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Madball, Comeback Kid, Terror, Your Demise, AYS, The Setup   15.03.2013   Berlin, Astra
von Corey5

"Astra" - ein Name, der - soweit ich gehört habe - für gepflegte Unterhaltung steht. Gelegen direkt an der Warschauer Straße, da wo Friedrichshain und Kreuzberg aufeinander treffen. Aus jeder Ecke Berlins perfekt erreichbar. Also, warum sich das Ganze nicht einmal näher anschauen, wenn ein kleines Hardcore-Festival mit sechs Bands ansteht? Dem äußeren Anschein nach könnte man meinen, es sei ein verlassener kleiner Industriepark, der seine besten Tage schon lange hinter sich hat. Sobald man aber zum Wochenende genauer hinschaut und hinhört, wird einem klar, dass dem so nicht ist. Somit mache ich mich auf den Weg, um die Chance zu nutzen, mir dieses heruntergekommene Fabrikgelände mal von Nahem anzusehen. Vor dem Eingang warten schon viele Partyhungrige, denen man durchaus ansieht, dass "Hardcore" nicht nur ein Musikstil, sondern eher eine Lebensphilosophie für sie ist. Also schnell noch das auf dem Weg zum Konzert genossene Bier Oral verklappt und rein in das Unbekannte. Der Stil ändert sich sofort. Die Location überrascht durch ein großes Platzangebot und teils mit (Zirkus-)Zeltplanen abgedeckte Räumlichkeiten im Eingangsbereich. Stilistisch recht klasse gemacht, da das bei jeder Veranstaltung gut passt. Weiter hinten komme ich nicht an der ersten Bar vorbei, ohne das nächste Bier an den Hals zu setzen. Und damit auf nach vorn. Es ist sehr leer, die erste Band - The Setup - steht bereits auf der Bühne und legt just in dem Moment los, in dem ich meinen gewünschten Platz erreiche. Das Publikum ist im Großen und Ganzen durchaus als zurückhaltend zu bezeichnen, die Band als stereotypisch für die Szene zu beschreiben und meine Ambitionen, mich zur Musik zu bewegen, sind auch noch eher verhalten. Es fällt auf, dass der zwar monoton anmutende, aber sehr intensive Sound der Band stark im Kontrast zu den Bandmitgliedern steht, die auf der Bühne wie angewurzelt stehen. Der Frontman gibt sich gesanglich (wenn man das teilweise harte Geshoute und Gescreame so nennen darf) recht präsent, wirkt allerdings etwas zurückhaltend, was sich ganz klar im Publikum widerspiegelt. Als ich nach der ersten Band wieder zur Bar gehe, da das Bier schon längst leer ist, fällt auf, dass sich 60% oder mehr aller Besucher noch im Barbereich aufhalten - wohl auch, da das Rauchen hier noch gestattet ist.

AYS  AYS
Noch bevor ich mich mit meinem nächsten Bier wieder in Richtung Bühne bewege, erklingen schon die ersten Riffs von AYS. Nach der nur knapp zehnminütigen Pause bewege ich mich zügiger durch die mittlerweile etwas angewachsene Menge im Saal. Wieder stehen fünf Mann auf der Bühne. Man könnte meinen, lediglich der Frontman wurde ausgetauscht. Die Bewegungen auf der Bühne werden aber dynamischer und passen allmählich zu den vorantreibenden Klängen, die einem von der Bühne entgegengeschmettert werden. So ganz langsam scheint auch die Menge "wach" zu werden, wenngleich alle die Füße noch fest auf dem Boden haben und lediglich die Oberkörper leicht im Rhythmus bewegen. Nach diesem doch recht kurzen Intermezzo ist dann auch schon wieder Pause. Also bewege ich mich wieder durch die stetig wachsende Masse, um mir Bier Nummer drei holen zu können.

Your Demise
Die Musik in der Pause passt zum Event und überbrückt die Wartezeit, bis Your Demise auf die Bühne stürmen, perfekt. Diesmal ist die Pause auch etwas länger. Ich stehe wieder vorn und ein Typ, der aussieht, als wäre er einem französischen Hip-Hop-Video entsprungen, betritt die Bühne. Ich bin verwirrt, schaue verzweifelt in Richtung Bühne und warte, was passieren wird. Doch all meine Zweifel sind im nächsten Moment zum Glück auch schon wieder dahin, als er beherzt in das Mikro schreit und die Crowd begrüßt. Nach nur wenigen Minuten schafft dieser kleine, unscheinbare und zudem für dieses Event eher merkwürdig gekleidete Mensch das, was die vorigen Bands vergeblich versuchten: das Publikum zum Bewegen zu animieren. Ein kleiner Circle-Pit entsteht und auch ich kann mich nicht erwehren, diesen mitzunehmen. Also gebe ich das Bier dem Mädel neben mir und springe mit rein. Nach nur wenigen Liedern wird es dann etwas melodischer, was mir durchaus zusagt. Also wieder zurück zum Bier. Mir fällt auf, dass der Bassist offensichtlich abgedrehte Filme schiebt. Ein grandioser Anblick. Als das letzte Lied ertönt, hat mich die Band überzeugt, dass sie mehr als einfach nur drauf klopfen können, eine gekonnte Mischung durchziehen und in der Lage sind, ein Publikum auch entsprechend zu animieren. Man könnte fast von Wiedererkennungswert sprechen.

Terror  Terror

Terror
Zur Pause hin ertönt aus den Boxen dann jedoch Eminem ft. Dr. Dre, was mich stark verwundert. Leider bleibt die musikalische Richtung die gesamte Pause über erhalten. Was haben sich die Veranstalter da bitte gedacht? Mir fällt jedoch auf, dass das einer ganzen Menge sehr gut gefällt. Unverständlich. Aber gut ... mal sehen, was Terror so drauf haben.
Noch nicht ganz auf der Bühne, kocht der Saal schon. Habe ich etwas verpasst? Liegt es am Bier? Nein, es liegt an der Band. Wieder vorn an der Bühne mit Bier vier in der Hand bemerke ich nur, wie ein Typ, der aussieht, als sei er gerade aufgestanden, im Jogginganzug über die Bühne springt wie vom Hafer gestochen. Sehr gut, so muss das sein. Endlich ist das Publikum kaum noch zu halten. Jetzt beginnt der amüsante Teil des Abends. Keine zehn Minuten später beginnt das den ganzen Abend kaum abbrechende Stage-Diving. Das Publikum wird dazu animiert die Bühne zu betreten und mit Anlauf in die Massen zu springen - wie am Fließband. Auch der Frontman lässt sich diesen Spaß nicht entgehen. Es ist ein super Miteinander. Bier vier schmeckt mir.

Comeback Kid  Comeback Kid

Comeback Kid  Comeback Kid
In der nächsten Pause komme ich mit einer Gruppe ins Gespräch und alle bemängeln die musikalische Überbrückung, welche wieder aus Hip Hop und RnB besteht. Wir trinken noch ein Bierchen und gehen gemeinsam wieder zur Bühne, als die Band scheinbar zu spielen beginnt. Es ist jedoch nur der Soundcheck von Comeback Kid. Dieser klingt allerdings dynamischer als der gesamte Auftritt von The Setup. Nach einer fast schon unverschämt langen Pause stürmen die fünf Jungs aus Kanada die Bühne und legen los, wie es sich bei einem anständigen Hardcore-Festival gehört. Andrew Neufeld, der Sänger, gibt sich auch die Ehre und verschwindet relativ zu Beginn in der tobenden Masse. Nun höre auch ich erste mir bekannte Lieder und kann nichts anderes mehr machen, als in den Circle-Pit zu springen und mich von der Musik und der kochenden Stimmung mitreißen zu lassen. Die Band spielt recht lange, verausgabt sich und bringt das Publikum ordentlich ins Schwitzen - mit Krachern wie "Do Yourself A Favor" und "Because Of All" sowie "The Concept Stays" auch kein Problem. Ein Comeback Kid-Konzert sollte also auch durchaus auf der Liste eines jeden stehen, der Hardcore, Metalcore und Co. zu seinen bevorzugten Musikrichtungen zählt.
Die kochende Stimmung bricht jedoch recht schnell ein, als zur Pause geläutet wird. Getrübt vom noch nachhallenden Klang dieses Konzertes fällt gar nicht auch, dass in der 45-minütigen Pause Indie aus den Boxen hallt. Gegen Ende der 45 Minuten fragt man sich rückblickend erst, wo die Zeit geblieben ist, wenn man zur Abwechslung mal auf die Uhr schaut. Es ist doch sehr schade, dass die super Stimmung, die sich im Laufe des Abends extrem hoch schaukelte, dann dezenter Ernüchterung weicht, weil man vergeblich darauf warten muss, dass es weiter geht. Viele scheinen auch - wie ich - eher wegen Comeback Kid zu dieser Tour gekommen zu sein und verabschiedeten sich schon, bevor Madball die Bühne überhaupt betreten. Doch als die vier New Yorker die Bühne stürmen, war alles binnen weniger Sekunden vergessen und der Mosh zürnte erneut ohne Vorwarnung vor der Bühne, ohne dass es ein Halten gibt. Die Band, die 1988 abgesehen von Freddy Cricien größtenteils aus den Mitgliedern von Agnostic Front entstand (von denen heute kein einziger mehr in der Band ist), gibt alles und bringt dem Abend noch ein ehrwürdiges Ende. Die teilweise gerappten Passagen, welche teils an den Stil des Crossover erinnern, scheinen allerdings vielen nicht so zuzusagen und so wird es ein Stück weiter weg von der Bühne langsam leerer - was an der siedenden Stimmung direkt vor der Bühne in keiner Weise etwas ändert. Nach gesamt gut fünf Stunden neigt sich der Abend dann dem Ende, ich habe sehr gute Laune und weiß, dass ich auf diesem Gelände öfter mal zu bestimmten Partyreihen oder Konzerten gehen werde. Wieder etwas gefunden, für das ich Berlin ein Stück mehr lieben kann. Jetzt wird sich noch mit ein paar Freunden getroffen und die gute Stimmung in einem Club unweit von hier aufrechterhalten.






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