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North Atlantic Oscillation, Dance On The Tightrope   24.10.2011   Berlin, Comet Club
von CSB

Crossover heißt's, wenn's mal richtig schön durcheinander geht. Insofern passen die beiden Bands dieses Abends im Berliner Comet Club wie wenige andere zu diesem unserem Magazin und sollten daher auch die entsprechende Beachtung finden :-). Das allein hat mich natürlich nicht in den musikalischen Schmelztiegel Kreuzberg/Oberbaumbrücke getrieben sondern in erster Linie, weil mich das Debüt von North Atlantic Oscillation, "Grappling Hooks", ganz schön aus den Socken gehauen hat. Und so war's ziemlich spannend, ob dieses komplexe Material irgendwo zwischen Progressive Rock, Synthiepop und Elektroexperimenten sich auch nur annähernd live umsetzen lassen würde. Vor der Auflösung dieser Frage waren aber noch Dance On The Tightrope dran, eine äußerst vielversprechende Berliner Band. Ihren Heimvorteil wussten die Jungs gut zu nutzen und legten eine überaus energische Performance aufs Parkett. Stilistisch lässt sich eine gewisse Nähe zu Muse erahnen, zumindest was deren Kombination von sphärischen Gitarrensounds und pumpenden Elektrobeats angeht. Außerdem hat der stimmgewaltige Sänger Gerrit ebenso wie Obermuse Matthew Bellamy einen deutlichen Hang zu den oberen Lagen. Sonst verbinden DOTT geschickt verschiedenste Elemente aus Ambient, Elektro und Alternative-Indie und haben fantastische Songs im Gepäck. Erste Erfolge stellen sich bereits ein, so hat man unlängst den Berlin Song Contest gewonnen und es ist zumindest nicht unwahrscheinlich, dass die Band mit dieser Mischung aus Songmaterial, Performance und Stilistik noch für Furore sorgen wird.
Das haben North Atlantic Oscillation schon getan, zumindest wenn man den internationalen Kritiken glaubt, denen zufolge die drei Schotten die vielversprechendsten Newcomer 2010 sind. Tatsache, das Debüt ist eine Klasse für sich und in dieser Stilvielfalt auch eigentlich wie gemacht für Berlin. Allein - das Publikum ist nach Dance On The Tightrope plötzlich verschwunden. Sehr schade, denn die verpassen einiges, auch wenn die um zwei Gastmusiker erweiterten Schotten am Anfang mit argen technischen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. "Cell Count" muss wiederholt werden, danach läuft's wie am Schnürchen und tatsächlich gelingt es den Glasgowern, auch noch den letzten Elektrowirbel im Sound unterzubringen. Das hat allerdings auch zur Folge, dass die Performance äußerst techniklastig gerät. Neben ihren Instrumenten haben die drei Protagonisten jeweils einen Tisch mit allerlei Synthies und Laptops vor sich, und so wirken NAO ein bisschen vergraben in der Elektroabteilung. Davon abgesehen scheinen die Glasgower ohnehin recht gehemmt und schaffen es kaum, mit dem Publikum Kontakt aufzunehmen. Bis auf ein schüchternes "Thankyou very much" ist wenig rauszuholen. Das allerdings mag auch an der enormen Konzentrationsleistung liegen, über all die unterschiedlichen Gerätschaften den Überblick zu behalten.
Die Setlist lässt naturgemäß bei bisher nur einer Full-length-Veröffentlichung keine Wünsche offen und ist sogar mit einigen äußerst vielversprechenden neuen Songs angereichert. Highlights sind das erwähnte "Cell Count", das fantastische, mehrstimmig gesungene "Hollywood Ended" und der an Intensität kaum überbietbare Rausschmeißer "Ritual" mit seinem hochexplosiven Schlussteil. Das hat richtig ganz großes Abgeh-Potential und wenn es NAO auf der nächsten Tour gelingt, ein bisschen mehr aus sich raus zu kommen, dann stehen den Jungs große Zeiten bevor. Einstweilen empfehle ich erstmal nur "Grappling Hooks" uneingeschränkt.



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