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Brit Floyd   23.10.2011   Dresden, Kulturpalast
von rls

The Australian Pink Floyd Show gelten als eine der profiliertesten Pink Floyd-Coverbands, und da spätestens seit dem Tod von Rick Wright und Syd Barrett sowie angesichts der immer noch unverhohlen schwelenden Antipathie zwischen David Gilmour und Roger Waters auch in Zukunft wohl kaum mehr mit "richtigen" Pink Floyd-Gigs zu rechnen sein dürfte, ist der geneigte Anhänger ihrer Musik natürlich froh, wenn er die Möglichkeit erhält, die Musik der Briten live auf qualitativ hohem Niveau dargeboten zu bekommen, auch wenn da eben andere Musiker auf der Bühne stehen. Nun hat sich Sänger/Gitarrist Damian Darlington anno 2011 nach einem Vierteljahrhundert von seiner Stammband losgesagt und eine eigene Truppe namens Brit Floyd auf die Beine gestellt, die nun ihre erste größere Tour fährt. Im Gegensatz zur Australien-Truppe, die meist thematisch orientierte Programme gespielt hatte, setzen Brit Floyd allerdings zumindest bei dieser Debüttour auf einen Greatest Hits-Set, freilich nicht ohne die eine oder andere Überraschung einzubauen. Dem etwas zu langen und daher nur schwierig Spannung aufbauenden und haltenden Intro folgt der erste Teil von "Shine On You Crazy Diamond", und der beweist erstmal, daß auch diese neu formierte Truppe im Metier des musikalischen Atmosphärenaufbaus ein gutes Händchen besitzt, zeigt aber auch schon die beiden Hauptprobleme des Abends auf, dem sich später noch ein drittes hinzugesellen wird. Zunächst die ersten beiden, von denen das erste sich schon im Intro angedeutet hat: Brit Floyd haben eine enorm bombastische Lichtshow konzipiert und projizieren reichlich Filmsequenzen oder andere optische Effekte in den bekannten Leuchtring an der Bühnenrückwand - aber sie übertreiben es an der einen oder anderen Stelle, so daß die Bilder von der Musik ablenken, statt sie zu unterstützen oder mit ihr eine Symbiose einzugehen. Selbst die Begleiterin des Rezensenten, als Frau naturgemäß besser in der Lage, sich auf mehrere geistige Herausforderungen gleichzeitig zu konzentrieren, erlebt das Spektakel zumindest phasenweise als überfrachtet, und die starken Blendwirkungen mancher Scheinwerfer machen es zu einer nützlichen Strategie, über weite Strecken die Augen zu schließen und zu versuchen, nur der Musik zu lauschen, selbst wenn einem dadurch die komplette Bühnenoptik und -entwicklung entgeht und sogar durch die geschlossenen Augenlider noch Lichtimpulse der Scheinwerfer eindringen. Das zweite Problem ist etwas anders gelagert: Brit Floyd haben eine ganze Riege von Sangesbeteiligten auf der Bühne - aber keiner der männlichen Sänger kann zu 100% überzeugen, auch Darlington selbst nicht, obwohl alle ihre Sache durchaus nicht schlecht machen. Gilmour und Waters waren auch keine großen Sänger, aber sie hatten das gewisse Etwas, mit dem die Brit Floyd-Sänger (noch?) nicht dienen können. So bleiben die gesanglichen Glanzpunkte den Backingdamen vorbehalten, die aus dem Hintergrund heraus eine stärkere zusammenhaltende und genieeinspritzende Wirkung entfalten, als man vorab vermutet hätte.
Von der Setlist her ist bei der Ankündigung, ein Greatest Hits-Programm zu spielen, natürlich von einigen Konstanten auszugehen, und die diesbezüglichen Erwartungen erfüllen Brit Floyd ohne Wenn und Aber, sofern man nicht grade zur Fraktion gehört, welche die frühe Phase als das Nonplusultra ansieht und alles ab allerspätestens 1979 als Pop brandmarkt (eigentlich war ja "Dark Side Of The Moon" auch schon Pop). Dennoch bleibt in dem recht langen Set Raum für einige kleinere Überraschungen. "Learning To Fly" gleich an zweiter Stelle der Setlist beispielsweise war nicht zwingend zu erwarten, ebensowenig "Keep Talking" an analoger Stelle im zweiten Programmblock (nach "Pigs" hatte man eine 20minütige Pause eingelegt) - aber beide Stücke lohnen das Wieder-Hören zweifellos. Ansonsten kommt aus der Post-"Wall"-Ära erwartungsgemäß nur noch "High Hopes" zum Zuge, das beim Rezensenten eine ganz eigentümliche Wirkung hervorruft, die im Saal vermutlich kaum jemand geteilt haben dürfte: Der Gewöhnungseffekt an die Nightwish-Coverversion dieses Songs ist mittlerweile so stark geworden, daß die im Hintergrund durchgängig läutende Glocke, die es bei Pink Floyd und auch bei Brit Floyd (wie schon die Australier sehen auch die Briten ihr Ideal in einer möglichst originalgetreuen Wiedergabe) zu hören gibt, die aber bei Nightwish fehlt, beinahe als, naja, sagen wir, überflüssig empfunden wird. Völlig subjektiv natürlich und nur aus einem bestimmten Blickwinkel heraus nachvollziehbar - aber eine interessante Erfahrung. Ansonsten herrscht im wesentlichen business as usual, und das ist beim Perfektionsanspruch Pink Floyds wie Brit Floyds durchaus als Kompliment gemeint. Wenn man jetzt die beiden Problemfälle noch in den Griff bekommt und den dritten noch mit dazu (der Soundmensch dreht nach hinten raus immer lauter auf, was der Klangtransparenz nicht immer gut tut), "Wish You Were Here" noch einen Tick emotionaler spielt, in "Another Brick In The Wall Part 2" noch ein bissel mehr Martialität legt (einer der seltenen Momente dieses Abends, wo mehr wirklich mal mehr gewesen wäre) und sich noch ein Schwebe-Schwein zulegt (es muß ja nicht so überdimensional sein wie das Original), können sich Brit Floyd durchaus auf Dauer einen bedeutenden Platz im Floydianer-Kosmos sichern. Mit der Zugabe "Run Like Hell" und einer bis dahin noch gar nicht gehörten Sorte von klasse gespielter harscher Publikumsanimation endet ein unterhaltsamer Gig mit Licht und Schatten.

Setlist:
Shine On You Crazy Diamond Part I
Learning To Fly
High Hopes
Welcome To The Machine
Mother
Money
Us And Them
Pigs
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Echoes
Keep Talking
Time
The Great Gig In The Sky
Nobody Home
Wish You Were Here
One Of These Days
Another Brick In The Wall Part 2
Comfortably Numb
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Run Like Hell



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