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Redeem, Human Zoo   18.11.2011   Mannheim, 7er
von gl

Die Voraussetzungen waren optimal: Mit einem Freitag einen der beiden beliebten Konzerttage erwischt, keine nennenswerte Konkurrenz (Switchfoot, die zeitgleich in der Alten Feuerwache aufspielten, werden außer dem Autor keinen der potentiellen Besucher interessiert haben ...) - und dennoch konnten die beiden Bands, die 2 bzw. 3 Scheiben veröffentlicht haben und vorzügliche Besprechungen für ihre Tonträger ernten konnten, es heute abend nicht schaffen, mehr als 30 Leute anzulocken! Ob's an dem an der Abendkasse aufgerufenen Kurs von 18 Euro lag? Den wollte man noch kurz vor knapp senken, was dann verworfen wurde, denn die wenigen, die kommen, die zahlen dann auch, ob 14, 16 oder 18 Euro. Unter Wert sollte man sich dann auch nicht verkaufen! So herrschte dennoch nur eine ganz klein wenig bedrückende Stimmung, die durch Erzählungen und Witzchen vor der Show aufgelockert wurde: So erinnerte sich Human-Zoo-Gitarrist Markus Ratheiser an seinen letzten Auftritt in Mannheim - mit der Band GLENMORE im Vorprogramm von SAXON. (Schnell auf dem Re-Release von "Dogs Of War" nachgeschaut, das müsste dann am 23.03.1995 gewesen sein!)
Markus Ratheiser  Zarko Mestrovic

Thomas Seeburger  Ingolf Engler und Boris Matakovic (am Saxofon)

Das Programm
Während heute abend HUMAN ZOO eröffnen, tauschte man am Folgetag die Rollen, als die Schwaben näher zu ihrer Heimat (Balingen) in Ludwigsburg in der Villa Barock dann als letzte Band spielen durften. So geht dann das nach einer Gotthard-Platte benannte Sextett auf die Bühne und wir 5 (!) Interessierten bilden einen Halbkreis vor der Bühne, um der Band wenigstens ein klein wenig Unterstützung zu symbolisieren. Die Band gibt uns "Die Antwort" (siehe Setlist) mit einem neuen Stück und lässt sich null anmerken. Diese Lässigkeit ist sehr zu bewundern, großen Respekt vor jeder Band, die versucht, mit solch einer positiven Einstellung aus diesem Trauerspiel zumindest noch eine "öffentliche Probe" zu machen. Aber glaubt nicht, sie bekämen da oben auf der Bühne nicht alles genau mit: Am linken vorderen Hallenende zwei Pärchen, von denen die Mädchen öffentlich Desinteresse symbolisieren, indem sie minutenlang in ihre Handys tippen. ("Natürlich haben wir das gesehen ..." / Zitat nach der Show!) Hochachtung vor jedem Künstler, der dann einfach weitermacht und das einfach übersieht. (Habe auch einmal ein Konzert erlebt, wo einer verkürzt hat, als eine "Dame" in der 2. Reihe ebenfalls ihr Handy wichtiger fand, als Vernon Reid [Living Colour] bei einer Solo-Show bei seinem Gitarrenspiel zuzugucken - der ging einfach nach 'ner Stunde sichtlich verärgert von der Bühne!) Human Zoo wechseln heute gekonnt zwischen ihren drei Alben, spielen erprobte Hymnen wie "Raise Your Hands" oder "Crowd's On Fire" vom Debüt neben neuen Songs wie "Gimme Your Time" oder "To The Top" und auch meinen Lieblingssong von der neuen, "Fall In Love". Saxophonist Boris Matakovic verlässt während der Songs, bei denen er keinen Einsatz hat, kurz die Bühne, um uns unten Gesellschaft zu leisten - oder auch damit die andern mehr Platz haben? :-) Klar, es war relativ leicht, vor ihnen wohl gesonnenen Zuschauerkreisen incl. vieler Freunde und Bekannter auf dem Rock Of Ages oder dem Bang Your Head-Festival (wo sie im Sommer 2011 kurzfristig einsprangen) sowie 2x beim Heat-Festival zu glänzen. Aber heute und hier zeigt sich, ob die Band auch diese "Prüfung" besteht und wie sie sich aus der Affäre zieht. Und sie schaffen es, nicht nur "uns" vorne, sondern auch die paar wegen Redeem Angereisten und auch die Handvoll Beobachter hinten und die Zaungäste wenigstens zum Kopfnicken oder einen Schritt in Richtung Bühne zu bewegen. Sie ziehen den Set durch, als ob 150 Leute da seien, und dafür gebührt ihnen Respekt! Bei der WHITESNAKE-Coverversion "Here I Go Again" war ich zuvor skeptisch, aber auch hier schafft Thomas Seeburger die hohen Schreie hervorragend. (Daß das zweite Cover "Rebel Yell" schon vor Beginn des Auftritts gestrichen wird - das kann man den Jungs keinesfalls verübeln.) Danke, Human Zoo, für diesen Einsatz!

Saint von REDEEM  Und der neue Bassist von REDEEM
Auch für die Schweizer REDEEM zählt an diesem tristen Herbstabend all das Namedropping nichts (mit Three Doors Down, Daughtry, den Toten Hosen und auch Gotthard gespielt, letzte Single mit Henning Wehland/Söhne Mannheims - H-Blockx)
Sie sind nur halb so viele wie Human Zoo, denn das Trio um Stefano "Saint" Paolucci muss jetzt vor genauso wenigen Leuten auf die Bühne. So grotesk das auch klingt, aber ggf. wird es einem auf der Bühne evtl. nicht so ganz unrecht sein, denn kaum einer weiß, dass dies heute der allererste Auftritt des neuen Bassisten ist. Und der macht seinen Job gut, spielt dem "Chef" Gitarristen und Sänger, auf den alles zugeschnitten ist, hilfreich zu. Der steht bemützt an der Front und wiederholt das gleiche Spiel wie vorhin. Er schreit seine Wut in den Alternativ-Rock-Songs der Band vielleicht ein klein wenig mehr raus. Aber auch dieser Auftritt vor dem oftmals zugenebelten Schlagzeuger, der hinten seine Wut rauskloppt, ist gelungen und ich finde Gefallen an den rauen, aber niemals stumpfen Kompositionen der Schweizer. (Im Gegenteil: Gerade die zweite LP "999" offenbart einige positive Überraschungen.) Und auch Saint baut noch eine gefühlvolle Version des ohnehin schon berührenden "Simple Man" (Lynyrd Skynyrd) ein, die er eher in Richtung der Shinedown-Adaption tönen lässt: klasse! Jetzt sind auch die vorhin erwähnten 4 Personen dabei, die wegen Redeem angereist sind, und das sei der Band gegönnt!
Da beide Bands ohnehin drauflegen müssen, freut man sich in den jeweiligen Lagern sehr, dass die wenigen Anwesenden proportional gesehen für recht guten Umsatz am Merchtisch sorgen.
Tja ... und zwei Wochen später bei der 27. Doors-Tribute Show im Rhein-Neckar-Raum in den letzten Jahren war die Bude dann wieder voll ... noch Fragen?

Fotos: Georg Loegler






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