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Mono, jeffk.   10.11.2012   Leipzig, UT Connewitz
von sk

Da steht dieser riesige Gong unter dem pseudo-antiken Portikus auf der Bühne des UT, leicht erhöht hinter einem ausladenden Schlagzeug und schon fühle ich mich an das Film-Set von "Pink Floyd - Live in Pompeji" von 1972 versetzt. Absichtliche Reminiszenz oder hübsches Versehen? Egal.
Ein guter Freund ist mit dabei, er weiß nicht, wer was und wie Mono ist und das ist gut so. Er ist für diesen Abend mein Versuchskaninchen. Zur Sicherheit frage ich noch: "Weißt du, was Post-Rock ist?" Er sagt: "Nö!" und bevor ich was erklären muss, was ich nicht erklären kann, rettet mich die Vorband jeffk. "Das ist Post-Rock", meine ich zu ihm, als die Jungs in klassischer Dreier-Besetzung zu frickeln anfangen. Um nicht ganz dumm dazustehen, gebe ich mit dem an, was ich auf der Homepage der Band in der Selbstbeschreibung gelesen habe: "So drei Punkte im Raum einander im Dreieck begegnen, bauen sich Einfluss und Wirksamkeit im Klanglichen zusammen." Mein Kollege schaut mich fragend an. Wesentliche Informationen gehen in der Lautstärke verloren und wir bilden ein Dreieck im Raum aus sich begegnenden Punkten: Seine Hand klopft mitleidig auf meine Schulter, während wir miteinander anstoßen. Die Selbstbeschreibung der Band passt leider sehr genau: Verkopft und ein wenig überambitioniert, aber handwerklich solide. Beim dritten Song fragen wir uns, ob wir den nicht schon zweimal gehört haben, und wundern uns, warum die guten Einfälle der Band nicht in einer konsequenteren Dramaturgie münden oder warum die Songs so unkontrolliert zu Ende sind. Da ist noch Luft nach oben.
Ich hoffe inständig, dass Mono zeigen, wo der Post-Rock-Hammer hängt, und fiebere den Reaktionen meines Versuchskaninchens entgegen. Mono kommen, ratatsching und schepper rauf auf den Gong, die beiden Gitarren beginnen, ihre Melodien zu entfalten, und die Bassistin (wahlweise auch Keyboarderin) legt einen Tiefengrund aus, auf den ihre Bandmitglieder ihre Bilder malen können. Wenn GY!BE (siehe Review) ein verlassener und verfallender Vergnügungspark mit verschrobenen und vergessenen Besuchern sind, dann sind Mono eine weite menschenleere Landschaft mit ganz viel Horizont und Himmel. Sie sind Meister des Laut-Leise-Spiels, Schöpfer von Melodien zum Niederknien und Könige der Gitarren-Explosionen. Das ist der "Soundtrack zu einem Film, der nie gedreht wurde" - um mal ein Rezensenten-Klischee zu zitieren. Oder "Kopfkino". Oder "majestätisch". Da wären noch mehr solche Klischees drin. Ich bin froh, dass ich nicht entscheiden muss, ob das schon Kitsch ist oder einfach nur schön oder vielleicht doch erhaben. Es ist jedenfalls nie peinlich. Auf dem Cover ihres Albums "Hymn To The Immortal Wind" von 2009 sind zwei über dem Meer fliegende Kinder abgebildet - und genau das ist es. Ein Schweben. Und vor lauter Schweben habe ich mein Versuchskaninchen aus den Augen verloren. Ich schaue kurz, einmal wieder von Gänsehaut-Schauern übermannt, aus dem Augenwinkel. Er steht da, mit geschlossenen Augen und grinst. Das, mein Lieber, das ist nun wirklich Post-Rock. At it's best!
Ach ja. Beim nächsten Mal wünsche ich mir eine etwas präzisere, weniger breiige Abmischung. Nur gut, dass dies dem Schweben und der Intensität der Musik keinen Abbruch getan hat. Mein Versuchskaninchen schwebt auch glückselig und mit der neuen Mono-Platte unter dem Arm aus dem UT. Vielleicht sollte ich beim Label Provision einfordern, ich plane nämlich eine ganze Versuchsreihe ...

URLs:
http://jeffk.bandcamp.com/
http://www.monoishere.com/






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