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Children Of Bodom, Ensiferum, Machinae Supremacy   30.04.2011   Leipzig, Werk 2
von rls

Der Rezensent wird nicht rechtzeitig mit Kartoffelnlegen fertig, kann die Verspätung auch nicht mehr ganz aufholen, und das Konzert beginnt pünktlich - ergo haben Machinae Supremacy schon die Hälfte ihres Sets hinter sich, als die berichterstattungsrelevante Beobachtung beginnt. Der Fünfer hat es trotz einer ganzen Latte an Alben und eines durchaus originellen Konzeptes (man verarbeitet Tonfolgen aus uralten Personalcomputern der C64-Generation bzw. den zugehörigen Programmen) noch nicht zu übergreifender Popularität gebracht, aber der Auftritt an diesem Abend dürfte sie auch in der Power Metal-Diaspora Leipzig in dem einen oder anderen Hörerohr verhakt haben, wie die sehr positiven Reaktionen aus der vorderen Hallenhälfte belegen. Unglücklicherweise ist der Sound, obwohl nicht mal überlaut, doch etwas zu undifferenziert, um die stilprägenden Melodieelemente (die nicht von einem Livekeyboarder gespielt, sondern von Konservenbasis eingesampelt werden) aus den zumeist midtempolastigen Power Metal-Songs herausfiltern zu können - erst der flotte Closer "Through The Looking Glass" kommt plötzlich deutlich transparenter aus den Boxen, macht richtig Hörspaß und gerät somit zum Highlight des vom Rezensenten miterlebten Teils des Auftritts. Kopfstimmenfeinde dürften zudem mit der eher tiefen Stimme des Sängers schnell Freundschaft geschlossen haben, und so können die Schweden diesen Gig durchaus als Erfolg verbuchen.

Als Umbaupausenmusik ertönt finnische Folklore in verschiedner Lautstärke, und manch Song ruft gewissen Jubel im Publikum hervor - wähnt da der eine oder andere schon das Ensiferum-Intro am Erklingen? Als es dann jedenfalls wirklich losgeht, bricht lauter Jubel aus, die Stimmung ist beinahe die ganze Spielzeit am Kochen, und nur das ausgedehnte ruhige Intro vor "Lai Lai Hei" sorgt für entspannte Momente. Das Quintett musiziert aber auch begeisternd, mischt traditionellen mit extremerem Metal und packt noch nordische Folkloreelemente dazu, gleitet aber nie in bierseligen Humppa ab - dazu kommen hymnische Parts, viel Abwechslung innerhalb der teilweise recht langen Songs, viel Bewegung auf der Bühne und ein einheitliches optisches Konzept mit Kriegsbemalung aller Bandmitglieder und freiem Oberkörper zumindest bei den drei Frontleuten, die auch allesamt am Gesang beteiligt sind. Letzteres trifft auch auf die Keyboarderin zu, aber die trägt natürlich ein geschlossenes Kostüm, wobei positiv anzumerken ist, daß sich die oftmals als sexistisch verschriene Metallerschaft an diesem Abend "Ausziehen"-Rufe spart und das keinesfalls auf etwaigen mangelnden optischen Reizen beruht. Daß alle Beteiligten exzellente Instrumentalisten sind, wird dank eines lauten, aber fast glasklaren Sounds auch hinreichend deutlich gemacht (Matschsound wäre der Tod der mit filigranen Parts gespickten Ensiferum-Songs), und die prima Stimmung im Publikum mündet in lautstarken Zugabeforderungen, die aber vom Soundmenschen im Keim erstickt werden, indem er fast unmittelbar nach der Verabschiedung, als die Mitglieder noch auf der Bühne sind, schon Motörheads "Killed By Death" als Umbaupausenmusik anwirft.

Setlist Ensiferum:
By The Dividing Stream
From Afar
Token Of Time
Into Battle
Twilight Tavern
Ahti
Guardians Of Fate
Lai Lai Hei
Iron

Können die finnischen Landsleute da noch eins draufsetzen? Die Antwort sei vorweggenommen: Nein. Das liegt nicht zuletzt am Sound, denn der Soundmensch dreht deutlich lauter auf - und schon verschwimmt manches Element. Janne Wirmans Keyboards beispielsweise sind mehr als den halben Set lang nur in den Soli richtig zu vernehmen, und vor allem die Tiefen fließen viel zu sehr ineinander, so daß beispielsweise in "Shovel Knockout" fast kein akustischer Unterschied zu vernehmen ist, als der Baß in das bisher ausschließlich vom Schlagzeug bestrittene Intro einsetzt. Aber zumindest von den Gitarrenzaubereien hört man sehr viel, und für die liebt man Children Of Bodom ja eigentlich auch am meisten. Alexi Laiho ist spielerisch jedenfalls in Höchstform und offensichtlich auch guter Laune, wie seine Ansagen beweisen, in denen er allerdings auch seine übliche Überdosis des Adjektivs "fucking" unterbringt. Sein Mikrofonständer befindet sich übrigens, was die Relation zur Körpergröße angeht, in reziproker Position zu dem von Lemmy. Das neue Album "Relentless Reckless Forever" stellt vier Songs und damit interessanterweise genauso viele wie "Hate Crew Deathroll", wobei "Needled 24/7" an dritter Position auch das anfangs noch leicht verhaltene Publikum knackt. In der zweiten Sethälfte allerdings reiht sich Klassiker an Klassiker, und der Rezensent freut sich besonders über die mittlerweile zwölf Jahre alte Bandnamenshymne, die er damals rauf und runter gehört, aber zwischenzeitlich schon ewig nicht mehr im Player gehabt hatte. So ein Wiederhören bereitet Freude, vor allem in Kopplung mit "Hate Me!" (wegen des Ausrufezeichens natürlich kein Toxic Smile-Cover :-)), aber auch das langsam zur Sache kommende "Angels Don't Kill" macht immer noch großen Hörspaß. Drei Zugaben entlockt das Publikum dem Quintett noch, wobei der Stimmungspegel mit fortschreitender Zeit immer weiter steigt: Dem eher unauffälligen "Was It Worth It?" folgen das wiederum eher langsame, aber begeisternde "Every Time I Die" und schließlich die Abrißbirne "Hate Crew Deathroll", bei der das Auditorium im Mitsingpart deutlich komplexere Zeilen mitsingen darf als die bei vielen Bands üblichen Ohoho-Chöre (ob der textliche Gehalt diese Maßnahme rechtfertigt, ist in diesem Fall natürlich auf einem anderen Blatt nachzulesen) und sich dabei nicht schlecht aus der Affäre zieht - man muß ihm also einfach auch mal was zutrauen. Dank straffen Zeitmanagements endet das Konzert trotz nicht zu kurzer Nettospielzeiten relativ früh, nämlich bereits ca. 23.15 Uhr, was besonders für die weiter angereisten Anhänger immer eine gute Sache ist, wenngleich aufgrund des Wochentages (Samstag) der strukturelle Problemfall der Verspätung nicht ganz so drastische Folgen gehabt hätte. Natürlich bleibt das Prinzip auch für wochentägliche Gigs hochgradig nachahmenswert, und Kartoffeln zu legen hat man ja nur einmal im Jahr ...

Setlist Children Of Bodom:
Not My Funeral
Bodom Beach Terror
Needled 24/7
Shovel Knockout
Roundtrip To Hell And Back
In Your Face
Living Dead Beat
Children Of Bodom
Hate Me!
Blooddrunk
Angels Don't Kill
Follow The Reaper
Downfall
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Was It Worth It?
Everytime I Die
Hate Crew Deathroll



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