfehlt und die Spannung stieg. Gegen Ende wurde noch einmal richtig Stimmung für Boysetsfire aus Richtung der Bühne gemacht.

Boysetsfire  Boysetsfire

Boysetsfire  Boysetsfire

Boysetsfire  Boysetsfire
Als dann die fünf Mannen um Nathan Gray die Bühne betraten, war es um quasi alle Anwesenden im Saal geschehen. Noch bevor der erste Ton ertönte, war das Publikum nicht mehr zu halten. Nach einem kurzen "Hello, we are Boysetsfire" schlugen auch die ersten Riffs schon ein. Man merkt den Jungs direkt ihre Bühnenerfahrung an. 2014 feiern die fünf zwei Dekaden Musikgeschichte - wenngleich diese nicht durchgängig waren: 1994 wurde die Band gegründet. 1997 allerdings kam erst das Debüt-Album "The Day The Sun Went Out" auf den Markt. Nach fünf weiteren Alben bis einschließlich "The Misery Index: Notes From The Plague Years" (2006) gab die Band 2007 ihre Trennung bekannt. Die finalen Abschiedskonzerte fanden in Philadephia - ganz in der Nähe ihres Heimatortes Newark - statt. Nach dem Aus eines anderen Projektes (The Casting Out) gaben Boysetsfire jedoch zum Glück im Oktober 2010 ihre Reunion bekannt.
Die aktuelle Tour lief zum Release des neuen Albums "While A Nation Sleeps". Es wurde jedoch nicht auf ältere Songs verzichtet und man könnte das Konzert als eine kleine Zeitreise durch die Geschichte der Band sehen. Die Werbetrommel für "While A Nation Sleeps" wurde natürlich ordentlich, nicht aber zu aufdringlich, gerührt. Selten habe ich vom gesamten Drumherum ein solch gutes Konzert erlebt. Die Crowd war fleißig am Bewerkstelligen einiger Moshs und Circle-Pits, aber kein bisschen aggressiv oder zu überschwänglich rücksichtslos. Der Übergang von der ersten headbangenden Reihe zum Pit bis nach hinten zu denen, die einfach nur mit dem Bier in der Hand da standen, war sehr fließend und harmonisch. Mich würde ich - größtenteils - eher der mittleren Kategorie zuordnen. An der Seite des Saals befinden sich auch Stützbalken, welche eine räumliche Trennung ermöglichen und neben denen man sich auch gut ausruhen und einfach das Konzert genießen konnte, ohne in den Sog des Pit gezogen zu werden.
Alles in Allem war dies eines der besten Konzerte seit langem - und dies nicht nur der Bands, sondern auch der Crowd und der gesamten Organisation wegen. Danke für dieses tolle Erlebnis.






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