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Jugend-Gospelchor Sighisoara   05.06.2011   Greifenhain, Kirche
von rls

Für von weiter zum Evangelischen Kirchentag Dresden angereiste Künstler ist es natürlich eine gute Gelegenheit, den Trip noch um einige Konzerte "am Wege" zu verlängern, damit sich die Reise auch richtig lohnt. Diese Strategie wendet auch der Jugend-Gospelchor aus dem rumänischen Sighisoara an - aber er hat noch einen weiteren Grund, in Greifenhain aufzutreten: Ein Ehepaar aus der Gemeinde engagiert sich seit vielen Jahren für Hilfsmaßnahmen in diesem Gebiet Siebenbürgens und hat mit dieser Begeisterung mittlerweile die ganze Gemeinde angesteckt; man fährt regelmäßig nach Rumänien, bringt Hilfsgüter in Kinderheime, hilft bei Bau- und Sanierungsmaßnahmen (z.B. in der Kirche Wolkendorf und dem zugehörigen Pfarrhaus, aus dem ein Rüstzeitheim entstanden ist) und hat zudem eine Stiftung gegründet, die sich u.a. in der Behindertenarbeit engagiert - ein Thema, das von staatlichen Stellen in Rumänien häufig etwas stiefmütterlich behandelt wird, so daß Alternativen gefunden werden müssen, wie dies hier mit der Casa Luminii geschehen ist. Für all diese Hilfe will der Chor im Namen aller Hilfsempfänger Danke sagen und tut ebendies mit einem Dankeschönkonzert am Abend dieses brütend heißen Tages in der angenehm kühlen Greifenhainer Dorfkirche.
Chorleiter Teo und seine Frau nutzen die Gelegenheit aber nicht nur zum Musizieren, sondern zeigen in drei Blöcken auch Bilder von den Maßnahmen in ihrer Heimat - man will schließlich auch dokumentieren, wo das Geld und die Arbeit letztlich hinfließen. Die beiden sprechen ziemlich fließend Deutsch und schaffen auch durch Humor und Selbstironie schnell eine kommunikative Brücke zum Publikum.
Der Chor selbst besteht in der Tourbesetzung aus sieben Herren (plus Teo) und neun Damen; das Konzert wird mit "Laudate Omnes Gentes" eröffnet, und zwar in einer Version mit verschieden ausrhythmisierten Strophen, die einen auch auf kleinem Raum wandlungs- und reaktionsfähigen Chor erfordern. Dieser Aufgabe entledigen sich die Sängerinnen und Sänger auch tadelsfrei, wohingegen auch das kleine Problem des gesamten Konzertes schon hier deutlich wird: Der Chor hat an vorderster Front zwei starke Sopranistinnen, aber die beiden passen von der Stimmfärbung und vom Gesangsstil her überhaupt nicht zusammen - die eine ein ganz klein wenig angerauht, die andere etwas quäkig, dabei aber hervorstechend. Da muß Teo in Zukunft noch ein bißchen Schleifarbeit verrichten. Die Herren präsentieren sich insgesamt deutlich flüssiger, was beispielsweise "I Know The Lord" an zweiter Setposition sehr zugute kommt. In "O Happy Day" agiert die erste der Sopranistinnen solistisch und meistert selbst den gefährlichen überhöhten Schlußakkord in guter (nicht sehr guter!) Manier, während "God, Be In My Hand" eher im klassischen Choralgestus verbleibt, wobei sich diesmal die Baßherren mit ihrer Power vor dem leisen Ende den wirkungsvollsten Part zuschreiben lassen können. Im Sinne des Kulturtransfers erklingt "Ich lobe meinen Gott" dreisprachig in Deutsch, Rumänisch und Ungarisch, und auch die folgende "Pater Noster"-Vertonung stammt von einem Rumänen, der sich harmonsich einmal quer durch den Quintenzirkel ackert und einzelne Sänger solieren läßt. "Da Pacem Domine" wiederum ist ein dreistimmiger Kanon, in den das Publikum kurzerhand mit einbezogen wird. Das choralartige, allerdings mit einigen abgedrehten Breaks ausstaffierte "I Am Weak" verdeutlicht leider wieder die Schwäche des Abends, nämlich die inhomogenen Frauenstimmen - dann lieber "Keep Me From Sinking Down", wo die erste Sopranistin wieder einen der gefürchteten hohen Schlußtöne erklimmen muß und das auch schafft. In "Praising Song" gelingt das sogar noch intensiver, nachdem die Herren mit einem starken Solo die Latte schon recht hoch gelegt haben. Zwischen diesen beiden Stücken steht neben einem Teil des Diavortrags aber noch "Give Thanks", dessen Refrainmelodie der jüngeren Generation eher in Gestalt von "Go West" der Pet Shop Boys (oder der Parodie "Ein Fest" von J.B.O.) bekannt sein dürfte und das gegen Ende hin etwas unter zu starker struktureller Unordnung leidet. "Jesus, Be A Fence" leitet zum Schluß über, der aus "Love The Lord, Your God" besteht, wieder einem Kanon, den der Chor diesmal aber im Alleingang bestreitet. Der Applaus ist wie schon zwischen den Stücken sehr herzlich, die folgende Zugabe aber strukturell ungewöhnlich: Die Gemeinde singt für den Chor "Am Brunnen vor dem Tore" und schenkt Teo programmgemäß noch einen jungen Lindenbaum, der im Hof des neuen Rüstzeitheims gepflanzt werden soll. Nach dem Konzert ist bei einem kleinen Grillfest noch Gelegenheit, um miteinander ins Gespräch zu kommen - allerdings stört dabei bald ein Gewitter ... Wer mehr wissen oder vielleicht selber mal bei einem Hilfstransport mit anpacken will, melde sich bei Familie Kipping: 034348-52560.



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