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Stake-Off The Witch   24.03.2011   Chemnitz, Subway To Peter
von rls

Underground pur: Eine trotz Fuzzorama-Deals nur Insidern bekannte italienische Band nimmt sich eine Woche Urlaub und verläßt das heimatliche Piacenza für eine Rundtour mit sieben Gigs in Österreich (Montag), Tschechien (Dienstag und Mittwoch), Deutschland (Donnerstag und Freitag), der Schweiz (Samstag) und schließlich wieder Italien (Sonntag), wobei fast ausschließlich kleine gemütliche undergroundige Clubs bespielt werden. In diese Reihe paßt das Subway To Peter in Chemnitz glänzend, und da das Quartett schon 2010 an gleicher Stelle gut angekommen ist und seinerseits auch noch gewisse Erinnerungen an das Sortiment mexikanischer Schnäpse, das die STP-Bar bereithält, pflegt, steht dieser Club natürlich auch 2011 wieder auf dem Tourplan.
Nun ist das Kellergewölbe als Raucherclub deklariert und wird an diesem Abend, vom Rezensenten abgesehen, scheinbar auch ausschließlich von Rauchern frequentiert - aber irgendwie paßt das auch zur Musik der Italiener, denn des sperrigen Terminus "Spaciger-Düster-Female-Rock" auf der STP-Homepage zum Trotz (die Myspace-Seite der Band äußert sich gar nicht erst zu einer Stileinschubladisierung) läßt sich der summiert ca. 70 bis 80 Minuten währende Gig problemlos in die Stonerrock-Schublade einsortieren, wenngleich mit einigen Ausflügen in andere Gefilde, die aber nie als Stilbruch wirken. Der Set wird mit extrem doomigem Geschleiche in "On The Negation And The Affirmation Of Medusa: Part 2" eröffnet, das dann aber während der weiteren Spielzeit nur noch selten zur Akzentuierung bestimmter Parts eingesetzt wird, während äußerst variabel gestaltete Midtempolagen dominieren und auch das andere Extrem, also wildes Gepolter, sehr selten bleibt. Kurioserweise erklingt der temporeichere Part 1 des genannten Songs gleich im Anschluß an Part 2, also in vertauschter Reihenfolge. Mit dem Space in der oben genannten Beschreibung ist es dabei so eine Sache. Zwar dürften Hawkwind in diversen Bandmitglieder-Plattensammlungen stehen, aber generell dominiert zumindest in der Livesituation das Rockelement doch klar, dem Space allerdings speziell in den Leads, die sich die Gitarrenfraktion in unterschiedlichen Anteilen zuweist, doch einigen Raum gewährend. Schon die zwei Koffer voller Effektgeräte lassen diesbezüglich etwas Experimentierfreude erahnen - aber daß Hauptleadgitarrist Icio sich dann während eines Songs vor den Effektkoffer kniet und die gewünschten Sounds per manuellem Betätigen der Effektgeräte erzeugt, hat der Rezensent auch noch nie gesehen. Ein ganz klein wenig mehr Soundklarheit in diesem Sektor wäre wünschenswert gewesen - aber auch so haben Stake-Off The Witch den transparentesten Sound, den der Rezensent in diesem Kellergewölbe je gehört hat (was doch schon eine kleine Reduzierung der Gesamtlautstärke bewirken kann ...), zumal auch die Balance des Schlagzeuges stimmt. An selbigem sitzt mit Fax übrigens ein absoluter Showtyp, der einen riesigen Afro trägt, auf den Paul Breitner neidisch gewesen wäre, und während fast des ganzen Gigs seine Haarpracht dekorativ in alle Richtungen bewegt, so daß er an einen Muppet erinnert. Damit wäre die männliche Fraktion der Band genannt - die beiden anderen Planstellen sind weiblich besetzt: Bassistin Kate markiert den Ruhepol der Band, wobei dieser Eindruck allerdings auch durch die räumliche Enge auf der "Bühne" (die praktisch nicht vorhanden ist - die Band steht ebenerdig) erzeugt oder zumindest verstärkt worden sein kann, und in der Mitte steht Sängerin/Gitarristin Steph, die sich zumeist eines genretypisch schnoddrigen Deklamationsgestus bedient (was nicht zwingend die Anforderung beinhaltet, alle Töne mittig zu treffen) und auch für die grundsympathischen Ansagen verantwortlich zeichnet, aus denen dann auch für die Nichtkenner der Band hervorgeht, daß das Quartett die Gelegenheit nutzt, gleich vier neue Songs anzutesten, die erst auf dem nächsten Album "Chimera", das im Herbst 2011 aufgenommen werden soll, stehen werden, generell allerdings keinen Stilbruch erwarten lassen, wobei die melodische Gestaltung des Titelsongs in spe an diesem Abend noch nicht ganz überzeugend wirkt, aber sicherlich im Zuge des weiteren Schaffensprozesses noch ausgefeilt wird. Ansonsten kommt aber natürlich auch bekanntes Material wie "No One Cares About The Sun" zum Zuge, und den regulären Set schließt die Band mit einem Cover ab, das den Nichtkenner rein rhythmisch zunächst an Rage Against The Machines "Killing In The Name Of" denken läßt, bevor man es dann als "Sabotage" von den Beastie Boys (die übrigens in ihrer Urbesetzung auch eine Musikerin namens Kate dabeihatten, allerdings an den Drums und nicht am Baß) identifiziert. Drei Zugaben erklatscht sich das nach einigen freundlich, aber reserviert aufgenommen Songs immer stärker aufgetaute Publikum noch (wobei witzigerweise eine Pause vorm Zugabenblock eingelegt werden muß, weil der Schlagzeuger ein dringendes Bedürfnis verspürt), deren erste, "You Get Me Down", durch ihren doomigen Charakter einen guten Rahmen um den Gig geformt hätte, aber natürlich ist auch gegen eine zweite und dritte Zugabe nichts einzuwenden gewesen (die wohl außerplanmäßig angesetzt worden sind, denn es erklingt auch einer der neuen Songs, der eigentlich noch gar nicht ganz fertig ist, aber auch so schon einen runden Eindruck hinterläßt). Danach lädt Steph alle Interessenten zur gemeinschaftlichen Vernichtung der Vorräte mexikanischen Schnapses ein, während der Rezensent sich statt dessen lieber noch einen Plausch mit der übrigens auch optisch äußerst reizenden Kate gönnt. Support the underground!

Setlist:
On The Negation And The Affirmation Of Medusa: Part 2
On The Negation And The Affirmation Of Medusa: Part 1
K
Tore To Pieces
No One Cares About The Sun
Deep Inside Of Me, Deep Inside Of You
Losing Control
Chimera
Time Is Over
I'm Coming
Sabotage
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You Get Me Down
Lost In Void
Seppieh



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