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Emil Bulls, Guns Of Moropolis, More Than Crossed   25.10.2011   Leipzig, Werk II
von mb

Es war mal wieder soweit ... unser schon fast rituelles Oktober-Konzert der Bulls. Diesmal in unserer Heimatstadt. Leipzig! Werk II, Halle D. Das D steht für deprimierend kleine Halle. Mein erster Gedanke war: "Wir werden uns hier alle grün und blau trampeln ..." - im späteren Verlauf des Abends sollte ich mich noch sehr wundern.

More Than Crossed
Wieder hatten die 5 Münchner Jungs zwei zu unterstützende Vorbands im Schlepptau, More Than Crossed und Guns Of Moropolis. Den Anfang machten 4 Berliner Jungs - ja, das Wort "Jungs" ist an dieser Stelle bewusst gewählt, da keiner der 4 einen besonders reifen oder erwachsenen Eindruck machte. Eher wie ein paar Metal-Nerds, die ihre heimischen PCs und Garagen verlassen haben. Ihre anfängliche Konversationsschüchternheit konnte das auch nicht wirklich wett machen. Trotz allem hinterließen das Bruderpaar Stev und Erik Iwan sowie Steven und Nils einen recht sympathischen Eindruck. Eben ein paar Jungs von nebenan, die man ganz gerne mal auf ein Bier einlädt. Musikalisch sah die Sache dann doch ein klein wenig anders aus. Auch wenn es melodisch ab und an mal drunter & drüber ging (oder besser gesagt überhaupt nichts ging), haben sie doch einen eigenen Stil - eine fantastisch exzentrische Kombination von Punk, Metal, Emo und Screamo mit noch steigerbarem Wiedererkennungswert. Anfangs Gewöhnungssache, später Geschmackssache. Den sympathischen Eindruck intensivierten die vier noch durch die ehrlich zum Ausdruck gebrachte Dankbarkeit an Emil Bulls durch die von ihnen gegebene Möglichkeit, diese zu supporten. Und natürlich die Tatsache, dass sich Frontman Stev keinen sprichwörtlichen Klecks ins Hemd machte und zwischendurch demonstrativ um Lautstärkenregulierung seiner Gitarre bat. Alles in allem war es ein interessanter aber ausbaufähiger Auftritt.

Guns Of Moropolis
Diesen düsteren Kollegen schlossen sich die Ritter von Moropolis an - und nein, diese Formulierung ist keine unpassend gewählte, sondern eine der eigenen Bandbeschreibung und Inszenierung nachempfundene. Die 3 Schwaben um Paulsen, Wood und den Kanonier haben eine sehr eigene und bizarre Art, sich in Szene zu setzen. August Paulsen, Sänger und Gitarrist, erscheint wie eine Mischung aus John Malkovich in "Con Air" und dem Grafen von Unheilig. Schlichtweg eigenartig. Und eigenartig ist hier das Stichwort, denn so viele eigene Arten scheinen die drei offensichtlich nicht zu haben, obgleich der Name des Frontmanns oder der grundlegende Stil ihrer Musik an eine bekannte dänische Heavy (Groove) Metal-Band erinnert oder sie sich gelegentlich an altbekannten Melodien und Riffs vergreifen. Darüber hinaus wird beim Songwriting anscheinend nicht allzuviel Wert auf Inhalt gelegt, denn einige Passagen wirken wie simple Schlagwortaneinanderreihungen oder die Aufzählung von berühmten oder altbackenen Musikern, um ihre "Themeninsuffizienz" zu überspielen. Obwohl ihr Metalbilly-Stil, Art und Aufmachung fragwürdig scheinen, ist Paulsens Stimme sehr intensiv und könnte weit mehr präsentieren. Und auch obwohl ihr Auftritt mehr fantastischen Prahlereien oder einem Schauspieltheater gleicht, sind sie ein effizienter, rockender und unterhaltender Stimmungsmacher, der den Headliner keinesfalls in den Schatten stellt - und genau so soll es ja auch sein.
Nach dem durchaus abwechslungsreichen Vorgeplänkel ruhten alle Augen und Gedanken spannungs- und erwartungsvoll auf Christ und Co. Leider hatte sich, auch zu meinem persönlichen Erstaunen, besagte Halle D nicht merklich gefüllt. Immer noch war genug desinteressierter Vorbandplatz im Saal. Traurig, aber wahr. Emil Bulls hatten nicht annähernd Publikum wie sonst gewöhnt und verdient. Am Kartenpreis kann es nicht gelegen haben, der war mit max. 20 Euro an der Abendkasse durchaus erschwinglich. Natürlich kam keiner der 5 Münchner umher enttäuscht zu bemerken, dass Fans an diesem Abend eher Mangelware als Überschuss waren. Deshalb die klare Aufforderung ihrerseits, "Stimmung für fünf" zu machen.
Trotz allem eröffneten die 5 Münchner ihre neue Show mit traditionellen Standards - dem "Einmarsch der Gladiatoren". Ein ruhiger Spannungsaufbau, der tosend endet und "Oceanic" einleitete. Und genau dieses neue Werk ist, wie der Name schon sagt, (instrumental-)gewaltig, riesig und ungeheuerlich, sehr aufwühlend, mitreißend, fesselnd, wegstoßend und anziehen zugleich. Ein einziges Auf und Ab. Wie eine Welle. Und genauso war eben jenes Konzert. Ich war sehr gespannt, wie die fünf dieses klanggewaltige Album in ihrem Stil auf der Bühne präsentieren würden, denn vom reinen Klangerlebnis ist es diesmal von Platte inspirierend und recht klar. Da erwartet man insgeheim irgendwie eine Art "Härteverlust" oder eine gewisse Sanftheit im Auftritt. Nichts da! Die Show war eher das Gegenteil - die geballte Kraft von fünf Musikern mit genug Elan und Enthusiasmus zum "Kaputt-Rocken". Davon abgesehen, dass es teilweise extrem laut war, im Sinne von zu laut um allen Klang und Instrumente deutlich wahrzunehmen, ist Christs Gesang gelegentlich etwas untergegangen, was man sonst eigentlich alles andere als gewohnt ist. Generell wurde die Show nicht so umgesetzt, wie der Klang des Albums erwarten ließ. Im positiven Sinne. Trotz der teilweise weichen "Saiten" von "Oceanic" war es ein sehr herber Auftritt, bei dem selbst die gefühlvollste Ballade nicht ohne blaues Riff und "drum-Auge" davon kam. Sie können einfach nicht anders, live muss es krachen. Es sind und bleiben die geliebten Rocker. Im weiteren Verlauf des Abends gab es zwischen neuen Songs, mittelmäßiger Fankonversation und konzentriertem Auftreten eine wirklich bunt gemischte Setliste. Von "Oceanic" über "Phoenix" bis hin zu "The Black Path" war alles dabei, gefeierte Songs wie z. B. "Nothing In This World", "Worlds Apart" und "Here Comes The Fire" heizten die Massen weiter an, denn Mitsingen oder -grölen kommt immer gut. Freunde des gepflegten Moshpit oder Pogens kamen auch nicht zu kurz, auch wenn die traditionelle Wall of Death eher einem fehlgestarteten Rumspringen glich. Dennoch muss ich gestehen, dass die Stimmung nicht annähernd so gut war wie 2010 in Dresden (Groove Station). Was aber nicht heißen soll, dass die Show einzig- oder großartig war, eben ein kleines maritimes Meisterwerk, wie heftiger Wellengang an viel zu steilen Klippen. Eine musikalische Spanne von normal zu abstrus hoch, wieder abflachend, erneut aufbäumend, zerschellend, ausklingend und finalistisch zerstörend. Eben "Oceanic". Auf Platte klanggewaltig, live eher kraftgewaltig. Beides hat seine Reize. Die Licht- und Bühneneffekte sind an dieser Stelle doch sehr positiv hervorzuheben, obgleich es "nur" banale Konfettischnippsel in "Oceanic"-Farben waren. Gewirkt hat es auf die optischen Typen unter uns alle mal. Auch der stete Fankontakt während einiger Songs machen Christ und seine Jungs Karl, James, Moik und Andy sehr sympathisch, als ob sie es "bräuchten", die Nähe, die Verbindung zu ihren Fans. Vermutlich genauso sehr wie ein paar Wochen Urlaub. Optisch und beobachtungstechnisch machten alle einen sehr urlaubsreifen Eindruck. Verdient hätten sie es.

Letztendlich kann man sagen, dass die angepriesene Genrefreiheit lediglich auf dem Album zu erkennen ist. Live hingegen stehen die fünf noch am Anfang ihrer krampfhaften Entwicklung.
Es war eine gute, harte (Metal-)Show, ihr Stil und ihre Präsenz wie gewohnt "Bulls-like", trotz unnatürlicher Fanmaße. Aber ob wirklich jeder der fünf 100%igen Spaß an dem Auftritt in Leipzig hatte, kann ich leider nicht beantworten. Persönlich tendiere ich eher zu einer Fans-verpflichteten Show.

Emil Bulls  Emil Bulls

Emil Bulls  Emil Bulls

Emil Bulls  Emil Bulls

Emil Bulls

Mehr Infos: http://www.emilbulls.de/DE/
http://www.moropolis.com
http://www.morethancrossed.net



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